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DSGVO - BDSG - TTDSG. Группа авторов
Читать онлайн.Название DSGVO - BDSG - TTDSG
Год выпуска 0
isbn 9783800594207
Автор произведения Группа авторов
Серия Kommunikation & Recht
Издательство Bookwire
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Die Verwendung des Terminus „Vertragserfüllung“ könnte angesichts des deutschen zivilrechtlichen Abstraktionsprinzips irritieren. In der Tat muss hier die Norm so gelesen werden, dass bereits das Verpflichtungsgeschäft, wie jedes Rechtsgeschäft, bei fehlender Freiwilligkeit nicht mit einer Einwilligung gekoppelt werden darf; eine Kopplung mit dem Erfüllungsgeschäft kommt überhaupt nicht in Betracht.119
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Die Kopplung des Vertragsschlusses an eine Einwilligung scheint allerdings trotz des Wortlauts von ErwG 43, der keinen Raum für eine gekoppelte Einwilligung zu lassen scheint, nicht gänzlich ausgeschlossen zu sein;120 jedenfalls weist das Merkmal im Normtext „in größtmöglichen Umfang“ darauf hin, dass bei der Abwägung, ob von einer Freiwilligkeit der Einwilligung im Kontext von Vertragsschlüssen ausgegangen werden kann, dem „Kopplungsverbot“ ein besonderes Gewicht zukommen soll. Das impliziert mit anderen Worten, dass die Kopplung die Freiwilligkeit nicht absolut ausschließt, sondern für eine wertende Betrachtung offen ist.121 Auch ErwG 42 könnte dafür sprechen, weil danach die Regelung den Betroffenen davor schützen soll, dass er „Nachteile“ erleidet. Unter einem Nachteil ließe sich aber auch jede Datenverarbeitung verstehen, die nicht aufgrund einer Erlaubnis aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b bis lit. f DSGVO oder einem sonstigen gesetzlichen Erlaubnistatbestand oder aus einer von einem Vertragsschluss unabhängigen Einwilligung erfolgt. Deshalb ist es zu weitgehend, wenn Schulz unter einem Nachteil erst „schwerwiegende Folgen für die betroffene Person“ versteht.122
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Vor dem Hintergrund einer verbreiteten Praxis, den Vertragsschluss mit einer Einwilligung in die Datennutzung für das personalisierte Dialogmarketing zu verknüpfen, war das allgemeine in § 4a BDSG a.F. enthaltene Kopplungsverbot verstärkend hervorgehoben worden. Belästigungen durch das Dialogmarketing dürfen durchaus als Nachteil angesehen werden, vor dem das Kopplungsverbot schützen soll.123 Es wurde in Frage gestellt, ob die Nutzung werbefinanzierter „kostenloser“ Online-Dienste von der Einwilligung in die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Nutzerdaten abhängig gemacht werden kann („Service gegen Daten“).124 Erwogen wird, ob ein kartellrechtlich unbedenklicher und transparent zu machender beidseitig verpflichtender Vertrag in Betracht kommt, aufgrund dessen die eine Seite den Dienst, die andere, der Nutzer, seine Daten zu liefern hat.125 Zu prüfen wäre dann aber, ob dieses ein wirksamer Vertrag ist, bei dem die Datenerhebung als Vertragspflicht nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO zulässig wäre. Eine Einwilligung als Vertragspflicht wäre eine Umgehung des Kopplungsverbots.126 Mit der EU-Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (DiRL), die durch die Umsetzung u.a. mit § 327q BGB anerkennt, dass Verbraucher für digitale Inhalte anstelle eines Preises ihre Daten überlassen können, wird das Kopplungsverbot weitgehend leerlaufen (siehe Art. 6 Rn. 62).
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Zulässig soll aber die Erhebung personenbezogener Daten aufgrund einer Einwilligung sein, wenn sie zwar im Zusammenhang mit dem Vertrag steht, aber sie lediglich deshalb erforderlich ist, um dadurch die „notwendige Entscheidungs- und Kalkulationsgrundlage für das konkrete Rechtsgeschäft“ zu erhalten, indem das Risikoprofil der betroffenen Person vor der Entscheidung über den Abschluss einer Lebens- oder Krankenversicherung berechenbar wird.127 Es bestehen Zweifel, ob hierfür eine Einwilligung bemüht und das Kopplungsverbot geprüft werden muss, oder ob nicht eine Erlaubnis schon aus Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. b DSGVO vorliegt, was das Einholen einer Einwilligung überflüssig macht.
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Einerseits soll mit der Vorschrift verhindert werden, dass Monopole ihre faktische Macht ausnutzen, um Kundendaten erheben und verarbeiten zu können, die für das Vertragsverhältnis nicht benötigt werden. Das Kopplungsverbot aus Art. 7 Abs. 4 DSGVO ist aber kein ausschließlich gegenüber „Monopolisten“ aktivierbarer Schutz, sondern er besteht unabhängig von der Marktstellung und der – im Übrigen nur sehr schwer feststellbaren – Substituierbarkeit der Leistung, sondern immer dann, wenn die Daten, in deren Erhebung eingewilligt werden soll, für den Vertragszweck nicht erforderlich sind und die Verweigerung der Einwilligung nicht ohne Nachteil für die betroffene Person erfolgt.128 Es soll auch verhindert werden, dass solche Daten für vom Vertragsgegenstand „vollkommen losgelöste Zwecke“ erhoben werden.129 Weil die Vorschrift auch kein absolutes Kopplungsverbot enthält, muss bei einer wertenden Betrachtung im Einzelfall festgestellt werden, ob die betroffene Personen die mit dem Vertrag angestrebte Leistung bei einem anderen Anbieter ohne Nachteil für ihn erlangen könnte.
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Der Verantwortliche kann dem Kopplungsverbot letztlich entgehen, wenn er bei der Abfrage von Daten zur Vorbereitung des Vertragsschlusses deutlich macht, dass bestimmte Daten freiwillig („optional“) gegeben werden können. Dabei muss der Verantwortliche allerdings auch gleichwohl die weiteren Bedingungen des Art. 7 DSGVO erfüllen, nämlich das Trennungs- und Transparenzgebot beachten und auf das Widerrufsrecht aufmerksam machen.
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Erweist sich die Einwilligung aufgrund des Kopplungsverbotes als unwirksam, so berührt das den Bestand des Vertrags nicht, mit dem die Einwilligung gekoppelt werden sollte.
III. Sondersituationen
1. Einwilligung im Beschäftigungsverhältnis
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Unter Geltung des BDSG a.F. wurde intensiv diskutiert, ob wegen des Subordinationsverhältnisses von Beschäftigten (Legaldefinition in § 26 Abs. 8 BDSG) diese überhaupt eine wirksame Einwilligung abgeben können.130 Verbreitet war die Ansicht, dass Beschäftigte nie frei von Zwang seien, wenn sie in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten durch den Arbeitgeber einwilligen.131 Diese Ansicht war in dieser Rigidität und Absolutheit unzutreffend, und sie ist es auch unter der DSGVO und § 26 BDSG. Dass nach dem BDSG a.F. Einwilligungen von Beschäftigten „nach der herrschenden Meinung“ nur „ganz ausnahmsweise und nur auf gesetzlicher Grundlage in Betracht kommen können“, war unzutreffend.132
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Mit dem „Gesetz zur Änderung datenschutzrechtlicher Vorschriften“ wurde mit § 32 BDSG a.F. eine Regelung zum Schutz von Arbeitnehmerdaten aufgenommen. Diese Vorschrift enthielt in Abs. 1 Satz 1 die allgemeine Ermächtigung zur Datenerhebung und -verwendung im Rahmen von Beschäftigungsverhältnissen, die lex specialis gegenüber § 28 Abs. 1 Satz 1 BDSG a.F. war. Das Gesetz schloss die Erteilung einer Einwilligung im Arbeitsverhältnis nicht aus. Die Gesetzesbegründung zum 2009 eingefügten § 32 BDSG a.F. erhellt, dass nach dem Willen des Gesetzgebers „eine Datenerhebung oder -verwendung auf der Grundlage einer freiwillig erteilten Einwilligung des Beschäftigten ... durch § 32 nicht ausgeschlossen“ sein sollte.133 Ein solcher Ausschluss wäre auch erheblichen verfassungsrechtlichen und europarechtlichen Bedenken begegnet.134
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Auch die Art.-29-Datenschutzgruppe hatte sich in mehreren Arbeitspapieren mit der Einwilligungsmöglichkeit in Beschäftigungsverhältnissen befasst.135 Sie hält es für unwahrscheinlich, dass ein Arbeitnehmer frei auf ein Einwilligungsersuchen seines Arbeitgebers reagieren kann, um beispielsweise Überwachungssysteme wie die Videoüberwachung am Arbeitsplatz zu aktivieren oder Beurteilungsformulare auszufüllen, ohne Druck auf die Einwilligung auszuüben. Daher hält es die Art.-29-Datenschutzgruppe für problematisch, dass Arbeitgeber personenbezogene Daten von gegenwärtigen oder zukünftigen Arbeitnehmern auf der Grundlage der Einwilligung verarbeiten. Sie sieht es als unwahrscheinlich an, dass sie frei gegeben werden. Deshalb empfiehlt sie, dass für den Großteil der Datenverarbeitung am Arbeitsplatz eine Einwilligung