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DSGVO - BDSG - TTDSG. Группа авторов
Читать онлайн.Название DSGVO - BDSG - TTDSG
Год выпуска 0
isbn 9783800594207
Автор произведения Группа авторов
Серия Kommunikation & Recht
Издательство Bookwire
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Die Einwilligungsfähigkeit setzt die Fähigkeit des Betroffenen zur Einsicht in mögliche Folgen der Erhebung und Verwendung der ihn betreffenden personenbezogenen Daten voraus.150 Soweit es sich um eine isolierte, einseitige und nicht um eine in einen Vertrag eingebundene Einwilligung handelt, bedarf es nicht zwingend der Geschäftsfähigkeit des Erklärenden gem. §§ 104ff. BGB; die Einsichtsfähigkeit ist für die datenschutzrechtliche Einwilligung trotz ihres rechtsgeschäftlichen Charakters ausreichend.151 Eine feste Altersgrenze von 16 Jahren kennt nur Art. 8 DSGVO für Kinder, die ihnen direkt angebotene Dienste der Informationsgesellschaft in Anspruch nehmen (siehe Art. 8 Rn. 6). Es ist aber nicht sinnvoll, generell eine feste Altersgrenze festzusetzen, nach der für alle Sachverhalte mit ihren unterschiedlichen Risiken für die Gefährdung der Persönlichkeitsrechte von Kindern und Jugendlichen die Einsichtsfähigkeit pauschal festgelegt wird; dazu sind die Erfahrungshorizonte Jugendlicher in Bezug auf verschiedene Gefährdungssituationen zu unterschiedlich.152
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Mit dem OLG Hamm kann nicht davon ausgegangen werden, dass Minderjährige ab dem 15. Lebensjahr grundsätzlich die nötige Reife haben, um die Tragweite der Einwilligungserklärung zur Datenspeicherung und Datenverwendung zu Werbezwecken abzusehen.153 Zu beachten ist auch, dass etwa bei Online-Spielen der Teilnahmeanreiz so groß sein kann, dass Bedenken gegen die Datenübermittlung zurückgestellt und Einwilligungen darin zu unreflektiert erteilt werden.154
3. Doping
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Zur Dopingbekämpfung werden bei Leistungssportlern Kontrollen innerhalb und außerhalb von Wettkämpfen (Dopingkontrollen) durchgeführt.155 Hierzu werden auf der Grundlage des den „World Anti Doping Code“156 umsetzenden „Nationalen Anti Doping Code“ (NADC 2021)157 der Nationalen Anti Doping Agentur Deutschland (NADA)158 Urin- oder Blutproben von Athleten entnommen und analysiert, um verbotene Substanzen oder Methoden nachzuweisen oder zum Zwecke der Dopingbekämpfung Profile relevanter Parameter im Urin oder Blut eines Athleten, mithin besondere Kategorien personenbezogener Daten, zu erstellen. Hierzu zählt auch die DNS- oder Genomprofilerstellung (Art. 6 Abs. 2 NADC).
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Von den Sportverbänden benannte Kaderathleten werden einem Testpool zugeordnet und müssen, um für unangemeldete Kontrollen „zu jeder Zeit und an jedem Ort“ (Art. 5.3.2 NADC) zur Verfügung zu stehen, nach Art. 5.3.1 NADC in Verbindung mit dem „Standard für Ergebnismanagement-/Disziplinarverfahren“159 genaue Angaben über Wohnsitze und jede Änderung der Wohnanschrift, über den gewöhnlichen Aufenthaltsort bei mehreren Wohnsitzen, Ort und Zeit des Trainings, Ort und Zeit von Wettkämpfen und Trainingslagern, über die telefonische Erreichbarkeit bei Verlassen des gewöhnlichen Aufenthaltsortes und An- und Abmeldungen bei Abwesenheit vom gewöhnlichen Aufenthaltsort machen. Es liegt auf der Hand, dass damit über diese Sportler ein genaues Bewegungsprofil entsteht, und sie sich dadurch in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sehen können. Die betroffenen Sportler müssen sich der Meldepflicht unterwerfen und geben höchst sensible Profildaten in das internetbasierte Anti-Doping Administration & Management System (ADAMS) ein.
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Die Datenerhebung durch die Blut- oder Urinprobe im Einzelfall und die Teilnahme von Kader- bzw. Testpoolathleten am Meldeverfahren erfolgen aufgrund schuldrechtlicher Erklärungen der betroffenen Athleten, die sie regelmäßig im Rahmen ihrer Lizenzerteilung (bei Mannschaftssportarten: Sportler- oder Spielerpass bzw. Spielerausweis oder bei Individualsportarten mittels sog. Athletenvereinbarungen) gegenüber den jeweiligen Sportverbänden abgeben und hierbei die Regelwerke anerkennen. Diese Regelwerke der Spitzenverbände des Sports einschließlich der Anti-Dopingbestimmungen entsprechen regelmäßig dem NADC bzw. machen diesen und seine Standards zum Bestandteil der eigenen Verbandsbestimmungen. Die Verweigerung der Teilnahme an einer Dopingkontrolle oder am Meldeverfahren und die Abwesenheit am angegebenen Ort innerhalb der angemeldeten täglichen kurzen Zeitfenster würde den Ausschluss der Athleten vom Wettkampfsport bedeuten und als Dopingverstoß die Sanktionen (Sperre ggf. in Kombination mit Geldstrafe) gemäß dem NADC bzw. den Anti-Dopingbestimmungen des jeweiligen Sportfachverbandes nach sich ziehen.
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Auf eine schuldrechtliche „Vereinbarung“ kann eine datenschutzrechtliche Zulässigkeit nicht gestützt werden, wenn der Verantwortliche, hier die NADA, von den Aktiven erhobene personenbezogene Daten einschließlich der Gesundheitsdaten, die den besonderen Kategorien personenbezogener Daten zuzuordnen sind, verarbeitet. Die Verarbeitung von Gesundheitsdaten ist nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO verboten, wenn nicht ein Erlaubnistatbestand vorliegt. Eine fachspezifische Regelung der Verarbeitung von Gesundheitsdaten für Zwecke der Dopingbekämpfung enthält die DSGVO nicht.
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Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO sieht als Ausnahme vom Verbot der Verarbeitung personenbezogener Daten die Einwilligung der betroffenen Person vor. Danach ist die Verarbeitung dann nicht untersagt, wenn die betroffene Person in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt hat. Fraglich ist, ob die Athleten wirksam eingewilligt haben. Voraussetzung dafür ist, dass die Einwilligungserklärung freiwillig erfolgte, also ohne Ausübung eines Zwangs (siehe Rn. 88ff.). Wenn man den Verzicht auf den Leistungs- und Wettkampfsport richtigerweise nicht als Alternative in Betracht zieht, liegt keine echte Wahlfreiheit für die Athleten vor. Ohne Einwilligung werden sie zu Wettkämpfen der Verbände nicht zugelassen. Von Freiwilligkeit in ihrer Entscheidung kann daher nicht ausgegangen werden.160 Die Unterzeichnung einer Vereinbarung erfolgt hier nicht freiwillig, sondern ist fremdbestimmt und erfolgt letztlich unter Zwang;161 denn schließlich bleibt den Athleten keine andere Wahl.
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Es ist auch nicht von einer informierten Einwilligung auszugehen, wenn es in der vorformulierten Einwilligungserklärung heißt, dass „allen gemäß NADA- und WADA-Code zuständigen Organisationen“ Laborergebnisse der betroffenen Sportler mitgeteilt werden dürfen, ohne dass dem Sportler bekannt ist, wer diese Organisationen sind. In den Verpflichtungserklärungen, die bei der Beantragung einer Lizenz zu unterzeichnen sind, wird pauschal darauf verwiesen, dass die Statuten und Reglements vorbehaltlos anerkannt werden. Diese pauschalen Verweisungen, in denen nicht einmal die bis 2020 üblichen Eintragungen von Sanktionen in die öffentlich zugängliche Datenbank NADAjus mit Vornamen und erstem Buchstaben des Nachnamens erwähnt wurden, erfüllen nicht die Anforderung aus Art. 7 Abs. 2, 4 Nr. 11 DSGVO an die für eine informierte Einwilligung erforderliche Transparenz. Die Einwilligung müsste bestimmt in dem Sinne sein, dass sie Inhalt, Zweck und Tragweite hinreichend konkretisiert.162 Auch weil es an der Transparenz über die Empfänger einer Datenübermittlung fehlt, ist die Einwilligungsklausel in Verpflichtungserklärungen unzulässig und damit eine etwaige, auf dieser Klausel beruhende Einwilligung unwirksam. Das ist sie auch deswegen, weil es keine Belehrung über das Widerrufsrecht gibt.
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Die Sportler sind auch verpflichtet, sich bei der von der WADA betriebenen Datenbank ADAMS anzumelden, damit dort personenbezogen die Ergebnisse der Dopingkontrollen und die Aufenthaltsorte (Whereabouts) eingetragen werden können. Bei der Registrierung ist eine weitere Einverständniserklärung abzugeben, die aus den vorgenannten Gründen wegen fehlender Freiwilligkeit und Transparenz ebenfalls unwirksam ist. Das derzeitige Meldeverfahren, das auf einer Einwilligung in ein nicht-transparentes, unsicheres Verfahren beruht, ist daher unzulässig.
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Soweit an die WADA Ergebnisse der Dopingkontrollen gemeldet werden, müsste die Einwilligung auch in eine Datenübermittlung in einen Drittstaat erfolgen,