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›Nach seinem äußeren Anschein hat dieser Teppich keinerlei Wert, doch dieweil er eine so wunderbare Kraft besitzt, dünkt mich, ist es unmöglich, in der ganzen Welt etwas zu finden, was sich an Merkwürdigkeit mit ihm vergleichen ließe.‹ Dann zeigte Prinz Ali dem König sein Fernrohr und sprach: ›Der Spiegel Dschamschids ist eitel und nichts neben diesem Rohre, durch das dem Blicke der Menschen alle Dinge zwischen West und Ost und Nord und Süd genau erkennbar werden.‹ Und als letzter zog Prinz Ahmad den magischen Apfel hervor, der auf so wunderbare Weise Nur al-Nihar das teure Leben gerettet hatte; und er sprach: ›Mit Hilfe dieser Frucht werden alle Krankheiten und schweren Leiden im Nu geheilt.‹ So zeigte ein jeder dem Sultan seine Seltenheit und sprach: ›O unser Herr, geruhe diese Gaben, die wir mitgebracht haben, genau zu prüfen, und dann entscheide, welche von ihnen die herrlichste und wunderbarste ist. Dann soll deinem Versprechen gemäß derjenige von uns sich der Prinzessin Nur al-Nihar vermählen, auf den deine Wahl gefallen ist.‹ Als nun der König geduldig ihren Ansprüchen gelauscht und begriffen hatte, wie eine jede Gabe zu ihrem Teile mitgeholfen hatte, seiner Nichte die Gesundheit zurückzugeben, da versank er auf eine Weile tief in das Meer der Gedanken und erwiderte schließlich: ›Spräche ich dem Prinzen Ahmad die Palme zu, dessen Wunderapfel die Prinzessin heilte, so handelte ich nicht gerecht an den beiden anderen. Wenn auch sein Geschenk sie aus tödlicher Krankheit dem Leben und der Gesundheit zurückgab, so sagt mir doch, wie er von ihrem Leiden hätte wissen sollen ohne das Fernrohr des Prinzen Ali? Und ebenso wäre der Apfel nutzlos gewesen, hätte euch nicht der fliegende Teppich des Prinzen Husain im Nu hierher getragen. Deshalb entscheide ich so, daß alle drei den gleichen Anteil an ihrer Rettung haben, und daß sie das gleiche Verdienst an ihrer Heilung beanspruchen können. Denn sie wäre nicht gesundet, hätte nur eine der drei Gaben gefehlt; und ferner sind alle drei gleich wunderbar und erstaunlich, und keine übertrifft die beiden anderen, noch auch kann ich mit dem geringsten Recht der einen vor den anderen den Vorzug geben. Ich hatte versprochen, die Herrin Nur al-Nihar dem zu vermählen, der mir die seltenste Seltenheit brächte, aber so sonderbar es auch ist, es bleibt darum nicht minder wahr, daß sie in dem einen wesentlichen Punkte alle gleich sind. Die Schwierigkeit bleibt bestehen, und die Frage ist noch nicht gelöst. Und doch möchte ich die Sache gern vor Schluß des Tages erledigt sehen, und ohne daß einer sich beklagen könnte. Also muß ich einen Ausweg finden, damit ich einen von euch als den Gewinner bezeichnen und ihm, wie ich mein Wort verpfändet habe, die Hand der Prinzessin verleihen kann, so daß ich mich dadurch von aller Verantwortung löse. Nun habe ich folgendes beschlossen: ein jeder von euch steigt auf sein Roß und versieht sich mit Pfeil und Bogen; dann reitet ihr hinab in die Maidanebene, und dorthin werde ich euch mit meinen Staatsvezieren, den Großen des Reiches und den Herren des Landes folgen. Dann sollt ihr in meiner Gegenwart, nacheinander, ein jeder mit aller Kraft und Stärke einen Pfeil vom Bogen schießen; und den von euch, dessen Pfeil am weitesten fliegt, den will ich für den würdigsten erklären, die Prinzessin Nur al-Nihar zum Weibe zu gewinnen.‹ Da stiegen die drei Prinzen, die der Entscheidung ihres Vaters nicht widersprechen noch auch an seiner Gerechtigkeit und Weisheit zweifeln konnten, auf ihre Rosse, und ein jeder griff zu Pfeil und Bogen, und sie ritten stracks hinab. Und auch der König traf dort auf der Ebene ein, nachdem er die Geschenke im königlichen Schatz geborgen hatte, begleitet von seinen Vezieren und den Würdenträgern seines Reiches; und als alles bereit war, versuchte der älteste Sohn und Erbe, Prinz Husain, seine Kraft und Geschicklichkeit, und er schoß seinen Pfeil weit über die flache Ebene hin. Nach ihm griff Prinz Ali zu seinem Bogen, und er entsandte den Pfeil in der gleichen Richtung und schoß ihn über den ersten hinaus. Zuletzt aber kam Prinz Ahmad an die Reihe, und er zielte nach dem gleichen Ziel, aber also lautete die Bestimmung des Schicksals, daß die Ritter und Höflinge, so weit sie ihre Rosse auch vorwärts jagten, um zu sehen, wo sein Pfeil den Boden getroffen hätte, doch keine Spur von ihm fanden; und keiner von ihnen wußte, ob er verschlungen war von den Eingeweiden der Erde, oder ob er emporgeflogen sein mochte bis an die Grenzen des Himmels. Ja, es gab ihrer, die waren in böslicher Gesinnung der Ansicht, Prinz Ahmad habe überhaupt nicht geschossen, und nimmer habe sein Pfeil die Sehne verlassen. Und schließlich befahl der König, die Suche einzustellen, und er erklärte sich zu Alis Gunsten und sprach das Urteil, daß er sich der Prinzessin Nur al-Nihar vermählen dürfe, dieweil sein Pfeil den des Prinzen Husain weit hinter sich gelassen hatte. Und also wurden im Laufe der Zeit nach dem Gesetz und Ritual des Landes die Hochzeitsbräuche und Zeremonien mit höchstem Pomp und in aller Pracht erfüllt. Doch Prinz Husain wollte bei dem Brautfest nicht zugegen sein, so eifersüchtig und enttäuscht war er, denn er hatte die Prinzessin Nur al- mit einer Liebe geliebt, die die seiner Brüder weit übertraf; und er legte seine prinzlichen Kleider ab, nahm das Gewand eines Fakirs und zog hinaus, um eines Einsiedlers Leben zu führen. Doch auch Prinz Ahmad brannte vor Neid und weigerte sich, an dem Hochzeitsfest teilzunehmen; aber ungleich seinem Bruder Husain zog er sich nicht zurück in eine Einsiedelei, sondern er verbrachte all seine Tage auf der Suche nach seinem Pfeil, um herauszufinden, wohin er gefallen wäre.
Nun traf es sich so, daß er eines Morgens wiederum seiner Sitte gemäß allein auf die Suche auszog. Und er brach auf von der Stelle, von der aus sie ihre Pfeile geschossen hatten, und erreichte den Ort, wo sie die der Prinzen Husain und Ali gefunden hatten. Dann ging er weiter, immer geradeaus, und er ließ die Blicke nach beiden Seiten, rechts und links, hinschweifen über Hügel wie Tal. Und als er so etwa drei Parasangen gegangen war, sah er ihn plötzlich flach auf einem Felsen liegen. Darob staunte er sehr, und er wunderte sich, wie der Pfeil so weit hatte fliegen können, doch mehr noch, als er herzutrat und sah, daß er nicht im Boden stak, sondern offenbar abgeprallt und flach auf eine Steinplatte gefallen war. Sprach er bei sich selber: ›Daran muß wahrlich irgendein Geheimnis hängen; wie könnte sonst jemand einen Pfeil in solche Fernen schießen und ihn in so seltsamer Lage finden?‹ Und er bahnte sich einen Weg durch die spitzen Klippen und die gewaltigen Blöcke und kam zu einer Höhle im Boden, die in einen unterirdischen Gang auslief; und als er in ihm ein paar Schritte gegangen war, erspähte er eine eherne Tür. Die stieß er mühelos auf, denn sie hatte keinerlei Riegel, und als er eintrat, den Pfeil in der Hand, kam er auf einen leicht sinkenden Weg, den er hinabstieg. Aber wo er erwartet hatte, alles pechfinster zu finden, da erblickte er in einiger Ferne einen geräumigen Raum, eine Erweiterung der Höhle, die auf allen Seiten mit Lampen und Leuchtern beleuchtet war. Und als er dann etwa fünfzig Ellen weiterging, oder noch etwas mehr, fiel sein Blick auf einen riesigen und herrlichen Palast, und alsbald trat aus dem Inneren in die Säulenhalle heraus ein liebliches Mädchen, schön und liebenswert, eine Feengestalt in fürstlichen Kleidern, geschmückt von Kopf zu Fuß mit den kostbarsten Juwelen. Sie ging mit langsamem und stattlichem Schritt, und doch anmutig und weich, und ihre Dienerinnen umgaben sie, wie die Sterne den Mond in vierzehnter Nacht umgeben. Als aber Prinz Ahmad diese Erscheinung der Schönheit gewahrte, beeilte er sich, sie mit dem Salam zu grüßen, und sie gab seinen Gruß zurück; dann trat sie vor und empfing ihn, indem sie mit den lieblichsten Worten sprach: ›Wohl gekommen und willkommen, o Prinz Ahmad; ich freue mich, daß ich dich sehe. Wie geht es deiner Hoheit, und weshalb bist du mir so lange ferngeblieben?‹ Der Königssohn staunte sehr, als er hörte, wie sie ihn bei Namen nannte, denn er wußte nicht, wer sie war, und nie zuvor hatten sie einander gesehen; wie also konnte sie seinen Titel und Stand erfahren haben? Und er küßte den Boden vor ihr und sprach: ›O meine Herrin, ich schulde dir vielen Dank und große Erkenntlichkeit, da es dir gefällt, mich an diesem seltsamen Ort mit heiteren Worten willkommen zu heißen, wo ich allein und als Fremder nur zögernd und zitternd eindringen konnte. Aber es ist mir sehr rätselhaft, wie du den Namen deines Sklaven erfahren konntest?‹ Sprach sie mit einem Lächeln: ›O mein Herr, komm her und wir wollen uns behaglich dort in die offene Halle setzen; dann will ich dir Antwort geben auf deine Fragen.‹ Und sie ging dorthin, während Prinz Ahmad ihr auf den Fersen folgte; und als sie eintraten, sah er staunend das gewölbte Dach von herrlicher Arbeit, geziert mit Gold und Lapislazuli, Gemälden und Schmuck, also, daß seinesgleichen in der Welt nicht zu finden war. Als nun die Herrin sein Staunen sah, sprach sie zu dem Prinzen: ›Dieses Schloß ist nichts neben all den anderen, die ich jetzt aus freiem Willen zu den deinen gemacht habe; erst wenn du sie siehst, wirst du gerechten Anlaß zum Staunen haben.‹ Dann setzte sich dies sylphengleiche Wesen auf einer erhöhten Estrade und zog unter vielen Zeichen der Liebe den Prinzen Ahmad an ihre Seite. Sprach sie: ›Obgleich du mich nicht kennst, so kenne doch ich dich gut, wie du verwundert sehen wirst, wenn ich dir meine ganze Geschichte erzähle. Aber zunächst
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