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Summe für ihn verlangen‹; und der Makler: ›Allerdings, o mein Herr, sind seine Eigenschaften erstaunlich und wunderbar. Wer immer auf diesem Teppich sitzt und in Gedanken den Willen ausspricht, aufgehoben und an einer anderen Stelle niedergesetzt zu werden, der ist im Augenblick dort, einerlei, ob der Ort in der Nähe ist oder viele Tagereisen entfernt oder schwer zu erreichen.‹ Als nun der Prinz diese Worte hörte, da sprach er bei sich selber: ›So Wunderseltenes wie diesen Teppich kann ich sonst meinem Vater nicht mitbringen, und nichts auch, was ihm größere Freude oder Genugtuung bereiten könnte. Preis sei Allah, dem Allmächtigen, das Ziel meiner Reise ist erreicht, und hiermit will ich, Inschallah, die Erfüllung meiner Wünsche erlangen. Dies wird ihm, wenn irgend etwas, ewige Freude machen.‹ Und also wandte der Prinz sich mit der Absicht, den fliegenden Teppich zu kaufen, dem Makler zu und sprach: ›Wenn er wirklich die Eigenschaften hat, die du schilderst, so ist wahrlich der Preis, den du forderst, nicht zu hoch, und ich bin bereit, die verlangte Summe zu zahlen.‹ Versetzte der andere: ›Wenn du an meinen Worten zweifelst, so bitte ich, stelle sie auf die Probe und tilge durch einen Versuch den Verdacht. Setze dich jetzt auf das Teppichviereck, und auf deinen bloßen Wunsch und Willen wird es uns in den Khan versetzen, den du bewohnst: auf diese Weise kannst du dich von der Wahrheit meiner Worte überzeugen; und nachdem du sie als wahr erkannt hast, sollst du mir dort, doch nicht eher, den Preis meiner Ware zahlen.‹ Und der Makler breitete den Teppich hinter dem Laden auf dem Boden aus, und als der Prinz sich darauf gesetzt hatte, setzte er sich ihm zur Seite. Und plötzlich wurden die beiden auf den bloßen Wunsch und Willen des Prinzen Husain in den Khan entrückt, als trüge sie Salomos Thron. Des freute der älteste der Brüder sich in höchster Freude, dieweil er etwas so Seltenes gefunden hatte, dessengleichen in allen Landen und unter den Königen nicht zu finden war; und Herz und Seele wurden ihm froh, daß er nach Bischangarh gekommen und einem solchen Wunder begegnet war.

      Er zahlte also die vierzigtausend Aschrafîs als Preis des Teppichs, und obendrein gab er dem Makler noch zwanzigtausend als Geschenk. Und immerfort sagte er sich, der König werde ihn, wenn er den Teppich sähe, alsbald mit der Prinzessin Nur al-Nihar vermählen, denn es sei ganz unmöglich, daß einer seiner Brüder, und durchsuchte er die weite Welt, eine Seltenheit finden könnte, die sich mit dieser vergleichen ließe. Es verlangte ihn, sich flugs auf den Teppich zu setzen und in seine Heimat zu fliegen, oder wenigstens im Khan seiner Brüder zu harren, dort, wo sie sich unter dem Versprechen und dem Vertrag getrennt hatten, am Jahresende wieder einzutreffen. Aber dann überlegte er sich, daß ihm die Zeit lang und langweilig werden würde, und er fürchtete sehr, ihn könne die Versuchung anwandeln, einen übereilten Schritt zu tun; daher beschloß er denn, in dem Lande zu bleiben, zumal er sich manchen Tag hindurch danach gesehnt hatte, seinen König und dessen Untertanen kennen zu lernen; und er entschied sich dafür, die Zeit damit hinzubringen, daß er sich alles Sehenswerte ansah und Ausflüge machte in die benachbarten Länder. Und also blieb Prinz Husain ein paar Monate in Bischangarh. Nun war der König des Landes gewohnt, einmal in jeder Woche Hof zu halten, um Streitigkeiten anzuhören und Fälle zu schlichten, die fremde Kaufleute betrafen; und so sah der Prinz den König oft, aber niemandem sagte er ein Wort von seinem Abenteuer. Doch da er von stattlicher Erscheinung war, von anmutigem Gang und höflicher Rede, beherzt und stark, weise, bedacht und witzig, so hielt ihn das Volk in höheren Ehren als den Sultan selber, von seinen Genossen, den Kaufleuten, ganz zu schweigen; und mit der Zeit wurde er bei Hofe zum Günstling, und er erfuhr von dem Herrscher selber alles, was sein Reich und seine Pracht und Größe anging. Und der Prinz besuchte auch die berühmten Pagoden des Landes. Die erste, die er sah, war aus Messing und Bronze von feinster Arbeit. Die innere Zelle maß drei Ellen im Geviert, und in ihrer Mitte stand ein goldenes Bild, an Gestalt und Statur einem Manne von wunderbarer Schönheit gleich; und so kunstvoll war die Arbeit, daß es war, als hefte das Gesicht seine Augen, zwei Rubinen von ungeheurem Wert, auf jeden Beschauer, einerlei, wo immer er stände. Und ferner sah er einen Götzentempel, nicht minder wunderbar und selten, der war erbaut auf einer ebenen Fläche in einem Dorfe, die in Länge und Breite einen halben Acker maß; und auf ihr blühten liebliche Rosenbäume, Jasmin, Basilienkraut, und viele andere süßduftende Pflanzen, deren Geruch die Luft schwer machte mit seinem Duft. Rings um den Hof aber lief eine Mauer, drei Fuß hoch, so daß sich kein Tier hineinverirren konnte; und in der Mitte stand eine Terrasse von nahezu Manneshöhe, ganz aus weißem Marmor und gewelltem Alabaster, und jede und jegliche Platte war so fein poliert und mit so genauer Fügung gefügt, daß das ganze Pflaster, obwohl es einen so großen Raum einnahm, aussah wie ein einziger Stein. Und in der Mitte wiederum stand das gewölbte Heiligtum, das sich fünfzig Ellen hoch emporhob und auf viele Meilen in der Runde sichtbar war: dreißig Ellen war es lang und zwanzig breit, und der rote Marmor der Verkleidung war blank poliert wie ein Spiegel, so daß sich ein jedes Ding darin getreu abspiegelte. Die Kuppel war herrlich gemeißelt und außen prunkvoll verziert. Und drinnen standen in gebührender Ordnung und Folge Reihen und Reihen von Götzenbildern. Hierher, in dieses Allerheiligste, drängten sich vom Morgen bis zum Abend tausende von Brahminen, Männer wie Frauen, um anzubeten. Und es gab dort auch Spiele und Lustbarkeiten, genau wie den Dienst der Götter und die Zeremonien: manche schmausten, und andere tanzten, einige sangen, andere spielten auf Musikinstrumenten, und hier und dort fanden auch Spiele, Gelage und unschuldige Vergnügungen statt. Und hierher strömten auch zu jeder Jahreszeit aus fernen Ländern Scharen von Pilgern, die ihre Gelübde erfüllen und ihre Gebete verrichten wollten; und alle brachten Gaben an Gold und Silbergeld mit und Geschenke, selten und kostbar, die sie in Gegenwart der königlichen Beamten den Göttern darbrachten. Prinz Husain aber sah auch ein Fest, das nur einmal im Jahre in der Stadt Bischangarh gefeiert wurde; da kamen die Lehnsbauern alle, groß und klein, zusammen und zogen um die Pagoden, vor allem aber um eine, die an Größe und Pracht alle anderen übertraf. Große und gelehrte Panditen, die in den Schastras bewandert waren, machten Reisen von vier oder fünf Monaten und begrüßten einander bei diesem Fest. Und von allen Gegenden Indiens pilgerten die Leute in solchen Scharen hierher, daß Prinz Husain erstaunte ob des Anblicks; und da sich so viele Menschen um die Tempel drängten, konnte er nicht sehen, in welcher Art die Götter angebetet wurden. Auf der einen Seite der benachbarten Ebene, die sich weit und breit erstreckte, stand ein neu errichteter Bau, von riesiger Größe und großer Pracht, neun Stockwerke hoch, und unten wurde er gestützt von vierzig Pfeilern; und hier versammelte der König einmal in jeder Woche seine Veziere, um den Fremden allen im Lande Recht auszuteilen. Drinnen war der Palast reich geschmückt und mit kostbarer Einrichtung versehen: draußen waren auf den Wandflächen heimische Landschaften dargestellt, Szenen aus fernen Gegenden, und vor allem allerlei Tiere und Vögel und sogar Insekten, Mücken und Fliegen, die mit solchem Wissen und Können abgebildet waren, daß sie wie wirklich und lebendig waren und daß die Bauern, wenn sie von fern die gemalten Löwen und Tiger und anderen reißenden Tiere erblickten, von Scheu und Grauen ergriffen wurden. Auf den drei anderen Seiten des Baus standen Pavillons, gleichfalls aus Holz, zur Benutzung der Untertanen, die waren innen und außen bemalt und geschmückt wie der erste, und sie waren so kunstvoll erbaut, daß man sie mit allem Volk darin umdrehen und sie fortbewegen konnte, wohin man wollte. So konnte man diese riesigen Bauwerke mit Hilfe von Maschinen fortschaffen; und die Leute, die sich darin befanden, konnten nacheinander einer Folge von Spielen und Lustbarkeiten zuschauen. Und ferner standen auf jeder Seite des Vierecks Elefanten in Reihen, der Zahl nach nahe an tausend: deren Rüssel und Ohren und Hinterteile waren mit Zinnober bemalt und mit allerlei lebendigen Figuren geschmückt; ihre Decken waren aus Goldbrokat, und ihre Sättel mit Silber gestickt; und sie trugen Bänkelsänger, die allerlei Instrumente spielten, während Possenreißer die Menge mit ihren Scherzen belustigten und Schauspieler ihre unterhaltsamsten Rollen spielten. Von allem jedoch, was der Prinz erblickte, ergötzte ihn die Elefantenvorstellung am meisten, und sie erfüllte ihn auch mit der größten Bewunderung. Ein riesiges Tier, das nach allen Seiten hin gedreht werden konnte, wie die Wärter es wollten (denn seine Füße standen auf einem Ständer, der auf Rollen lief), hielt im Rüssel eine Oktavflöte, auf der es so wunderbar spielte, daß alles Volk gern ›Bravo!‹ gerufen hätte. Ein anderes, aber kleineres Tier stand auf dem einen Ende eines Balkens, der quer über einen acht Ellen hohen Holzblock gelegt und mit Angeln daran befestigt war; und am anderen Ende hing ein eisernes Gewicht von gleicher Schwere, und der Elefant drückte dann so lange auf den Balken, bis sein Ende den Boden berührte, worauf ihn das Gewicht wieder hob. So schwang der Balken wie eine Schaukel auf und ab; und im Rhythmus seiner Bewegung und der begleitenden Musik schwankte

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