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stieg langsam die seitlich angebrachte Treppe nach oben. Auf den Weg zum Haus fühlte sie die knorpelige dicke Rinde des Baumes, welche eine gewisse Wärme ausstrahlte. Sie erklimm den Pfad vorsichtig und hörte auf jedes Geräusch, was eventuell auf einen ungebetenen Gast hinwies. Oben angekommen, öffnete sie vorsichtig die Tür und trat in einen kleinen, lichtdurchfluteten Raum. Kein Infizierter war zu sehen und eine Last fiel von ihren Schultern. Ein zufriedenes Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. Sie roch das verarbeitete Holz und spürte die angenehme Wärme der Sonne auf ihrer Kleidung. Mit vorsichtiger Neugier begann sie das Haus zu erkunden. Ein kleines Sofa und eine Nische, in der sich die Küchenzeile befand, gaben dem Zimmer eine gewisse Gemütlichkeit. Hinter einer Falttür fand sie ein kleines Bad mit einer Dusche und einer Toilette. Die hellen Fliesen schienen sie regelrecht zu blenden. Zögerlich trat sie herein und betätigte den Wasserhahn. Zu ihrem Erstaunen kam tatsächlich sprudelndes, sauberes Nass heraus. Sie lachte laut, drehte den Hahn zu und sah sich weiter um. Über eine kleine Wendetreppe gelangte sie nach oben, zum Schlafbereich, der sich direkt unter dem Dach befand. Ein einfaches Bettgestell mit einladenden Bettdecken und weichen Kissen, ausreichend für zwei Personen. »Das ist wie ein Zuhause«, sagte sie zu sich selbst. Sie ging auf den Balkon und spähte zu den anderen, die am Fuße des Baumhauses standen. »Das müsst ihr euch ansehen!«, rief sie ihnen zu. »Endlich haben wir wieder Privatsphäre!«

      Ivy und Sebastian schnellten die Treppe des Baumhauses als erstes empor, welches sich direkt neben dem von Melanie befand. Als Sebastian die Tür langsam öffnete, betraten sie ebenfalls das Wohnzimmer mit einer Kochnische. Die große Fensterfront, von der aus sie die Rückseite des Hauptgebäudes sahen, ließ den Raum im hellen Licht erstrahlen. Ein Kamin sollte im Winter für Wärme sorgen und hinter der Falttür verbarg sich ebenso das Bad mit einer Dusche und der Toilette. Die Bodenfliesen waren schwarz und eine dunkelrote Bordüre schlang sich an der Wand entlang. Auf einem Hocker lagen Handtücher. Kleine Fläschchen mit Duschgel und Shampoo warteten nur auf ihre Benutzung. Ivy sah Sebastian unglaubwürdig an. »Wir passen nicht zusammen da rein, aber wir werden nicht mehr stinken.« Amüsierte drückte sie ihn einen Kuss auf den Mund.

      Ihre Augen funkelten und schöpften neue Hoffnung.

      Ebenfalls über eine Wendetreppe erreichten sie die Schlafnische, die unterhalb eines Erkers lag. Zusammen traten sie, Arm in Arm auf den Balkon, der sich um das halbe Gebäude schlängelte.

      Ivy winkte Melanie kindlich erfreut zu, die ebenfalls auf dem Anbau stand.

      »Wir haben ein vorläufiges neues Zuhause, Leute!«, rief Sebastian und gab Ivy erneut einen zufriedenen, befreiten Kuss auf die Wange.

      Alle noch am Boden verbleibenden Paare suchten sich in der unmittelbaren Nähe ein fertiges Baumhaus um es zu beziehen.

      »Hey, Mel … Ist deine Couch noch frei?«, erkundigte sich Christoph neckisch grinsend.

      »Vorausgesetzt du duscht und wäschst deine Unterwäsche, ja«, entgegnete sie ihm Augen zwinkernd zu.

      Während Rupert, Bryan und Thomas das letzte der fertigen Baumhäuser inspizierten, wandte sich Railey ab und wollte das Hauptgebäude inspizieren.

      *

      Die Hintertür stand offen. Leise betrat er das Gebäude und durchquerte den angrenzenden Aufenthaltsraum mit der kleinen Kantine. Die Tische und Stühle standen immer noch an ihren Plätzen. Durch die bodentiefen Fenster konnte er zu den Baumhäusern sehen. Innehaltend horchte er durch ein Geräusch alarmiert auf und vernahm ein leises Fauchen. Railey schlich zur Tür, lugte hinter der Zarge hervor und beobachtete sechs Infizierte vor dem Rezeptionstresen wanken, die ihn nicht registrierten.

      Anscheinend haut der Service nicht hin., dachte er mit Galgenhumor und schlich in gebückter Haltung hinter ihnen entlang um den Rezeptionstresen. Er wägte sich in Sicherheit, schnellte hoch und rammte jeden von ihnen nacheinander das Messer in den Schädel, als sie sich über den Tresen beugten um ihn zu packen. Das Blut besudelte in feinen Spritzern die Theke und seine Jacke. Ihre toten Körper fielen plump auf den Boden und Railey blickte nach getaner Arbeit über den Ladentisch auf sie hinab. Aufmerksam hörte er Schritte auf sich zukommen.

      Die zu ihm stoßende Reisegruppe hielt erschrocken inne, als sie die Leichen sahen. Angewidert wandte sich Ava von dem Anblick ab.

      Der Corporal hörte ein weiteres Poltern in einem der Zimmer hinter ihm. Angespannt sah der Wachmann zu der Gruppe, hielt stumm den Finger vor den Mund und schritt zur Tür. Zögernd umfasste er den Knauf, drehte ihn leise und riss abrupt den Eingang auf.

      »NEIN!«, schrie ein Mann verzweifelt und hielt sich schützend die Arme vor das Gesicht.

      Die anderen ließen ebenso einen Aufschrei des Erschreckens von sich und klammerten sich verängstigt aneinander.

      Railey begann indessen zu lachen und nahm die Waffe runter. »Oh, mein Gott! Aiden!«, rief er freudig und der Mann lunzte verängstigt hinter seinen Armen hervor. Railey breitete die Arme aus und grinste ihn überglücklich an.

      Der Fremde stand mit zitternden Knien auf, sah verwirrt zu dem Corporal und der Reisegruppe. »Was … Railey?!«, stotterte er und musterte ihn unglaubwürdig, als er ihn erkannte. Plötzlich brach er in Tränen aus und stürzte sich erleichtert in die Arme seines wiedergefundenen Freundes.

      Die Mitglieder der Gruppe versammelten sich um den Tresen, den Ekel vor den Leichen vergessend und beobachteten skeptisch den gebrochenen Mann, der einen Moment später sich versuchte zu beruhigen.

      Der Fremde schniefte, atmete mehrmals tief ein und aus, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Erleichtert sah er Railey an. Seine Kleidung war eingerissen, die blonden Haare standen ihm zu Berge. »Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals jemanden wiedersehe, den ich kenne«, japste er erleichtert und klopfte dem Corporal dankbar auf die Schulter.

      Er beäugte argwöhnisch die Gruppe, die vor ihm standen.

      Railey bemerkte seinen Blick. »Das ist Aiden, ein guter Freund aus der Schulzeit«, stellte er den Fremden vor. »Diese Leute sind Überlebende des Flüchtlingscamps in Dallas.«

      Verblüfft musterte ihn sein Schulfreund. »Ihr kommt aus Dallas?«, stotterte er und Railey nickte. Seine wirren Blicke schweiften zwischen den Menschen umher.

      »Vielleicht sollten wir die Leichen entsorgen und erst einmal zur Ruhe kommen«, schlug Elmar vor und Aiden nickte eindringlich.

      ***

      Kapitel 2

      Poughkeepsie, Baumhaushotel, Gemeinschaftsraum

      28. September 2012, 17:30 Uhr

      Railey parkte den Bus hinter dem Hauptgebäude, während die restlichen Männer die Leichen vor das Tor brachten. Es überraschte sie wie schwer doch ein lebloser Körper war. Ihre Gedanken sperrten sich davor diese Hüllen als Menschen anzusehen.

      Sie lagerten die Lebensmittel aus ihrem Vorrat im Kühlhaus der Kantine, welches noch in Betrieb war. Ihre persönlichen spärlichen Sachen brachten sie in die ausgesuchten Baumhäuser.

      *

      Aiden wollte für alle kochen und bediente sich aus den nun aufgestockten Vorräten. Es wurde ein einfacher Eintopf von dem sie sicher mehrere Tage zehren konnten. Als es fertig war, stellte er das Gefäß auf die gestellte Tafel im Gemeinschaftsraum. Sichtlich zufrieden über die neue Gesellschaft reichte er jedem einen gefüllten Teller.

      Railey erzählte in Kurzversion von ihrer Reise und Aiden saß verstummt zwischen ihnen.

      Nach einer Weile räusperte er sich und strich laut schnaufend durch sein wirres Haar. »Es tut mir wirklich leid … Was ihr alles durch gemacht habt, ist wahrlich furchtbar.« Mitfühlend blickte der Hotelbesitzer seufzend zu den Reisenden.

      Rupert schaute durch die bodentiefen Fenster zu den Baumhäusern, dachte nach und wandte sich an Aiden.

      »Diese Baumhäuser sind fantastisch. Ein Wunder, dass sie die perfekte Form für solch einen Umbau hatten«, staunte er, das Thema wechselnd.

      Aiden schmunzelte. »Ich wollte meinen Gästen etwas bieten.

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