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viele kleine Nebenstrecken in gemäßigtem Tempo, was soll ich mit dieser Frau eins Ausfahren, die deklassiert mich eh auf beschämende Weise.

      Wir stehen also etwa um 9 am Tor, das bunte Logo eines bekannten Brauseherstellers in Sichtweite, das aggressive Schreien von offenen Sportmotoren in Hörweite und ein Security wollte uns gelangweilt abwimmeln.

      So voll der typische Disco-Türsteher: Du kimmst do ned rei, du kimmst do ned rei, du kimmst do ned rei, heute nur Stammgäste!

      Sie fragte: „Können sie bitte beim Horitake-Team anrufen und Misaki anmelden?“

      Widerwillig und provozierend zögerlich wählte er eine Nummer in seinem Wachhäuschen, hatte es dann aber doch plötzlich ziemlich Eilig das Tor zu öffnen. Wie immer im Leben oder in einer Disco: Mit dem richtigen Namen öffnen sich Türen. Schnell und Weit.

      Mit dem Helm lässig am Unterarm fuhren wir Schrittempo durch das weitläufige Areal bis ins heiligste, die Boxengasse. Alleine schon das beeindruckte mich schwer.

      Für Misaki schien das normal.

      Sie wurde sowas von freudig, fast euphorisch begrüßt. Auf Japanisch. Jeder, absolut jeder kam vorbei und machte seine Aufwartung. Fast nur kleine dünne Menschen mit schmalen Augen wuselten wie die Ameisen um uns herum, dazwischen wenige Europäer.

      Briten und Italiener, wie sich herausstellte.

      Nur ein Mann ignorierte sie, strafte sie mit Mißachtung, ging ihr sogar aus dem Weg. Der große Silberrücken. Der Boss. Der Chef.

      Ihr Vater? Ich wollte höflich grüßen, aber er sah gleichgültig durch mich hindurch. Dann eben nicht….

      Meine Huzuki erntete angesichts der zuhauf umherstehenden Edeltechnik sofort unerwartetes Interesse. Ich musste mich erst etwas an die ungewohnte Umgangssprache gewöhnen: Englisch. Glücklicherweise war ich auf der Realschule da nicht so schlecht.

      „Ist diese Huzuki das aktuelle Standardmodell?“

      „Klar, dieses Modelljahr, absolut Serienmässig.

      Nur die Leistungsbegrenzungen aus dem Steuergerät rausprogrammiert (Bei größeren Motorrädern wird für die Straßenzulassung in den ersten 2-3 Gängen oft eine Leistungsbegrenzung auf etwa 100-120 PS einprogrammiert, denn schneller als 3 Sekunden auf 100 geht mit Straßenreifen physikalisch eh nicht, damit beim starken Beschleunigen ungeübte Fahrer nicht hinten abgeworfen werden). Sonst Nichts.“

      „Wir haben einen Testingenieur vom japanischen Sonda-Werk bei uns. Könnte unser Testingenieur vielleicht ein paar Proberunden damit fahren? Dann brauchen wir kein Motorrad kaufen?“

      Ich grinste. „Werksspionage?“

      „Nein, einfach nur Probefahrt.

      Das machen alle so. Man will schließlich wissen was die Konkurrenz so baut.“

      Sie bieten mir im Gegenzug die Probefahrt mit einer Supersport an. Ich rümpfte etwas die Nase. Supersport ist 600-er.

      Ich hoffte eher auf einen ritt mit einer richtigen Kanonenkugel, einem Superbike.

      Der Ingenieur und Misaki lächelten milde, Verständnisvoll. Wenn ich die Supersport wieder Heil zurück bringe und dabei eine vernünftige Zeit fahre, also schneller wie die Moto3 (=250-er) dann bekomme ich eine Fahrt auf dem Superbike.

      Hochmotiviert stieg ich auf die 600-er.

      Fuhr wohl so insgesamt 45 Runden bis der Sprit aus war. Beim Rennen reicht das Benzin höchstens für 24 Runden, schon das hätte mir zu Denken geben sollen. Und meine Slik's waren fast Neuwertig. Wahrscheinlich nicht mal warm.

      Um es kurz zu machen: Ich fuhr dann kein Superbike. Die vereinzelten 250-er an der Strecke waren schneller als ich. Alle!

      Trotzdem war ich schwer Beeindruckt. Also mein Moped ist ja ein Supersportler.

      Mit Dampf und richtig gutem Fahrwerk absolut auf Höhe der Zeit. Dennoch lagen Welten dazwischen. Wie leicht die Supersport war, wie spielerisch es fuhr, wie Zielgenau es die Spur hielt. Die Bremsen brutal, mit zwei Fingern am Hebel schafft man einen Überschlag.

      Die größte Überraschung der Motor. Wie kultiviert und seidenweich der lief. Wie eine Turbine, auch von den Drehzahlen her. Kein ruppiger hemdsärmelig frisierter Motor.

      Nennen wir es Triebwerk, dass trifft es besser.

      Das Ding war eindeutig schneller als meine 750-er. Antritt und Endgeschwindigkeit. Keine Ahnung wie schnell genau, Tacho gibt’s keinen. Drehzahlmesser sind nur 10 farbige Lampen.

      Bei gelb schalten, bei Rot kommt der Begrenzer. Der Testingenieur fuhr gleichzeitig. Auf der Geraden überholte ich spielend leicht mein eigenes Moped. Beim Bremsen dann die erste Frustration: Der Kerl fing mit meinem Moped erst zum Bremsen an als ich mit der 600-er schon von der Bremse runter war.

      Er hat mich mehrfach Überrundet, in der Kurve überholt. Aussen! Es schmerzte etwas Funken von meinen Fußrasten oder dem Seitenständer über den Asphalt sprühen zu sehen. Gleichzeitig Interessant für mich was mit meinem Moped wirklich ginge. Wenn man es kann.

      Mittag winkten sie mich raus.

      Es muss jetzt Ruhe sein wegen den Anwohnern. Ich total fertig und ausgebrannt. Die Telemetrie sagte dass nur noch 2 Liter im Tank sind. Mein eigenes Moped war wohl schon nach der Hälfte der Zeit leer.

      Misaki grinste nur.

      „Und, wie war es?“

      „Beeindruckend und Lehrreich. In jeder Hinsicht.“

      „Sorry, deine Reifen auf der Huzuki haben es nicht überlebt. Wir gehen kurz zum Renndienst vor und holen neue, die Mechaniker montieren sie dir dann schnell.“

      Kurz darauf standen wir vor einem riesigen Sattelschlepper, lackiert in den Farben einer bekannten Marke, die mit den schönen Kalendern. Misaki wurde auch hier wieder achtungsvoll Begrüßt.

      Wer war diese Frau nur, dass jeder, absolut jeder Wichtige hier sie kannte und schätzte? Sie fragte am Tresen nach meiner Größe.

      „Ist das ein Straßenbike? Wir haben heute eigentlich nur Slikreifen dabei, wir müssen sehen ob hinten drin noch was Street-legal lagert.“ Der eine verschwand in den dunklen Tiefen der schwarzen Ringe, man hörte ihn rumoren und wühlen. Der andere begann mit Misaki zu shakern. Wollte er zumindest, sie bremste ihn distanziert ein. Klingt lustig wenn Italiener auf Englisch galant sein wollen.

      Der zweite Mann erschien bepackt: „Ihr habt Glück.

      Zwei Sätze noch. Weiche Mischung. Vom letzten Sicherheitstraining für Streetbike.“

      Pfflapp. Er warf die 4 schwarzen Ringe von der Ladefläche auf den Boden vor uns.

      „Thank you Ernesto! Schreib es auf's Team bitte.“

      Zögernd hob ich meine Beute vom Boden, sah Misaki unsicher an.

      „Was ist mit Bezahlen?“

      Wieder dieses milde mitleidige Lächeln von ihr, gerade noch nicht überheblich. „Siehst du all die Reifen in diesem Truck?“

      „Ja klar.“

      „Die Hälfte davon wird dieses Wochenende runter radiert. Das ist Mengenverbrauchsgut wie Öl oder Benzin und Putzlappen. Deine zwei Sätze sind Portokasse.“

      Na Toll.

      Ich bezahle normal dafür 430€ je Satz. Bei anderen Menschen ist das Portokasse. Ist das so wirklich gerecht? Ich schleppte die 4 Gummis zurück, Misaki war nur beschäftigt hier wen und dort wen zu grüßen. Insgesamt war sie sonst den Tag über zu mir recht geschäftig und neutral.

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