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er auf ihre mahnenden Worte gehört und sich hat überzeugen lassen, dass man sich sehr flexibel auf neue Standbeine stellen muss, wenn man überleben will.

      Der Rancher denkt an Johnson, der nicht so klug gewesen ist, sondern sich mehr oder weniger immer ein bisschen über seine Neuerungen auf Willow-Tree lustig gemacht hat, und jetzt darf er auf seine, Carpenters, Schafe aufpassen. Ha, wie entsetzt war der alte Johnson gewesen, als die ersten Schafe auf seine Rinderweiden gebracht wurden und vorige Woche musste er dann doch zugeben, dass sich die Schafzucht bereits in den ersten Monaten zu rentieren scheint.

      „Mein lieber James“, hatte Johnson gemurmelt, „mein lieber James, Du bist der weitaus bessere Geschäftsmann von uns beiden. Das hätte ich noch vor einem knappen Jahr niemals zugegeben, aber es ist so. Du hast Ideen wie ein junger Mann und du hast prima Leute, die aus diesen Ideen Gold machen.“

      Carpenter nimmt einen tiefen Zug aus seiner Zigarre und rollt den Rauch über die Zunge. „Das alles haben wir Dir zu verdanken, kleines Mädchen mit roten Haaren. Du musst einfach zurückkommen, nur mit Dir kriegen wir die Ranch gesund in das nächste Jahrhundert.“

      Er seufzt wieder, dann zwingt er sich und konzentriert sich auf seine Arbeit, die ihm in den letzten Monaten nicht so recht hat von der Hand gehen wollen.

      Das Telegramm von Sheriff Wrighling kam zwar spät, viel zu spät, aber es war echtes Gold wert. Obwohl nach so vielen Monaten die Spur eigentlich ziemlich abgekühlt sein müsste, war Carol so auffällig, dass sich fast jeder noch an die hübsche, werdende Mutter mit den unbeschreiblich roten Haaren erinnert.

      In nahezu jeder größeren Ortschaft hat sie die Menschen mit ihrem Klavierspiel betört und so wird die Suche dieses Mal für die beiden Cowboys zu einem Kinderspiel. Es ist die reinste Schnitzeljagd und wird am Ende endlich von dem ersehnten Erfolg gekrönt sein. Die Männer spüren es beinahe körperlich, dass sie einen Schatz finden werden und dass sie diesem Schatz rasch näher kommen.

      Schon etliche Meilen vor Plumquartpinie hören John und David von einer jungen Witwe mit roten Haaren, die eine wundervolle Pianistin ist und jeden Abend vor Publikum auftritt. Die Menschen reisen meilenweit und nehmen viele Strapazen auf sich, nur um die junge Frau zu hören.

      „Witwe“, knurrt Widefield, „ha, das sieht dem kleinen Luder ähnlich. Sehe ich schon so verstorben aus?“

      „He, pass gefälligst mit Deiner Wortwahl auf. Es könnte immerhin sein, dass Du von meiner Schwester sprichst. Ich hoffe es zumindest.“ Blacky stöhnt leise. „Hoffentlich ist sie tatsächlich so ein Genie am Klavier, nicht, dass wir wieder nur einem Phantom folgen, wie damals, als wir glaubten, sie sei Richtung Osten unterwegs.“

      Dann aber klärt sich Blackys Gesicht auf. „Unsere Mutter war hochmusikalisch und, wahrscheinlich ist Carol es auch.“ Er grinst. „Und um auf Deine Frage von vorhin zurückzukommen, Du siehst wirklich in letzter Zeit arg alt und mitgenommen aus.“ Plötzlich beginnt sich Blacky unbändig auf das Wiedersehen mit seiner kleinen Schwester zu freuen. Vor Aufregung klopft ihm sein Herz bis zum Hals.

      David kann über den kleinen Scherz seines Freundes nicht lachen, denn er hat sich in der Tat noch niemals so alt und verbraucht gefühlt, wie seit dem Tag, als Carol die Ranch mit seinem Baby unter dem Herzen verlassen hat und so brummt er: „Mach Du Dich nur lustig über arme, alte, von ihrem Jungbrunnen verlassene Männer mit echtem Liebeskummer.“

      Blacky strahlt ihn an. „Kopf hoch mein Freund, in Kürze kannst Du wieder in Deinen Jungbrunnen eintauchen, aber schlafen darfst Du mit der Kleinen erst wieder nach Eurer Hochzeit!“

      „Wenn sie mich jetzt überhaupt noch will“, seufzt David leise und John antwortet mit einem drohenden Unterton in seiner Stimme: „Die soll sich wagen, nicht zu wollen!“

      In dem kleinen Ort angekommen mieten sich die beiden Männer im einzigen Hotel der Stadt ein. Blacky steht am Fenster ihres gemeinsamen Zimmers und starrt auf die Straße, während sie darüber diskutieren, ob sie Carol sofort mit ihrer Anwesenheit überfallen wollen oder ob sie erst einige Erkundigungen einziehen sollen.

      Plötzlich schreit John auf. „David, da drüben ist sie!“

      Der so Angerufene stürzt ebenfalls ans Fenster und beobachtet mit brennenden, sehnsuchtsvollen Augen wie Carol, umringt von einer ganzen Meute lachender und fröhlicher Kinder, aus einem Gebäude kommt.

      „Mensch, das ist ja die Schule“, ruft Blacky erstaunt aus. „Die wird doch wohl nicht noch mal freiwillig die Schulbank drücken?“

      Carol überquert die Straße und betritt das Hotel.

      Ihr Bruder ist jetzt kaum noch zu halten und will sofort auf den Gang hinausstürzen, doch David hält John zurück. „Warte mal Jonny, lassen wir sie erst mal ihren Tagesablauf abspulen. Wer weiß, wie sie reagiert, wenn sie uns so plötzlich vor sich sieht. Vor lauter Schreck rennt sie uns womöglich gleich wieder davon. Und ich schwöre Dir, das überlebe ich nicht. Du kannst mir ehrlich glauben, ich würde nichts lieber tun, als sie sofort in meine Arme zu schließen, aber ich habe Angst vor Carols Fehlreaktion. Sie hatte es sich aus ihren krausen Gedanken heraus in den Kopf gesetzt, Ebony Town zu verlassen und ist bestimmt immer noch nicht so ohne weiteres bereit, diesen Plan aufzugeben.“

      John nickt einsichtig. „Du hast recht. Carol ist ein sturer Dickkopf, das liegt leider in der Familie Blake. – Also doch erst Erkundigungen einziehen.“

      Ununterbrochen beobachten die Neuankömmlinge den Hoteleingang und sehen wenig später, wie Carol in einem anderen Kleid das Haus wieder verlässt.

      „Du meine Güte, sie trägt Kleider. Das ist schon das zweite Modell, das wir heute an ihr sehen. Das Kind hat richtig Figur bekommen“, murmelt David tonlos.

      Trocken entgegnet John: „Na, eine Hose bekommt sie wohl auch nicht mehr an. Hast Du das Tönnchen nicht gesehen, das sie vor sich herschleppt? Wie kannst Du das als Figur bezeichnen?“

      Mit glühenden Augen starrt der Indian dem enteilenden Persönchen nach. „Sie ist wunderschön, noch viel schöner, als ich sie in Erinnerung habe.“ Dem Mann zieht sich das Herz zusammen. Er möchte am liebsten sofort zu dem geliebten Wesen stürzen, es in die Arme reißen und dann niemals wieder loslassen.

      Der Mann schließt die Augen und stellt sich vor, ihren Bauch zu streicheln, ihren Bauch mit seinen Baby darin.

      Jäh wird er in die Wirklichkeit zurückgeholt, als John ihn anstößt und fragt: „Was machen wir jetzt, Boss? Sollen wir ihr nachgehen? Nicht, dass sie einen neuen Freund hat und wir hier erst noch Besitzverhältnisse klären müssen.“

      David zuckt zusammen, denn so ganz von der Hand zu weisen ist diese Möglichkeit nicht. Carol sieht begehrenswerter aus, als jemals zuvor.

      „Pff“, er bläst die Backen auf. „Den Kerl würde ich umbringen. Ich brauche keine Besitzverhältnisse zu klären! Die Frau gehört mir und es soll sich keiner wagen, sie auch nur anzurühren.“

      Der dunkelhaarige Mann holt tief Luft. „Ich denke, wir machen das, was Du eben vorgeschlagen hat und ziehen zunächst ein paar Erkundigungen über sie ein. Mal sehen, was der kleine Feger hier so alles treibt und welche Ammenmärchen sie den armen Leuten noch so über meine verstorbene Person erzählt hat.“

      John grinst und nickt. Er ist mit allem einverstanden, denn er hat so lange auf diesen Moment gewartet, da kommt es auf ein paar Stunden, die entscheidend für Carols Reaktion sein können, auch nicht mehr an. „Na schön, also, los geht’s!“

      Bei verschiedenen Geschäftsleuten fragen sie vorsichtig nach der hübschen rothaarigen Frau, die sie eben auf der Straße gesehen hätten.

      Der Inhaber des Tabakgeschäfts schnalzt mit der Zunge und gibt bereitwillig Auskunft. „Sie meinen sicherlich Mrs. Blake. Ein appetitliches Häppchen, aber ich kann Sie nur warnen, meine Herren. Die junge Dame ist zwar eine Augenweide, aber sie hat Haare auf den Zähnen.“ Er grinst noch breiter. „Sie ist die tollste Frau, die jemals hier in Plumquartpinie aufgetaucht ist, aber vollkommen immun gegen jede Art der männlichen Annäherung. Schon der kleinste Versuch

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