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welches aber so etwas wie Carols Hymne zu sein scheint, denn es wird von allen anderen Anwesenden lauthals mitgesungen. „A little witch with red hair, people tell I am and with the devil in love. It never was true and it never will be, but no one want it to see. They ever dammed me and all that I see, is a big, big hating me.”

      Die junge Frau lehnt die Gitarre dekorativ wieder an den Barhocker an, tritt lächelnd an den Rand der Bühne, verbeugt sich artig, wartet noch ein wenig Applaus ab, verbeugt sich erneut, wirft zwei Kusshände in den Raum und verlässt, noch immer mit einem strahlenden Lächeln auf dem Gesicht, die Bühne.

      Dieses strahlende Lächeln fällt sofort von ihr ab, als sie von dem Saal aus nicht mehr zu sehen ist und weicht einem gequälten, schmerzverzerrten Ausdruck.

      Müde taumelt sie auf eine ältere Frau zu und murmelt unter Tränen mit erstickter Stimme: „Oh, Charlotte, ich habe so wahnsinnige Schmerzen. Ich halte es kaum noch aus. Ich glaube, ich muss sterben. Ich kann nicht mehr!“ Das junge Ding krümmt sich, wie unter Krämpfen und umklammert ihren dicken Bauch.

      Charlotte Wolters, sie ist die Gattin des Hoteliers und mittlerweile schon lange Carols mütterliche Freundin, hat einen ganz entsetzlichen Verdacht, als sie das Mädchen sieht. Rasch bringt sie die Kleine, die sich vor Schmerzen kaum noch auf den Beinen halten kann, in ihr Zimmer und hilft ihr beim Ablegen der Kleidung und der Korsage. „Wenn Du den Panzer ausgezogen hast, geht es Dir bestimmt gleich wieder besser. Dann bekommst Du endlich wieder etwas Luft.“

      Carol laufen die Tränen über das Gesicht und sie murmelt: „Es reißt so fürchterlich und alles brennt. Außerdem habe ich das Gefühl, als krampfen sich ab und zu alle Muskeln in mir zusammen.“

      Mrs. Wolters beißt die Zähne aufeinander. Sie hat mit den Mädchen aus ihrem Saloon mehr als eine Geburt durchgestanden und weiß daher, was die Krämpfe zu bedeuten haben. Sie ergreift Carols Nachthemd und streift es dem Kind über, danach ist sie ihr behilflich, sich auf das breite Bett zu legen.

      Vorsichtig tastet sie Carols Bauch ab, wobei diese vor Schmerzen laut aufschreit und sich wieder zusammenkrümmt. Die ältere Frau zieht der nun völlig willenlosen Schwangeren die Unterhose aus und erstarrt. Hektisch deckt sie das Mädchen zu und murmelt: „Bleibe ganz ruhig liegen, mein Kind. Ich hole den Doktor, der tut etwas gegen Deine Schmerzen.“

      Die beiden Cowboys aus Wyoming haben sich mühsam zu Carols Zimmer durchgefragt. Niemand wollte ihnen richtig sagen, wo sie die junge Frau finden können und nun sind sie gerade im Begriff, anzuklopfen. John hat schon die Hand gehoben, als Charlotte aus dem Zimmer gestürzt kommt und die beiden fast umrennt.

      Kühl mustert sie die beiden ausgesprochen gut aussehenden Männer und knurrt: „Die Lady mag keinen Herrenbesuch. Außerdem darf im Moment sowieso niemand Mrs. Blake besuchen. Es geht ihr sehr schlecht. Die Wehen haben eingesetzt und das ist gar nicht gut, denn sie ist mindestens sechs Wochen zu früh dran. Es ist eine Katastrophe. Ich befürchte Schlimmstes für Mutter und Kind. Es ist ein richtiges Unglück!“

      Sie will sich an den Männern vorbeidrücken, um weiter zu hetzen, da nageln Davids Worte sie fest. „Aber Miss Blake ist meine Braut und es ist mein Baby, von dem Sie sprechen!“

      „Das ist mir im Augenblick völlig gleichgültig und wenn Sie der Kaiser von China wären!“ Charlotte, die Blacky am Arm gepackt hat, um ihn beiseite zu schieben, bleibt urplötzlich abrupt, wie fest verwurzelt, stehen und erstarrt, als sie den Sinn der Worte erfasst.

      „Sie kennen das Kind? – Sie ist ihre Was?“ Die Dame schaltet in Stresssituationen offensichtlich etwas langsam und schluckt, um das Gehörte im Kopf zu sortieren. „Ähem, ja, nee, ich weiß nicht, ich glaube, wir müssen da später noch irgendetwas klären. – Aber jetzt muss ich mich zu allererst um Mrs. Blake kümmern, damit sie mir nicht unter den Händen wegstirbt. Gehen Sie einstweilen zurück in den Saloon. Oder wohnen Sie hier im Hotel?“

      Blacky, der leichenblass geworden ist, kann nur erschüttert nicken, während David die Frau Wort- und Gestenlos anstarrt.

      „Gut“, die Dame des Hauses hat sich wieder gefangen. „Sie gehen dann am besten auf ihr Zimmer und ich hole Sie später. Ich fürchte nämlich, wenn auch nur ein Bruchteil von dem, was sie mir eben an den Kopf geworfen und was ich davon verstanden habe, stimmt und Sie da jetzt reingehen“, sie nickt in Richtung Zimmertür, „dann machen Sie alles nur noch viel komplizierter, als es eh schon ist.“

      Sie schüttelt verwirrt den Kopf. „Irgendwas stimmt hier nicht. Irgendetwas stimmt hier ganz und gar nicht!“, sie schluckt, „Ich muss erst mir Ihnen beiden alleine reden, bevor ich Sie zu der Kleinen lassen kann. Erst wenn ich alles verstanden habe, was hier vor sich geht, dürfen Sie vielleicht zu ihr und wenn der Doktor es erlaubt. – Himmel, der Doktor, der sollte längst hier sein. Welche Zimmernummer haben Sie?“

      „Wir haben die Nummer Acht!“, flüstert John heiser und möchte noch etwas hinzusetzen, doch die Frau hat es wieder furchtbar eilig. „Okay, dann also bis später!“

      Mit diesen Worten rennt sie los, ohne die beiden Männer auch nur noch eines Blickes zu würdigen.

      Unentschlossen blicken John und David auf die Tür hinter der sie das geliebte Mädchen wissen.

      „Carol braucht uns!“, entschließt sich David und legt die Hand auf die Klinke. Doch dieses eine Mal ist es John, welcher der Vernünftigere ist und ihn zurückhält. „Vielleicht hat die Frau recht. Es kann doch sein, dass sich unser Vögelchen mehr als nötig aufregt, wenn sie uns so plötzlich und unerwartet vor sich sieht. Außerdem, ich habe Angst vor dem, was in dem Zimmer gerade vor sich geht. Ehrlich, die Frau hat schlimm besorgt ausgesehen. Lass uns abwarten, bis der Doktor bei ihr war.“ Leise setzt er noch hinzu: „Auch wenn es mich zerreißt, weil ich unbedingt zu ihr möchte.“

      Schweren Herzens lässt David die Hand sinken und nickt: „Du hast sicherlich recht, John. Wir dürfen sie in dieser Situation nicht noch mehr aufregen, als sie es sicherlich schon ist. Es ist hart, sie so nah zu wissen und nicht zu ihr zu können.“

      Die Männer gehen auf ihr Zimmer und nun folgen mehr als drei Stunden bangen Wartens, in denen keiner der beiden auch nur ein einziges Wort spricht. Jeder hängt seinen eigenen Gedanken nach. David denkt an seine erste Begegnung mit dem Mädchen auf der Nordweide, an den flüchtigen Kussversuch im Stall und an ihre erste gemeinsame Nacht, in der dieses Unglück seinen Anfang genommen hat.

      John hingegen sieht seine Schwester vor sich, wie sie als Baby auf ihren kleinen dicken Beinchen auf der elterlichen Farm immer hinter ihm her gewackelt ist und er hört ihr Stimmchen piepsen: „Donny, nimm Carol mit.“ Er denkt an ihre großen, erschrockenen Augen, als er sich mit ihrem Vater gestritten hat, wie sie vor Aufregung das Däumchen in den Mund geschoben hat und dann anfing, dicke Tränen zu weinen. Ihm fällt das Bild ein, welches er lange mit sich herumgetragen hat und welches er nie richtig vergessen konnte. Es steht ihm so deutlich vor Augen, als stünde er in Pennsylvanien am Zaun zur Farm seiner Eltern und betrachte die Szene. Er sieht sich, wie er das gemeinsame Zuhause verlassen hat. Er sieht sie, wie sie weinend hinter ihm hergelaufen ist, tapfer das verletzte Beinchen benutzend und wie sie ihre Ärmchen nach ihm ausgestreckt hatte und er hört ihr Stimmchen immer wieder rufen: „Donny Carol mitnehmen!“ Sie war ein so niedliches Kind und die Trennung von der Kleinen ist ihm damals fast mit am schwersten gefallen.

      Endlich klopft es an der Tür mit der Nummer Acht und Mrs. Wolters kommt müde herein, stellt eine Flasche Brandy und drei Gläser auf den Tisch und lässt sich ächzend auf einen Stuhl fallen.

      Aufseufzend füllt sie die Gläser fast bis zum Rand und murmelt: „Das geht aufs Haus!“, dann kippt sie den Inhalt ihres Glases in einem Zug hinunter.

      Auch die Männer können nach der Anspannung einen Drink gebrauchen und tun es der Frau gleich, obwohl sie darauf brennen, endlich zu erfahren, wie der Sachstand lautet.

      Charlotte stöhnt und schlägt beide Hände vor ihr Gesicht. „Puh, wir haben getan, was wir konnten, aber leider war das Baby noch nicht lebensfähig, es konnte noch nicht alleine atmen. Es ist leider tot. Tut mir schrecklich leid.“ Die Frau blickt voller Mitgefühl David an,

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