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Berauscht von ihrem Erfolg rotteten sich die Krieger zusammen und liefen los. Varkan blieb zurück und niemand kümmerte sich. Wer im Labyrinth zurückblieb war selbst schuld. Aber da lagen noch die sechs Dämonenkrallen für den Hauptmann, die Varkan schnell aufklaubte und sich hastig in den Gürtelbeutel stopfte und ein kleiner Hautlappen mit hübschen Schuppen und im Sand, fast unter dem Drachenkopf, gloste in einem tiefen, satten Rotton das Auge des Feuerdämons, das er herausgebrochen hatte. Vorsichtig packte Varkan es mit einem Reststück Dämonenhaut. Es war heiß wie ein Stück Kohle. Varkan rollte das Auge in die die Hitze isolierende Dämonenhaut und steckte das Päckchen in seine Gürteltasche. Selbst dort und durch die Dämonenhaut hindurch spürte er noch seine Hitze. Dann schnappte er sich den verbrannten Speer und rannte seiner Gruppe nach.

      „Neue Waffen holen!“, hörte er eben noch und war erleichtert. Wenn sie neue Waffen holen mussten, kamen sie erst mal heraus aus dem Herz des Labyrinthes.

      Offenbar hatte sie ihr Hauptmann aus den übelsten Kämpfen herausmanövriert. Sie kamen nun an Leichen von Dämonenschlächtern vorbei und an verdrehten Kadavern ganzer Horden von Dämonen. Das Wimmern der Verletzten erfüllte das Labyrinth.

      „Geh schneller!“ Fauchte Varkan einer der altgedienten Kämpen an und packte ihn am Arm. „Das ist nur noch Dämonenfutter!“ Varkan ließ sich von ihm durch den Alptraum ziehen.

      Ein Krieger robbte mit weggebissenen Beinen auf sie zu.

      „Helft mir raus!“, flehte er.

      „Schneller, Junge!“ Der Griff des Älteren um Varkans Arm tat so weh, dass er nicht mal ans Widertreben denken konnte.

      „Wasser!“, wimmerte ein Krieger, dessen Eingeweide in stinkenden Fetzen aus seinem Bauch hingen.

      „Tötet mich!“, hauchte ein anderer und Varkans Führer tat ihm schnell und beiläufig den Gefallen.

      „Gebt mir wenigstens eine Waffe ab!“, keuchte es plötzlich aus einer Nische in der Mauer neben Varkans Ohr.

      Shikans Stimme.

      Varkan fuhr herum.

      Shikan hatte sich mit dem Rücken in die Nische gedrückt und er führte nur noch einen zerbrochenen Speer. Seine Augen funkelten wild und seine rechte Seite war voller rotem Blut. „Wenigstens eine Waffe! Heb mir eine auf! Varkan, bitte!“ Varkan dachte blitzschnell nach. Es lagen genug Waffen herum, doch der Griff seines Führers wurde schon wieder fester. Wahrscheinlich hoffte Shikan, in die Nische gepresst bis zum Morgen zu überleben. Manchmal hatte man Glück. Wenn man nicht gerade eins der leichtesten Opfer darstellte. Alleine zurück zu hinken bis zur Schleuse konnte Shikan jedenfalls vergessen. Bevor Varkan sich entscheiden konnte, riss sein selbsternannter guter Onkel ihn fort. Reflexhaft ließ Varkan seinen halben Speer fallen, packte dafür den anderen jungen Krieger am Hemd und riss ihn aus der Nische. Während Shikan protestierend und voll Angst aufschrie, zog er ihn an sich, legte ihm fest den Arm um die Taille und riss ihn ohne Rücksicht auf die Wunden mit fort. Der Veteran beschimpfte ihn, Shikan heulte vor Schmerz und kämpfte gegen seinen Griff, aber immerhin lief er auch. Die Kameraden nahmen sie nach missbilligendem Zischen und wütenden Blicken in ihre Mitte und formten einen Keil, der sich aggressiv einen Weg durch all die kleineren Dämonen bahnte, die sich vor der Schleuse herumtrieben und nach Leichen oder halbtoten Kriegern schnüffelten.

      Den Kämpfern wurde geöffnet, als sie die kleine Brut vertrieben hatten, die floh, als die kleinen Dämonen sahen, dass die verwandten Kreaturen starben und so brauchten sie nur wenige schlachten, um alle zu verjagen.

      Varkan zerrte Shikan durch das Tor und ließ ihn neben einem Waffengestell fallen. Sie keuchten alle auf, als die Schleuse sich rumpelnd schloss und rissen neue Speere an sich, tauschten Säbel aus oder korkten die Trinkflaschen auf, die hier bereit standen, um gierig zu trinken. Über ihnen auf der Mauer wachte hochaufgerichtet ihr Hauptmann.

      „Warum hast du das getan?“, keuchte Shikan, der neben dem Waffengestell an der Wand lehnte, schwach wie ein Sterbender. Varkan zuckte nur die Schultern, warf dem Verletzten die Wasserflasche in den Schoß, die er fast geleert hatte und nestelte zwei der Drachenkrallen aus seinem Beutel.

      „Bring die für mich raus!“, flüsterte er und gesellte sich dann wieder zu den Kameraden, die bereits vor dem Tor vor mit den Füßen scharrten. Pause in Sicherheit brachte nur das Feigste im Krieger hervor, sagte man und so wurde ihnen die Schleuse hurtig wieder geöffnet und sie betraten das Labyrinth aufs Neue.

       Ende eines Kriegers

      Shikan ahnte, dass sich das Glück seiner ersten gravierenden Verletzung im Labyrinth in dieser Nacht nicht wiederholen würde, während er nun zu den Sternen aufsah.

      Kein Varkan würde auftauchen und ihn in die Sicherheit seiner Kampftruppe ziehen, um ihn in die Schleuse zu bringen.

      Ihr Hauptmann hatte sie in dieser Nacht viel zu weit hinaus geführt ins Labyrinth, ehrgeizig weit über die Grenze des Areals hinaus, in der die meisten nächtlichen Kämpfe stattfanden.

      Man konnte nur sagen, dass er dafür gerechterweise ebenso wie die meisten Krieger der Gruppe mit dem Leben bezahlt hatte. Ein Ledernacken hatte ihn von der Labyrinthmauer geklopft, indem er die Mauer mit den Fäusten zerstört hatte und ihr Hauptmann war ihm genau in die Pranken gefallen. Der Ledernacken hatte ihm verbissen wiechselnd und drehend den Kopf abgerissen, während sie ihn abschlachteten. Nun lag der Kopf des Hauptmannes neben dem Kadaver des Dämons und starrte blicklos zu den Sternen auf.

      „Shikan, schaffst du es auf die Mauer?“, flüsterte einer der anderen Krieger.

      „Nein. Mein Bein…“ Weiter konnte Shikan nicht sprechen, denn kleine Dämonen wieselten heran. Sie rochen die Hilflosigkeit der Verletzten und fielen über die Verwundeten her. Shikan half dem Krieger, der gefragt hatte in seine Nische. Zusammen füllten sie die Lücke in der Mauer vollkommen mit ihren Körpern aus und streckten die Speere und Säbel nach vorn, während die kleine Dämonenbrut ihre Kameraden zerfleischte.

      „Durchhalten!“, murmelte Shikan. Sein Kamerad lachte hysterisch auf.

      „Bis zum Morgen?“

      „Wenn es sein muss?“ Shikan versetzte einem kleinen Ledernacken einen Stich mit dem Säbel und er trollte sich rumpelnd und zornig um sich dreschend. „Durchhalten“, wiederholte Shikan. Und dann: „Und Maul halten. Mach sie nicht auf uns aufmerksam.“

      „Und wenn ein großer kommt? Ein großer schuppiger Würger oder ein Feuerdämon, oder…“

      „Wenn du nicht das Maul hältst, schubse ich dich aus der Nische“, erwiderte Shikan eisig.

      „Aber…!“ Er japste, als Shikan mit dem Knauf seines Säbelgriffes in seine Rippen stieß.

      „Maul halten!“

      In dieser Nacht kam kein großer Dämon an dem abgelegenen Kampfplatz vorbei. Den kleinen Dämonen reichten die gefallenen Kameraden oder die toten Dämonen als Futter. Sie nahmen hier einen Haps und da einen Brocken, während sie durchzogen und entschieden, dass die Menschen in der Mauernische noch zu wehrhaft waren, um ein gefundenes Fressen zu sein.

      Die Hörner der Labyrinthwachen kündigten das Ende der Nacht an. Als die Dunkelheit zur Dämmerung wurde, die sich quälend langsam auflöste, war Shikan den Tränen nahe. Warum wagte sich nicht jetzt wenigstens ein Hilfstrupp zu ihnen? Warum rettete man sie nicht!

      Er sehnte sich nach den groben Händen, die ihn nach jener ersten schweren Verletzung verbunden und weggetragen hatten. Seine Seele fühlte sich zum zerbersten gespannt an, weil da niemand war, den es kümmerte, ob er lebte oder starb, obwohl Lichtfinger durch das Labyrinth wanderten und es sicher war!

      „Es ist ein guter Zeitpunkt, um die Nerven zu verlieren, aber es ist nicht mannhaft“, neckte ihn sein Kamerad und löste sich aus der Nische. Lächelnd brachte er sich in Position und verpasste Shikan eine schallende Ohrfeige. „Das ist für dein herrisches Gestoße mit dem Säbel, die ganze Nacht über. Bei den Dämonen, ich glaube, du hast mir eine Rippe gebrochen!“, knurrte er.

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