ТОП просматриваемых книг сайта:
Traum oder wahres Leben. Joachim R. Steudel
Читать онлайн.Название Traum oder wahres Leben
Год выпуска 0
isbn 9783738074062
Автор произведения Joachim R. Steudel
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
›Sanada Masanori möchte wissen ob du bereit bist, für die Schmach, die du ihm angetan hast, einzustehen?‹
›Ja, das bin ich!‹, mein Dolmetscher übersetzte alles laut und deutlich, damit es jeder der Anwesenden verstehen konnte.
›Dann wird er dich jetzt auf dem Kampffeld in der Mitte des Hofes erwarten. Du sollst deine Rüstung anlegen und mit deinem Schwert dort erscheinen.‹
Ich verbeugte mich vor dem Metsuke, deutete auf meine Shaolin-Kleidung und sagte:
›Ich werde keine Rüstung anlegen, denn ich bin es gewohnt, in dieser Kleidung zu kämpfen.‹
Alle außer denen, die es schon wussten, sahen mich an, als hätte ich den Verstand verloren. Doch Masanori brachte es auf den Punkt.
›Willst du mich beleidigen, oder bist du einfach nur lebensmüde?‹
Bei diesen Worten machte er ein mehr als wütendes Gesicht.
›Weder das eine noch das andere. Ich komme aus einem anderen Land, bin es nicht gewohnt, in einer solchen Rüstung zu kämpfen, und habe auch kein Tachi. Meine Waffe ist ein einfaches chinesisches Schwert, und ich habe bisher immer ohne Rüstung gekämpft. Von einer Beleidigung kann also keine Rede sein, da es meine traditionelle Kleidung ist, und ob ich lebensmüde bin, mag der Kampf entscheiden.‹
Sanada Masanori machte eine wegwerfende Handbewegung, ging in die Mitte des Hofes und schnaubte einige mürrische Worte vor sich hin.
›Das ist keine Ehre für mich‹, übersetzte Shigenaga, doch ich hatte den Eindruck, dass es nicht alles war, was der Metsuke gesagt hatte.
Mein chinesisches Schwert wurde mir gebracht, und ich folgte meinem Gegner. Bei diesen Schritten ließ ich mich vollkommen fallen und übergab alles an mein Chi. Das Schwert in meiner Hand wurde eins mit meinem Körper. Die Umgebungsgeräusche reduzierten sich auf das Wesentliche, und alles um mich herum wurde von meinem Chi präzise ausgewertet. Jede Bewegung eines Schattens, jeder Lufthauch, durch eine Bewegung verursacht, wurde gewertet und alles ausgeblendet, was nicht unmittelbar wichtig war für meinen Kampf.
Ich stand vor Masanori, verneigte mich leicht und nahm eine vollkommen entspannte Haltung ein. Der Metsuke antwortete seinerseits mit einem leichten Nicken und begann mich fixierend zu umkreisen. Wie ich es schon bei meinem nächtlichen Training mit Katakura Shigenaga erlebt hatte, wechselte auch er ständig die Schwertposition. Nach wenigen Sekunden hätte ich die Augen schließen können, denn seine Gedanken waren so stark auf seine Schwertführung konzentriert, dass ich jede Positionsänderung schon vor der Ausführung wahrnahm. Ich passte meine Bewegungen den seinen an, was ihn sichtlich irritierte. Aus diesem Grunde dauerte es eine ganze Weile, bis er seinen ersten Angriff startete.
Er täuschte einen Positionswechsel des Schwertes von rechts nach links an. Doch als er mit seinem Tachi nur ein klein wenig am Kopf vorbei war holte er Schwung und zielte mit einer ziehenden, schneidenden Bewegung auf meinen rechten Oberarm. Mein Vorteil war, dass ich in seinen Gedanken schon gesehen hatte, was er beabsichtigte. Im selben Moment, wie sein Angriff begann, erfolgten meine Ausweichbewegung und sogleich auch mein Gegenangriff. Mit einer Rechtsdrehung um meine Achse und drei kurzen Schritten verhinderte ich, dass er effektiv darauf reagieren konnte. Dann nutzte ich die Blöße, die er sich durch die erhobenen Arme gegeben hatte. Ein schneller Schnitt und sein Obi war durchtrennt.
Als wirklich guter Schwertkämpfer reagierte er sofort auf meine Bewegung. Da er wegen des Überraschungseffektes nur wenig Schwung holen konnte, gelang es ihm, dem Tachi eine neue Richtung zu geben. Um nicht doch noch getroffen zu werden, musste ich den Schwung meiner Drehung nutzen. Der Abwärtsbewegung, die ich machte, um den Gürtel zu durchtrennen, folgte ich mit meinem ganzen Oberkörper. Als mein Gesicht und die Hände nur wenige Zentimeter über dem Boden waren, schwang sein Tachi über meinen Rücken und hinterließ einen Schnitt in meinem Obergewand. Ich stand nur auf dem rechten Bein, holte mit dem linken Schwung und wirbelte mich durch die gesammelte Energie aus Drehung und Beinschwung in einen sicheren Stand außerhalb seiner Reichweite. Aber das wäre gar nicht notwendig gewesen, denn er war auf Grund des durchtrennten Obi in seinen Bewegungen eingeschränkt.
Wie mir Shigenaga erklärt hatte, verlagerte ein gut gebundener Obi einen Teil der Rüstungslast auf die Hüften, während bei ihm jetzt die ganze Last auf den Schultern lag. Die konnte er nach diesem Gegenangriff nicht mehr so gut heben und die Oberarme auch nicht mehr effektiv drehen. Er war mit seinem Schwertstreich meiner Drehung gefolgt und bemühte sich wieder um einen sicheren Stand. Sein Tachi hatte er erneut in Angriffsposition erhoben, und seine Augen funkelten mich wütend an.
Das Ganze hatte nur wenige Augenblicke gedauert. Ein kaum wahrnehmbares Raunen war zu hören gewesen, doch ich konnte keinen Blick zur Seite wagen, denn schon umkreiste er mich wieder, und nur kurze Zeit später erfolgte der nächste Angriff. Er schwang sein Schwert von rechts nach links, wieder in einer ziehenden, schneidenden Bewegung. Doch auch diesmal gelang es mir, gleichzeitig mit seiner Attacke meine Ausweichbewegung zu starten. Glücklicherweise hatte ich durch meine guten Lehrmeister in Shaolin meine Beweglichkeit so verbessert, dass es mir möglich war, meinen Oberkörper nach hinten fast in die Waagerechte zu drücken. In dieser Position führte ich eine leicht drehende Bewegung aus, zog dabei das Schwert über meinen Bauch hinweg und führte es dann ziehend nach oben. Ich war seinen Händen gefolgt und hatte das Befestigungsband, das nur wenige Zentimeter oberhalb des Handgelenks den Hand- und Unterarmschutz am rechten Arm hielt, durchtrennt. Anschließend schwang ich den Oberkörper wieder nach oben, nahm eine Abwehrhaltung ein und schaute meinem Gegner in die Augen.
In seinen zornigen Blick mischte sich langsam achtungsvolles Staunen. Ohne in seiner Aufmerksamkeit nachzulassen, schaute er auf sein rechtes Handgelenk. Sobald er seinen Arm seitlich oder mit dem Handrücken nach unten hielt, rutschte der Hand- und Unterarmschutz weg, da er nur noch unterhalb des Ellenbogens gehalten wurde. Das Handgelenk war in diesem Augenblick ungeschützt und die Bewegungsfreiheit behindert. Schnell kamen seine nächsten Angriffe. Bei einem trug ich eine kleine Schnittwunde am Unterarm davon, bei anderen wurde meine Kleidung wieder in Mitleidenschaft gezogen. Doch fast jedes Mal konnte ich einen Gegenangriff ausführen, und nach einiger Zeit stand er in einer Rüstung vor mir, die ihn mehr behinderte als schützte. Der linke Schienbein-