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ohne eine Regung zu zeigen weiterhin über den Bug des Bootes hinaus auf die weite See.

      »Es geht dabei nicht um den Verrat von Geheimnissen, welche die nationale Sicherheit der USA betreffen könnten«, erklärte Jules den beiden nun, »es geht einzig darum, Beweise für illegale und verfassungswidrige Tätigkeiten sicherzustellen und dabei die Verbindungen der amerikanischen Regierung und ihren Behörden zur Unterwelt und möglicherweise zu Terror-Organisationen aufzuzeigen.«

      »Und was bezweckt diese Interessengruppe damit?«, fragte Toni mit einem Seitenblick auf Jules.

      »Sie will sich mit einer Veröffentlichung der Beweise für den Angriff auf das Bankkundengeheimnis in der Schweiz rächen.«

      »Eine Retourkutsche? Und da machst du mit, Jules?«

      Der Missmut war in der Stimme Toni Scapias nicht zu überhören.

      »Es ist nicht bloß eine Retourkutsche, Toni. Es geht auch nicht gegen das amerikanische Volk, das ich für seinen Mut, sein Streben nach Freiheit und dem persönlichen Glück noch immer sehr bewundere. Es geht einzig und allein gegen den Missbrauch von Macht, gegen die Feinde des wirklichen amerikanischen Geistes, gegen all jene, die eure Verfassung seit vielen Jahren mit Füßen treten und die parlamentarische Aufsicht bewusst umgehen. Die wirklichen Feinde der USA sind mein Ziel. Nur aus diesem Grund habe ich den Auftrag angenommen. Denn die Behörden der größten und mächtigsten Nation der Welt dürfen sich nicht länger außerhalb aller demokratischer Kontrollen bewegen und willkürlich Gesetze brechen.«

      Toni dachte über die Worte seines Freundes aus der Schweiz nach. Dann gab er sich einen Ruck.

      »Also gut, Jules. Du weißt, dass ich dich und deine Meinung schon immer hochgeschätzt habe. Aus diesem Grund vertraue ich dir auch in dieser Sache. Fahr bitte weiter.«

      Mit einem kurzen Seitenblick auf Henry versicherte sich Jules auch dessen Zustimmung. Der Brite wirkte angespannt, ähnlich einem Jagdhund, der genau spürte, dass er bald von der Leine gelassen wurde und sich auf die Hatz eines Wildes freute.

      »Von der Interessengruppe in der Schweiz habe ich als Basismaterial für unsere Untersuchungen die Daten zu einigen hundert dubiosen Geldzahlungen erhalten. Es sind Überweisungen von amerikanischen Unternehmen an ausländische Firmen, deren Höhe stutzig machen und deren mögliche Hintergründe sehr vage sind. Wenn, wie in einem Fall, eine unbekannte Briefkastenfirma in Delaware 750’000 Dollar an eine kleine Spenglerei auf Antigua überweist, dann ist dies schon recht seltsam, vor allem, wenn man weiß, dass die Spenglerei in Wahrheit in einem Einfamilienhaus am Stadtrand von Saint John’s firmiert ist und über keinerlei Werkstatt verfügt.«

      »Du sprichst von Geldwäscherei?«, warf Henry nun ein.

      »Möglicherweise. Vielleicht steckt aber auch mehr dahinter. Denn die Post dieser Briefkastenfirma in Delaware wird an eine Adresse in New York weitergeleitet, an eine zwei Zimmer Wohnung in SoHo. Im selben Haus wohnt zufälligerweise ein Mitarbeiter des CIA, früher ein hochrangiger Agent im Außendienst.«

      Toni und Henry blickten Jules fragend an, der in ihrer Mitte stand.

      »Und was sollen wir da noch zusätzlich herausfinden? Wer die Briefkästen in New York und Saint John’s leert, oder was?«

      Jules schüttelte den Kopf.

      »Ich will herausfinden, wie oft und zu welchen Zwecken diese Zahlungen fließen, woher sie kommen und wer ihr endgültiger Empfänger ist. Und ich will dazu stichhaltige Beweise sammeln, Dokumente mit Unterschriften, welche die Federführung der US-Behörden eindeutig machen. Der Welt soll bewiesen werden, wie wenig sich die Geheimdienste der USA an Recht und Gesetz halten und wie sehr ihr Tun von der Administration in Washington nicht nur gedeckt, sondern unterstützt wird.«

      Henry bewies mit drei kurzen Fragen, wie genau er verstanden hatte.

      »Wie willst du vorgehen? Wie sieht deine Terminplanung aus? Und wie steht es mit den Finanzen?«

      Jules Lederer musste über die militärisch knappe Aufzählung der Problemkreise lächeln. Er hatte nichts anderes vom Briten erwartet.

      »Wir sollten am Anfang zweigleisig vorgehen. Dabei ist das Aufdecken des Netzwerks an Briefkastenfirmen in den USA und in der Karibik ein vordringliches Ziel. Denn vor allem darüber dürften illegale Gelder gewaschen und an die wirklichen Empfänger weitergeleitet werden. Und wir müssen den Ursprung des Geldes feststellen, auch in welcher Höhe und auf welchen Wegen sie den Behörden der USA zugeleitet werden. Irgendwo werden sich die Geldströme dabei treffen und so eine beweisbare Verbindung herstellen. Vielleicht können wir hinterher auch der tatsächlichen Verwendung der Gelder nachspüren und auf diese Weise Verbindungen zu Terrorakten oder Bürgerkriegen aufdecken.«

      »Denkst du bei der Mittelbeschaffung vielleicht an Mexiko und ihrem seit Jahren tobenden Drogenkrieg, an dem auch die US-Industrie mit jährlichen Waffenlieferungen in Milliardenhöhe mitverdient?«, die Stimme von Toni drückte echte Besorgnis aus, »über die Entwicklung an der Südgrenze der USA mache ich mir, aber auch einige meiner Freunde schon seit längerer Zeit unsere Gedanken. Die Drogenkartelle in Mexiko haben längst jeden Skrupel abgelegt, bekämpfen mittlerweile die Staatsorgane völlig offen, scheinen sich mächtig genug zu fühlen, um selbst die mexikanische Regierung unter Druck zu setzen.«

      »Ja, der Drogenschmuggel aus Mexiko ist mit Sicherheit eine der wichtigen Geldquellen in diesem dreckigen Spiel«, stimmte Jules seinem Freund sofort zu, »denn ohne Unterstützung der amerikanischen Behörden wären die riesigen Mengen an Drogen kaum über die Grenze in die USA zu schaffen. Und diese Hilfe dürften sich die Geheimdienste von den mexikanischen Drogenbossen fürstlich bezahlen lassen. Denn wenn saudi-arabische Terroristen in irgendwelchen Berghöhlen in Afghanistan von den US-Geheimdiensten aufgespürt werden können, dann müssten sie doch mit Leichtigkeit hier, direkt an ihrer Grenze, das Böse erwischen können, wenn sie nur wollten. Eventuell könnten wir zusätzlich auch noch in Kolumbien, Ecuador oder Venezuela Ansatzpunkte für die illegale Tätigkeit der US-Geheimdienste finden?«

      »Und wer soll welches Aufgabengebiet übernehmen?«

      Huxleys Gesicht verriet eine innere Erregung. Unter der kühlen und geschäftsmäßig wirkenden Oberfläche war seine Abenteuerlust erwacht. Es gab neue Geheimnisse, man wollte sie gemeinsam aufdecken, dafür benötigte man brauchbare Pläne.

      »Ich möchte dich bitten, Henry, in Mexiko tätig zu werden. Du hast mir mal erzählt, dass du früher in diesem Land einige Zeit gearbeitet hast. Du könntest einen Weg finden, um an die Daten der Drogenbosse zu gelangen, an Informationen über Bestechungen von Behörden zum Beispiel oder dem Geldfluss. Vielleicht musst du dazu ein eigenes Team aufstellen oder gar Bandenmitglieder vor Ort kaufen, falls möglich. Denk dir etwas in diese Richtung aus.«

      Huxley nickte zu den Worten von Lederer, so als wenn der ihm eine Einkaufsliste diktiert hätte, deren Inhalt er im nächsten Tankstellenshop bequem besorgen konnte.

      Toni Scapia meldete sich nun zu Wort.

      »Und ich soll wohl den Maulwurf in Delaware und Nevada spielen, ein paar Fäden ziehen und hoffen, dass sich in einem immer dichter gewobenen Netz einige Schmeißfliegen verfangen?«

      Jules und Henry lachten über die blumige Beschreibung des Amerikaners laut auf.

      »Genau, mein lieber Toni, du sollst die Spinne sein, die mit ihrem Nachwuchs ein Netz aufzieht, in dem sich möglichst fette Beute verfängt und verheddert. Denn wenn eine Bombe in Bogota hochgeht, dann hat vielleicht irgendjemand in Washington den Sprengstoff dafür bezahlt. Und das Geld dafür hat bestimmt nicht der US-Kongress bewilligt, jedenfalls nicht offiziell.«

      »Und wie sieht dein Zeitrahmen aus, Jules? Eine solche Operation ist nicht von heute auf morgen in Gang zu bringen.«

      Henry wollte den zweiten Punkt auf seiner Liste dringend abhaken.

      »Wir müssen die Dinge sehr vorsichtig angehen und uns genügend Zeit lassen. Ihr selbst müsst bestimmen, wie rasch ihr vorwärtskommen könnt. Ich habe mich für zwölf Monate, das heißt Bis Ende Jahr, verpflichtet. Spätestens im Dezember ziehen wir also endgültig

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