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Dollar für jede gereinigte Million.

      Die USA, das finanzielle Schlaraffenland für sämtliche kriminellen Organisationen dieser Welt.

      Lag es da nicht auf der Hand, dass sich auch die Geheimdienste des Landes dieser Mechanismen bedienten? Durch so lasche Gesetze wurden Gangstersyndikate doch förmlich in die USA gelockt. Deren Repräsentanten ließen sich später bestimmt für die Ziele der Behörden einspannen. Eine Hand wäscht nun mal die andere.

      Toni erschauderte bei diesem Gedanken und er entschloss sich, erst einmal Rücksprache mit Jules zu halten.

      Für ihre geheime Kommunikation benutzten die beiden seit einigen Jahren das Electronic Banking eines Kontos, auf das beide übers Internet weltweiten Zugriff besaßen. Sie loggten sich jeweils ein und speicherten für den Partner unter der Nachrichten-Funktion des Kontos einen Text als Entwurf ab. Danach konnten sie einander eine unverfängliche E-Mail senden und darin auf die neue Nachricht hinweisen. Eine Überwachung ihrer Korrespondenz durch Behörden oder Geheimdienste war damit praktisch ausgeschlossen.

      Hallo Jules,

      Eine Briefkastenfirma in Delaware und Nevada zu gründen und zu betreiben, dazu benötigt man tatsächlich nichts, außer ein wenig Geld und einen gestohlenen Führerschein. Es gibt allein in Delaware mindestens dreihundert Anwaltskanzleien, die von diesem Geschäft leben können. In Nevada sind es immerhin mehr als einhundert. Wir müssen also davon ausgehen, dass viele Hunderttausend, wenn nicht Millionen von Briefkastenfirmen existieren. Sonst würde sich das Ganze für die vielen Kanzleien gar nicht rechnen.

      Wo aber soll ich mit meinen Recherchen beginnen? Hast du einen Vorschlag für mich? Im Moment komme ich mir klein wie David vor, der den Riesen Goliath zwar herausgefordert hat, ohne aber eine Steinschleuder zu besitzen.

      Gruß, Toni

      Jules Antwort ließ nur einen Tag auf sich warten.

      Hallo Toni,

      Knochenarbeit scheint angesagt zu sein. Konzentriere dich doch auf möglichst kleine Kanzleien, die nicht prominent im Internet für ihre Dienste werben. Ich denke, da sind die Chancen am größten, auf eine Kanzlei zu stoßen, die für Regierungsstellen arbeitet. Denn wie du selbst schreibst: nur das Massengeschäft kann in diesem Business gewinnbringend betrieben werden. Bei allen kleineren, wenig bekannten Playern ohne Werbung stellt sich darum die Frage, wie sie genügend Erträge für sich generieren können.

      Ich werde in der Zwischenzeit versuchen, ein paar Firmennamen und Adressen von meinen Auftraggebern in Erfahrung zu bringen. Ich werde dir alle neuen Erkenntnisse laufend auf diesem Weg hier weiterleiten. Schau also jeden Tag mal rein.

      Ich wünsche dir schon einmal viel Spaß bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen,

      Jules

      Lederer hatte sich unverzüglich mit Wermelinger in Verbindung gesetzt und ihm von den Schwierigkeiten erzählt. Der Präsident des Vereins der privaten Banken sagte ihm seine Unterstützung zu und bereits ein paar Tage später lieferte er Jules die Adressen von sechs Briefkastenfirmen in Delaware und von zwei weiteren in Nevada. Sie waren dem automatischen Datencheck der Banken als mögliche Drehscheiben für Geldwäscherei aufgefallen und standen im Verdacht, Regierungsstellen der USA zu gehören.

      Die Zahlungssysteme der Banken sortierten jeden Tag hunderte von verdächtigen Transaktionen aus. Ganze Stäbe von Mitarbeitenden waren mit deren Klärung beschäftigt. Wenn die Auftraggeber oder Empfänger die Zahlungshintergründe nicht hinreichend erläutern konnten, wurde die Weiterleitung des Geldes verweigert und die Informationen zur Transaktion direkt an die zentrale Behörde in Bern für weitere Abklärungen geleitet. Was den Mitarbeitenden dagegen ausreichend plausibel erschien, und das waren über 99,9 % der untersuchten Zahlungen, wurde zur Überweisung freigegeben. Doch immer wenn eine große und renommierte US-Bank an einer der Transaktionen beteiligt war, ging man von einer korrekten Überweisung aus. So lauteten die internationalen Verträge und die gängige Praxis. Wäre noch schöner, wenn man den Töchtern und Söhnen von Uncle Sam etwas Illegales unterstellen wollte.

      Die von Wermelinger gelieferten Daten betrafen insgesamt mehr als fünfzig verdächtige Zahlungen, an denen die acht US-Unternehmen beteiligt waren. Diese acht Firmen wiesen jedoch nur zwei unterschiedliche Geschäftsadressen auf, eine in Wilmington, die andere in Las Vegas.

      Bei den Überweisungen handelte es sich um Beträge zwischen 250’000 und 1,5 Millionen Dollar. Die Gelder waren jeweils wenig später von den Konten der Schweizer Banken an irgendwelche Empfänger mit Sitz in der Karibik transferiert worden.

      Die Aufgabe für Toni war mit diesen Informationen bereits ein wenig klarer umrissen. Er würde die beiden Adressen durchleuchten und gegebenenfalls versuchen, Mitarbeitende der Anwaltskanzleien zu bestechen, die für deren Gründung und Betreuung zuständig waren. Eventuell konnte er auch gleich eigene Leute dort einzuschleusen.

      Wie er all das bewerkstelligte, überließ Jules voller Vertrauen seinem Freund in Florida.

      *

      An diesem frühen Morgen stand Henry Huxley mitten auf der Brücke zur Ciudad Juárez, hatte seine Unterarme auf dem Geländer aufgestützt und blickte hinunter auf das Wasser des Rio Grande, diesem großen, meist träge dahinfließenden Grenzstrom zwischen den USA und Mexiko. Derzeit führte der Rio Bravo del Norte, wie er von der mexikanischen Bevölkerung genannt wurde, sehr viel braunes Schlammwasser mit sich, ein sicheres Zeichen für heftige Regenfälle im Norden, in Colorado oder New Mexiko. Der Fluss grub sich an seinem Oberlauf immer tiefer in den Boden, das Ufer wurde von den Wassermassen unterspült und der Abraum in Richtung Golf von Mexiko getragen. Ähnlich dem Missouri, der auch Big Muddy genannt wurde, sagte man über das Wasser im Rio Grande scherzhaft, zum Trinken zu dick und zum Pflügen zu dünn.

      Huxley hatte die Nacht im Camino Real Hotel in El Paso verbracht. Zuvor war er nach Fabens zum Abendessen gefahren, das etwa dreißig Kilometer südlich der Stadt lag. Die Cattleman’s Ranch servierte dort seit vielen Jahren eines der besten Steaks von ganz Nordamerika. Jedes Mal, wenn eine Reise Henry Huxley auch nur fünfhundert Meilen an El Paso heranführte, machte er diesen Abstecher zur Working Ranch mit ihrem riesigen Restaurant. Dort gönnte er sich stets den Cowboy, ein rund ein Kilogramm schweres T-Bon Steak, zusammen mit einer Baked Potato und begleitet von zwei bis drei Margheritas.

      Michael Stern vom People Magazin hatte das T-Bone der Cattleman’s Ranch vor Jahren zum besten Steak der USA gekürt. Und das konnte durchaus stimmen, denn selbst sein dünner Fettstreifen entlang des butterweichen Fleisches war eine Delikatesse, zart, rauchig und voller Geschmack.

      Am späteren Vormittag wollte sich Huxley in Juárez mit einem alten Freund treffen, der seit vielen Jahren dort lebte, die hiesigen Verhältnisse bestens kannte und seinen Daumen ständig am Puls der Stadt hielt.

      Der lange Leidensweg der fünftgrößten Stadt von Mexiko begann vor fünfzehn Jahren. Innerhalb weniger Jahre fand man mehr als dreihundert weibliche Leichen in und um Juárez herum. Weitere vierhundert Frauen wurden zusätzlich vermisst und nie gefunden. Wer die Frauen entführt hatte und warum man sie ermordete, blieb ungeklärt.

      Wenige Jahre später begann aber ein unerbittlicher Drogenkrieg an der Grenze zu den USA zu toben. Er fraß sich wie ein Krebsgeschwür in sämtliche Straßen und Gassen der Stadt hinein, machte auch vor Morden an Politikern, Journalisten oder der Polizei nicht halt. Die Verlockung, durch die Kontrolle eines wichtigen Zollübergangs in die Vereinigten Staaten mit organisiertem Drogen- und Waffenschmuggel viele Milliarden an Dollar jedes Jahr zu generieren, war in diesem Drittweltland ganz einfach zu verlockend. Doch das gerade in letzter Zeit entstandene Ausmaß an Kriminalität in und um Juárez konnte im Grund genommen nur eines bedeuten: Hier mussten mexikanische und amerikanische Behörden ganz besonders kräftig im Drogengeschäft mitmischen und mitverdienen. Juárez erschien Henry Huxley darum der perfekte Ort, um die Spur des Drogengeldes an seiner Entstehung aufzunehmen und zu verfolgen.

      Der Brite passierte den mexikanischen Zoll am Ende der Brücke. Ein Beamter in schlecht geschnittener Uniform saß auf einem einfachen Holzstuhl hinter einem alten, weißen Tisch mit abblätterndem Lack und porkelte mit

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