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war ihm alles gleichgültig. Nach Sonnenuntergang rief ihn Kingscourt aufs Verdeck: »Heute, Doktor, wollen wir uns was besonders antun! Da, sehen Sie unsere Tischkarte. Habe auch eine genügende Anzahl Silberhälse in Eis kühlen lassen.«

      »Was ist denn heute für ein besonderer Tag, Mr. Kingscourt?« »Das wissen Sie nicht, Mensch? Der letzte Tag des Jahres. Das ist kein banales Datum — wenn Daten überhaupt einen Sinn haben.« »Für uns ist das ohne jede Bedeutung,« sagte Friedrich müde. »Für ans beginnt nun die Zeitlosigkeit, ist es nicht wahr?«

      »Jawohl, jawohl. Aber es ist doch ’n verdammt kurioser Tag. Um Mitternacht wollen wir die Zeit ins Meer senken, in euer Rotes Meer, und wenn das blödsinnige Zeitalter um ist, in dem wir zu leben verurteilt waren, da wollen wir an etwas Großes denken! … ’nen gediegenen Punsch lasse ich uns auch brauen. Das ist verhältnismäßig noch das Reellste in der allgemeinen Niedertracht des Daseins.«

      Und so taten sie. Der Schiffskoch hatte sein Bestes geleistet. Auch die Weine waren vorzüglich. Kingscourt, ein gewaltiger Zecher vor dem Herrn, trank dreimal so viel wie Friedrich, und blieb dabei ziemlich klar und frisch, indessen sein junger Gefährte einen Nebel in sich aufsteigen fühlte und nur noch wie im Traum diese Worte vernahm, als es zwölf Uhr schlug: »Mitternacht!« rief Kingscourt mit dröhnender Stimme. »Verrecke, Zeit! Ich leerte mein Glas auf deinen Tod. Was warst du? Schande, Blut, Gemeinheit und Fortschritt. Stoßen Sie an, Mensch, Mann, isolierter Zeitgenosse!« »Ich kann nicht mehr,« lallte Friedrich.

      »Kleines Geschlecht! … Hier sollten Sie sich doch auf die Fußspitzen stellen. Klassische Gegend! Hier hat euer oller Moses eines seiner größten Kunststücke gemacht … Sie gingen trockenen Fußes hindurch, offenbar gerade Ebbe gewesen. Und das Vieh von einem Pharao hinterdrein mitten rin in die Flut. Keine Zauberei! Aber gerade das Natürliche daran imponiert mir! Die einfachsten Mittel! Aber sehen muß man sie, und gebrauchen können. Denken Sie mal, was war das für ’ne arme Zeit, und was hat euer oller Moses vollbracht. Wenn der heute wiederkäme und sähe die Wunder alle — die Eisenbahnen, die Telegraphen, die Telefone, die Maschinen, die Jacht mit der Schraube, mit dem elektrischen Scheinwerfer. Er würde nichts davon verstehen. Man müßte ihm vielleicht drei Tage lang immerzu erklären. Aber nach drei Tagen hätte er alles raus. Und wissen Sie, was er dann täte? Lachen würde er, furchtbar, grimmig lachen! Weil die Menschen mit all dem fabelhaften Fortschritt nichts anzufangen wissen. Im einzelnen Schicksal kommt man zur Überzeugung, daß die Menschen schlecht sind. Aber beim Gesamtüberblick entdeckt man, daß sie nur dumm sind. Namenlos dumm, dumm, dumm! Nie war die Welt so reich, und nie hat es so viel Arme gegeben wie jetzt. Leute verhungern, während ungebrauchtes Korn verschimmelt. Mir kann’s recht sein. Je mehr zu Grunde gehen, am so weniger Undankbare, Lügner und Treulose gibt es in der Welt«

      Friedrich sprach mit schwerer Zunge: »Glauben Sie nicht, Mr. Kingscourt, dass die Menschen viel besser wären, wenn es ihnen besser ginge?«

      »Nee, wenn ich das glaubte, würde ich nicht nach meiner einsamen Insel ziehen, sondern mitten unter die Menschen. Ich würde ihnen sagen, wie sie’s anfangen müssten, um besser dran zu sein. Nicht tausend, nicht hundert, nicht fünfzig Jahre brauchte man zu warten. Heute! Mit den Ideen, Kenntnissen, Mitteln, die heute am 31. Dezember 1902 im Besitze der Menschheit sind, könnte sie sich helfen. Man braucht keinen Stein der Weisen, kein lenkbares Luftschiff. Alles Nötige ist schon vorhanden, um eine bessere Welt zu machen. Und wissen Sie, Mann, wer den Weg zeigen könnte? Ihr! Ihr Juden! Gerade weil’s euch schlecht geht. Ihr habt nichts zu verlieren. Ihr könntet das Versuchsland für die Menschheit machen — dort drüben, wo wir waren, auf dem alten Boden ein neues Land schaffen. Altneuland!«

      Das hörte Friedrich Löwenberg nur noch im Traum. Er war eingeschlafen. Und träumend fuhr er durch das rote Meer der Zukunft entgegen.

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