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Leider negativ, was aber nichts heißt. Ich möchte eurer Idylle nicht zu nahe treten, aber gerade hier, wo man nicht damit rechnet, wäre das doch geradezu genial.“

      „Ich denke, dass da deine Phantasie mit dir durchgeht. Aber bitte, wie du meinst, ich möchte dir natürlich nicht vorschreiben, wie du vorzugehen hast. Herr Hiebler entschuldigen Sie, ich wollte Sie nicht unterbrechen. Haben Sie diesbezüglich irgendwelche Kenntnisse?“

      „Noch nicht, ich bin aber noch dran. Im Übrigen möchte ich betonen, dass auch ich diese Möglichkeit nicht ausschließen möchte.“

      „Meinetwegen. Denken Sie doch, was Sie wollen. Sonst noch irgendetwas, das uns weiterbringen könnte? Nein? Dann hoffen wir darauf, dass wir die Identität des Toten so schnell wie möglich herausfinden. Das Foto in der heutigen Tageszeitung ist übrigens exzellent.“

      Friedrich Fuchs freute sich über das Lob, denn er hatte von dem Toten viele Bilder gemacht und das heute in der Zeitung war das Beste. Der Sonnenbrand in Fuchs‘ Gesicht hatte sich verschlimmert, auch die Kopfhaut hatte etwas abbekommen. Werner ging an ihm vorbei und verzog das Gesicht.

      „Da haben Sie sich aber einen satten Sonnenbrand eingefangen. Ich an Ihrer Stelle würde mir das von einem Arzt ansehen lassen, das sieht gar nicht gut aus.“

      Fuchs warf ihm nur einen verächtlichen Blick zu. Was ging diesen Schnösel sein Sonnenbrand an? Er wusste schließlich selbst am besten, was er zu tun und zu lassen hatte. Er hasste es, gute Ratschläge zu bekommen. Natürlich hatte er selbst schon seinen Sonnenbrand bemerkt, schließlich hatte er zuhause einen Spiegel und seine Haut brannte wie Feuer. Aber er hatte bereits für Abhilfe gesorgt und seine Haut heute Nacht mehrfach mit Quark abgekühlt, außerdem nahm er selbstverständlich sofort Acetylsalicylsäure ein. Er war ja schließlich nicht blöd.

      Hilde Gutbrod blickte nicht auf, als Rudolf Krohmer eintrat. Er sah sofort, dass sie beleidigt war und konnte sie durchaus verstehen, Waltraud war wirklich nicht nett zu ihr gewesen.

      „Jetzt sind Sie doch nicht eingeschnappt, Frau Gutbrod, die Traudl meinte das nicht so.“

      „Doch, diese Frau meinte es so. Sie hat mich vor allen Kollegen blamiert und bloßgestellt. Womit habe ich das verdient? Ich kann mich doch hier kaum mehr blicken lassen. Heute früh habe ich mir allen Ernstes überlegt, ob ich überhaupt zur Arbeit gehen kann, denn ich fühle mich schrecklich. Noch niemals hat mich jemand so behandelt.“

      Sie war wirklich sehr verletzt, denn Krohmer bemerkte Tränen in ihren Augen. Allerdings neigte sie sehr zu Übertreibungen und auch zur Theatralik. Aber er musste unbedingt den Frieden wiederherstellen.

      „Wenn Sie nicht mehr böse sind, verrate ich Ihnen ein Geheimnis.“

      Jetzt wurde Frau Gutbrod hellhörig, wischte sich die Tränen ab und rückte ein Stückchen näher.

      „Welches Geheimnis? Betrifft es Frau Westenhuber?“

      Krohmer nickte.

      „Eigentlich wollte ich Traudl nicht hierhaben und habe versucht, jemand anderen zu bekommen. Aber sie wollte unbedingt zu uns nach Mühldorf. Wahrscheinlich nur, um mich zu ärgern.“

      „Ich verstehe nicht - wie meinen Sie das?“

      Die Tränen und die Wut schienen nun vollkommen vergessen.

      „Traudl ist meine Cousine, wir sind Tür an Tür aufgewachsen.“

      „Ihre Cousine?“, rief Frau Gutbrod aus.

      „Ja, leider, man kann sich seine Verwandten nun mal nicht aussuchen. Und weil Traudl meine Cousine ist, kann ich Ihnen versichern, dass sie Sie nur bloßgestellt hat, weil sie ganz bestimmt neidisch auf Sie ist. Es stimmt, dass Traudl nur einige Jahre jünger ist als Sie, Sie sehen dafür aber viel jugendlicher und hübscher aus. Traudl hat kein Geschick als Frau und hat keine Ahnung, wie sie sich vorteilhaft kleiden und stylen soll, das war früher schon so. Sie hat nie mit Puppen gespielt, sondern hat sich lieber mit Jungs herumgetrieben. Ich glaube, insgeheim wäre sie viel lieber ein Junge geworden. Aber bitte, das bleibt natürlich unter uns.“

      „Selbstverständlich!“

      „Stellen Sie sich vor, sie ist mit dem Wohnmobil angereist und lebt während ihrer Anwesenheit hier auf unserem Parkplatz.“

      „Wie bitte? Das Wohnmobil da draußen ist das Ihrer Cousine? Ich hatte mich schon gewundert. Na, für mich wäre so etwas ja nichts, ich könnte mich darin nicht rühren. Man hat dort so wenig Platz und kann ja von allen Seiten begafft werden.“

      „Ganz meine Meinung. Natürlich habe ich ihr angeboten, bei mir zu wohnen, wir sind schließlich eine Familie. Aber sie möchte nicht, sie hat nun mal ihren eigenen Kopf. Also, Frau Gutbrod, Sie haben jetzt einen tieferen Einblick. Seien Sie wieder gut und sehen meiner Cousine ihren Neid nach. Und ich bitte Sie, dass dieses Gespräch unter uns bleibt.“

      Das hatte gesessen und Frau Gutbrods Gesicht hellte sich umgehend auf.

      „Sie können sich auf mich verlassen,“ flüsterte sie verschwörerisch, obwohl Rudolf Krohmer in dem Moment, als er den Mund zumachte, bereits wusste, dass Frau Gutbrod diese Information niemals für sich behalten könnte. In kürzester Zeit würde das die Runde machen. Bald wusste jeder über ihn und seine Cousine Traudl Bescheid. Was soll`s, irgendwann würde es sowieso rauskommen.

      Rudolf Krohmer ging zufrieden in sein Büro und freute sich über seinen gelungenen Schachzug, mit dem er zwei Fliegen mit einer Klappe schlug. Seine Sekretärin war wieder bester Laune und würde diese auch noch eine Weile beibehalten, auch wenn seine Cousine nochmals zuschlagen sollte. Und er konnte seiner Cousine eins auswischen, die nun einer scheinbar überlegenen und gutmütigen Frau Gutbrod entgegentreten musste. Natürlich hatte er gezielt maßlos übertrieben und geflunkert. Er kannte seine Frau Gutbrod schon viele Jahre und wusste genau, wie er sie anpacken musste. Sie würde von nun an seiner Cousine wohlwollend gegenübertreten und ihr bei jeder Gelegenheit gute Ratschläge erteilen, und das brachte Traudl mit ziemlicher Sicherheit auf die Palme.

      Rudolf Krohmer war wirklich nicht sehr begeistert davon gewesen, dass seine Cousine hier arbeiten wollte, er wurde davon völlig überrascht. Als er davon hörte, dass Traudl die Vertretung von Viktoria Untermaier antrat, setzte er alle Hebel in Bewegung, um das zu verhindern. Leider vergeblich, denn sie war bereits unterwegs und hatte vorgesorgt. Auch sie hatte ihre Verbindungen und machte es ihm unmöglich, das Unvermeidliche zu stoppen. Natürlich liebte er seine Cousine, aber wenn möglich nur aus der Ferne und bei den unvermeidlichen Familientreffen. Er fürchtete nicht nur ihr loses Mundwerk, sondern vor allem ihr ungehobeltes Benehmen, mit dem immer zu den unpassendsten und unmöglichsten Momenten zu rechnen war, was sie deutlich im Besprechungszimmer mit Frau Gutbrod demonstriert hatte. Traudl war wirklich unmöglich, denn sie genoss es, die Unangepasste, Unverschämte zu geben, wobei sie eine überaus intelligente und gebildete Frau war. Rudolf Krohmer hatte seine Cousine Traudl noch nie verstanden, die bereits von klein auf schon so war: unangepasst, wahrheitsliebend, direkt und auch durchaus beleidigend. Ihre Eltern hatten es sehr schwer mit ihr. Er und seine Cousine waren quasi gemeinsam aufgewachsen und anfangs war es auch prima, mit ihr durch die Wälder zu ziehen und die dümmsten Dinge anzustellen. Sie war unter den Nachbarjungen sehr beliebt, bis sie älter wurden. Von da an wollte niemand mehr etwas mit Traudl zu tun haben und sie ging ihre eigenen Wege, während er selbst in die Tanzstunden ging und sich mit Mädchen traf. Traudl war anders, hatte schon immer ihren eigenen Kopf und ließ sich davon auch nicht abbringen. Aber sie war immer für ihn dagewesen und er konnte sich auf sie verlassen, obwohl sie ihm nicht nur peinlich war, sondern auch nach kurzer Zeit auf die Nerven ging. Zum Glück war sie mit ihrem Wohnmobil angereist und hauste nun auf dem Parkplatz der Polizeiinspektion Mühldorf, obwohl er ihr selbstverständlich ein Gästezimmer und auch die Einfahrt seines Hauses angeboten hatte. Aber Traudl hatte abgelehnt, ihr war die Nähe zu Menschen unheimlich und sie liebte ihre Freiheit. Außerdem mochte sie keine Kinder und konnte mit ihnen nicht umgehen. Da Rudolf und Luise Krohmer seit einigen Wochen ein zehnjähriges Kind, das Stiefkind ihrer verstorbenen Nichte Silke, im Hause aufgenommen hatten, verzichtete Traudl großzügig auf das Angebot ihres Cousins.

      Krohmer

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