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wachsen und eine ständige Drohung für die ägyptische Gesellschaft sein.

      Aus allen diesen Beispielen sehe ich, daß die Fundamentalisten in allen Religionen ein gemeinsames Ziel haben, nämlich Macht und Gewalt zu gewinnen.

      In Ägypten hat die Muslimbruderschaft (erste islamistische Organisation in Ägypten) eine wesentliche Rolle zur Entwicklung der Ideologie der Islamisten beigetragen.

      Die Organisation der Muslimbrüder wurde im Jahre 1928 im ägyptischen Ismailiya von Hassan al Banna gegründet und konnte sich rasch zu einer breiten Volksbewegung mit Hunderttausenden von Mitgliedern überall in der arabischen Welt entwickeln. Ihr Ziel war es, die Muslime auf den rechten Weg des Glaubens zurückzuführen.

      Dem britischen Kolonialismus stand sie unversöhnlich gegenüber, sie trat für die Rechte der Palästinenser ein und kämpfte 1948/49 im arabisch israelischen Krieg.( Le Monde diplomatique von April 2000)

      Bis Mitte der 90iger Jahre war der Kampf für die Verbreitung ihrer Ideologie ihr wichtigstes Anliegen. Heute wird aber eine radikale Änderung im Verhalten und in der Strategie der Muslimbruderschaft beobachtet und zwar heißt ihre Parole: Reform anstatt Revolution.(Ebenda)

      Was meint die Muslimbruderschaft tatsächlich mit dieser Reform? Laut Yusuf al-Qaradawi, dem ägyptischen Islamwissenschaftler wird mit der angestrebten Reform der Muslimbruderschaft die Anwendung der Scharia (islamisches Recht) in der Islamischen Gesellschaft angestrebt. Diese Scharia beinhaltet, daß jeder Muslim bekennen muß, daß es nur einen einzigen Gott gibt, der alles erschaffen hat und die Schöpfung erhält, leitet und entwickelt. ( Yusuf al-Qaradawi: Madkhal Fi al-Sharia al-Islamiya; Kairo 1999; S. 45)

      Der Mensch nimmt in dieser Schöpfung eine besondere Stellung ein, die als Statthalterschaft Gottes auf Erden bezeichnet wird (Sura 2:31), da der Mensch von Allah mit besonderen Fähigkeiten ausgezeichnet worden ist, die es ihm ermöglichen, Macht über andere Teile der Schöpfung auszuüben.(Ebenda)

      Um jede Form von Mißbrauch dieser Macht zu vermeiden, benötigt der Mensch bestimmte Richtlinien, die die Verhältnisse zwischen den Menschen innerhalb der islamischen Gesellschaft regeln. Die Quelle dieser Richtlinien wird im Islam als Scharia bezeichnet. Die Scharia ist hier die Gesetzmäßigkeit für die Muslime und die Grundlage für alle Lebensbereiche im islamischen Glauben, die im Koran ihren Ursprung hat.( Yusuf al-Qaradawi: a.a.O.; S. 63)

      Aus der Scharia werden praktische Rechtsnormen abgeleitet, die im Prinzip die politischen, wirtschaftlichen und sozialen Normen einer Gesellschaft regeln.( Yusuf al-Qaradawi: a.a.O.; S. 68) Das heißt im Mittelpunkt der Scharia steht die Beurteilung aller Sachverhalte in der islamischen Gesellschaft. Es ist ein großer Verlust, daß der Islam nach der Auffassung der Islamisten nur auf die Scharia minimiert wird und die wichtigen Berei-

      che im Islam wie Toleranz und die umfangreichen sozialen Aspekte als auch die Förderung der Entwickung der islamischen Gesellschaft durch wissenschaftliche Forschung vernachlässigt wird.

      Weiters wird aus der Beobachtung erkannt,dass die Fundamentalisten scharfsinnge und aufmerksame Beobachter der Moderne sind. Sie eignen sich deren nützliche Errungenschaften an, indem sie wesentliche Prozesse der Moderne nachahmen.( Martin E., Marty, R. Scott Appleby: a.a.O.; S. 41)

      Zu diesen Prozessen gehören allerdings auch Manipulation und eine neue Darstellung komplexer Argumentationen und Traditionen gemäß politischer oder rein ökonomischer Beweggründe (Ebenda)

      Es läßt sich feststellen, daß Fundamentalismus eine distinkte Richtung – eine Art Denkhabitus und Verhaltensmuster bezeichnet, die sich innerhalb moderner religiöser Gemeinschaften findet und in bestimmten repräsentativen Persönlichkeiten und Bewegungen verkörpert ist. Der Fundamentalismus ist, mit anderen Worten nach Martin E. Marty, eine religiöse Weise des Daseins, die sich als Strategie manifestiert, und sich als Belagerungszustand befindlich ansieht und deshalb versucht seine unverwechselbare Identität als Volk oder Gruppe zu bewahren.( Martin E., Marty, R. Scott Appleby: a.a.O.; S. 45)

      1.2. Quellen des ägyptischen Fundamentalismus

      Die Fundamentalisten beobachteten die schwierige soziale Lage der Menschen in der ägyptischen Gesellschaft, was sie veranlaßt hat neue effiziente Wege zur Gewinnung neuer Anhänger zu finden. In der ägyptischen Gesellschaft existieren vorwiegend zwei Klassen von Menschen, eine elitäre,

      reiche, teilweise korrupte kaum aufgeschlossene Oberschicht, die ihr Geld möglichst ins Ausland transferiert, weil ihr eine Kapitalanlage im Inland als zu riskant erscheint.( Werner Zürren: Im Weltgeschehen II/93; Lengerich 1993; S. 128)

      Die zweite Klasse stellt die Masse der schwer arbeitenden armen Bevölkerungsschichte dar. Weiters hat die Mittelschicht, welche aus einer kleinen Gruppe der ägyptischen Bevölkerung besteht (hauptsächlich Beamte), auch durch ihr geringes Einkommen und die soziale Benachteiligung, eine ergänzende Rolle zur Verstärkung der Position der Fundamentalisten. Die Behauptung mit der Rückkehr zum Islam wird als Allheilmittel für die Überwindung der sozialen und politischen Repressionen von breiten Bevölkerungsschichten bestätigt und somit die Stellung der Fundamentalisten in der ägyptischen Gesellschaft weiter verstärkt. Die Reaktion der Studenten auf diese Behauptung war positiv und akzeptabel. Denn die Studenten haben einerseits keine Aussicht auf eine berufliche Karriere wegen der hohen Arbeitslosigkeit und andererseits kein Patentrezept gegen das Bevölkerungswachstum und die Verarmung des Volkes anzubieten.(Ebenda)

      Die Fundamentalisten wußten, daß sie mit ihren Ideen viele Menschen aus der breiteren Bevölkerungsschicht vor allem Arbeiter und Beamte gewinnen werden. Sie begannen ihre Aktivitäten mit der Errichtung ihres Zentrums in der Stadt FAYUM 100 km südwestlich von Kairo gelegen, dem Wohnort von Scheich RAHMAN, der aus Mangel an Beweisen im Oktober 1984 von der Anklage der Mitgliedschaft in einer Geheimorganisation freigesprochen wurde, die den Sturz der Regierung und die Errichtung einer islamischen Republik nach iranischem Vorbild bezweckt hat.(Ebenda) In dieser Stadt FAYUM kam es am

      7. April 1989 nach der Freitagspredigt zu regierungsfeindlichen Kundgebungen und Zusammenstößen mit den Sicherheitskräften, bei denen ein Polizist ums Leben kam.(Ebenda) MUBARAK reagierte darauf mit der Entlassung seines Innenministers ZAKI BADR am 12. Januar 1990, der sich durch sein hartes Durchgreifen sowohl bei den Fundamentalisten als auch bei der Linksopposition und den Intellektuellen höchst unbeliebt gemacht hatte.(Ebenda) Der Gouverneur der Provinz Assiut, einer Hochburg der Fundamentalisten, wurde als Nachfolger für das Amt des Innenministers ernannt. Der neue Innenminister Mohammed ABDEL Halim Musa hat versprochen das Sicherheitsgesetz zu reformieren, und dem ägyptischen Volk verständlich gemacht, daß es keinen Unterschied gibt, zwischen einem Anhänger und einem Gegner der Regierung, solange sich beide an das Gesetz, die Legalität und die Verfassung halten.( Werner Zürrer: a.a.O.; S. 129) Obwohl der neue Innenminister versprochen hat, daß die Demokratie und die Freiheit des einzelnen gewährleistet wird, hatte er bestimmte Gewalt in seiner Sprache gezeigt, indem er gedroht hat, die Fundamentalisten auszurotten, wenn sie in irgendeiner Weise die Sicherheit der Gesellschaft zu beeinträchtigen versuchen.(Ebenda) Er versprach weiters die Freilassung von 2.411 Anhängern der fundamentalistischen Gruppierungen, die durch die Verhängung der Notstandsgesetze seit der Ermordung des Präsidenten SADAT im Jahre 1981 bis jetzt ihre Gültigkeit haben, inhaftiert waren. Im Rahmen der Notstandsgesetze gingen die Sicherheitskräfte mit unverminderter Härte gegen die Opposition vor, und verfolgten die ganze Familie eines mutmaßlichen Regierungsgegners.(Ebenda) Es kam oft zu Folterungen durch die Sicherheitskräfte, wenn die inhaftierten Personen nicht das gewünschte Geständnis gegeben haben. Die Kompetenzen der Gerichte waren eingeschränkt, die Behörden haben oftmals die unerwünschten Freisprüche ignoriert.(Ebenda) Es war klar zu erwarten, daß es zu einer explosionsartigen Situation kommen wird. Im Gebiet der Stadt FAYUM kam es zu Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und den Anhängern der Gruppe AL JIHAD, es wurden 15 Fanatiker von der Polizei erschossen und dabei acht Polizisten verletzt. Genauso gab es Konfrontationen

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