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in der europäischen Presse dieser Terrorismus als Resultat des Islams kommentiert worden ist und damit eine besonders direkte Verbindung von Islam und Terrorismus behauptet worden ist.

      Solche Pauschalurteile erscheinen schon prima vista als Ausdruck von Ignoranz. Denn keine Religion ist davor gefeit, daß ihre normativen Fundamente die Grundlage für militantes Verhalten bilden. Und umgekehrt ist bei einigen militanten Fundamentalisten zu bemerken, daß sie keineswegs immer aus religiöser Überzeugung heraus handeln. Demgegenüber ist aber auch festzuhalten, daß die Fundamentalisten mit ihrer Propaganda „Die Lösung ist im Islam“ ihre Aktionen mit der Forderung zur Rückbesinnung auf den wahren, ursprünglichen Islam zu legitimieren versucht haben. Es steht aber in Frage, ob diese Praxis der Legitimation auch eine solche Rückkehr zu den Ursprüngen des Islams ist.

      Daher ist es wichtig auf die Bedeutung des Islams einzugehen. Denn „Islam“ bedeutet Frieden finden indem man sich Gott unterwirft, also die Hingabe an Gott, Ergebung in seinen Willen.( Vgl. HADAYATULLA Hübsch: Islam und Politik; Frankfurt am Main 1997;) Mit diesem Frieden sollen die Muslime dafür sorgen, daß dieser Friede für alle Menschen zu realisieren ist. Die Muslime müssen beachten, daß mit Haß, Feindschaft und ungerechtem Krieg jede Form von Frieden zerstört werden kann und damit auch das Gottesgesetz nicht befolgt wird.(Ebenda) Dazu äußert sich der QURAN auf folgende Weise „Wehre das Böse ab mit dem, was das Beste ist.“ (41,35)(Ebenda)

      Die islamisch fundamentalistische Bewegung in Ägypten hat aber durch ihre Terroranschläge und der Ermordung unschuldiger Menschen gezeigt, daß sie sich nicht an die Gesetze und Prinzipien des Islams gehalten hat.

      Diese Bewegung versuchte seit der iranischen Revolution im Jahre 1979 und seit der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar Al Sadat im Jahre 1981 ihre Entschlossenheit und ihre Stärke zu demonstrieren. Die politische Korruption, die soziale Ungerechtigkeit und die steigende Arbeitslosigkeit und somit die steigende Unzufriedenheit war für einen großen Teil der ägyptischen Bevölkerung ausschlaggebend sich dieser Bewegung anzuschliessen und dadurch war die beste Möglichkeit für die Fundamentalisten gegeben, um einen starken Einfluß auf viele Gesellschaftsschichten auszuüben. Gleichzeitig hat diese Bewegung an großer Attraktivität gewonnen, vor allem in den verarmten Schichten der städtischen Zentren bis in die unteren Ränge der sozial aufstrebenden Mittelschicht mit traditionellem Hintergrund.

      Als weitere Argumente zur Verstärkung und Etablierung der fundamentalistischen Bewegung in der ägyptischen Gesellschaft wurde auch die katastrophale militärische Niederlage der ägyptischen Armee im Sechs-Tage-Krieg von 1967 benutzt. Sie hat zum Verlust der ägyptischen Führungsrolle in der arabischen Welt und zur Verelendung der breiten Masse des ägyptischen Volkes geführt, z.B. wurde ein großer Teil der Staatsausgaben für Kriegsmaterial verwendet und es kam zu einer Verteuerung der wichtigsten Lebensmittelprodukte, welches für einen großen Teil des ägyptischen Volkes zu einer starken Herabsetzung ihres Lebensstandards zur Folge hatte. Gleichzeitig war dieser Krieg ein wichtiger Anlaß für die Fundamentalisten, zahlreiche Aussagen zu formulieren, mit denen sie einen großen Teil der Bevölkerung manipulieren konnten.

      Zu diesen Aussagen gehören folgende Äußerungen des Fundamentalisten Yusuf Al-Qaradawi mit dem Titel „Al hall al-Islame wa al-aulul a Mustawrada“.( Yusuf al-Qaradawi, Al-Hulul al-Mustawrada wa kaif ganat ala Umatuna Die importierten Lösungen und wie sie unserer Gemeinschaft gescha-det haben; Band 1; Beirut 1982; S. 66)

      Die islamische Lösung und die „importierten Lösungen“, mit dem Hinweis darauf, daß die Israelis nicht nur religiös, sondern auch politisch zu ihrer Religion stehen. Die Muslime hätten versagt, weil sie die politische Seite des Islams nicht beachtet hätten. Die Muslime müssen durch die Rückkehr zum Islam bewirken, daß der Islam nicht nur als Religion betrachtet und beachtet, sondern auch als politisches System praktiziert wird.( YUSUF al-Qaradawi: a.a.O.; 68)

      Weiters betrachten die Fundamentalisten die sozialen Veränderungen der Sadat-Ära im Zeichen der Politik der wirtschaftlichen Öffnung (Infitah) als wichtiges Argument für ihre Propaganda gegen das ägyptische Regime. Denn im Jahre 1975 hat sich eine neue Schicht von Industriellen, Händlern und Dienstleistungsanbietern als INFITAH-Klasse gebildet. Durch diese Klasse hat sich auch das Problem der Korruption verschärft und die Unterschiede in Einkommen und Lebensstandard bei einem großen Teil der ägyptischen Bevölkerung drastisch und generell verstärkt.( Vgl. IMAM, ABALLAH: QADIYYAT ISMAT AS-SADAT „Der Fall des Halbbruders von Präsident Sadat“; Kairo 1983; S. 68-88)

      Auch der Golfkrieg im Jahre 1991 und seine negativen Auswirkungen auf die islamische Welt wurde zur Verstärkung der Argumentation der Fundamentalisten in Ägypten benutzt. Ebenfalls hat die Kritik durch viele islamische Intellektuelle in Ägypten und die Tatsache, daß mehr als 150.000 Menschen dem Krieg zum Opfer fielen sowie das offenkundige Interesse des Westens an einer Sicherung der Stabilität der Fürstenhäuser am Golf zur Absicherung der dortigen Erdölreserven eine klare antiwestliche Stimmung aufkommen lassen.( Reinhard Schulze: Geschichte der islamischen Welt im 20. Jahrhundert; München 1994; S. 333)

      Dazu kam der amerikanische Einfluß in der ägyptischen Politik sehr deutlich zum Ausdruck, sodaß sich viele gemäßigte Muslime in Ägypten von der westlichen Politik distanzieren wollten. Der ägyptische Präsident MUBARAK und seine Regierung haben jede Form der Auseinandersetzung über die Ereignisse im Golfkrieg wegen dem freundschaftlichen Verhältnis des Präsidenten zum Westen und besonders zu den Amerikanern verhindert. MUBARAK als ehemaliger General der Luftwaffe, zugleich Präsident und Vorsitzender der National-Demokratischen Partei konnte während der 80er und 90er Jahre die Präsidentschaftswahlen ohne Gegenkandidat immer wieder gewinnen.( Vgl. Tibi: Das arabische Staatensystem; Wien 1996; S. 114)

      Infolge dieser Ereignisse versuchte der Fundamentalismus seine Botschaft des vereinfachenden, optimistischen und zukunftssicheren Weltbildes zu verkünden, welches alle Probleme lösen sollte.

      Dieser Fundamentalismus ist ein Bestandteil dieses Entwicklungsprozeßes in Ägypten geworden, der sich aus unterschiedlichen Defiziten im politischen, sozialen und kulturellen Bereich ergeben hat.

      Es gibt in Ägypten drei fundamentalistische Gruppierungen, die unterschiedliche Ziele haben. Die erste Gruppe ist AL JAMAAT AL ISLAMIA (Islamische Vereinigung), deren Anführer Scheich OMAR ABD AL RAHMAN ist, welcher ca. 20.000 Anhänger zu seinem Kreis zählt. Ihr Hauptziel ist Gewalt und Anschläge gegen Touristen auszuüben, um die Wirtschaftslage des Landes und somit die Regierungsposition in Ägypten zu destabilisieren.( Vgl. Harenberg Länderlexikon; Dortmund 1998; S. 20)

      Die zweite Gruppe AL JIHAD (Heiliger Kampf) wird von AIMAN AS SAWAHRI mit ca. 20.000 Anhängern geführt, mit dem Ziel Gewalt in der ägyptischen Gesellschaft anzuwenden, um die Errichtung eines islamischen Gottesstaates zu erreichen.( Vgl. Ebenda)

      Die dritte Gruppe IKHWAN AL MUSLIMIN (Muslimbruderschaft) wird geführt von MAHMUN AL HUDAIBI, die ca. 200.000 Anhänger hat. Deren Ziel ist die Anwendung des islamischen Rechtes (die Scharia) und die Errichtung von sozialen Organisationen zur Unterstützung der ärmeren Bevölkerungsschichten durchzusetzen.( Vgl. Ebenda)

      Das wesentliche Ziel dieser Arbeit ist es, einerseits die Ursache für die Entstehung der Fundamentalisten in Ägypten im Laufe meiner Arbeit zu analysieren und andererseits das Bild des Islams, das vor allem in europäischen Ländern gegenwärtig ist, richtigzustellen.

      Indem die Unterschiede innerhalb der „islamischen Welt“ aufgezeigt werden, kann von einer vorurteilsfreien Grundlage heraus das Verhältnis von Islam und Fundamentalismus verdeutlicht werden. Die Auseinandersetzung mit dieser komplexen Thematik erfordert eine gewisse Sensibilität und ist infolgedessen kein leichtes Vorhaben.

      Jedoch ist es meine Überzeugung, daß die aus verkehrten Bildern resultierenden Vorurteile und Mißverständnisse zwischen den unterschiedlichen Weltanschauungen zu beseitigen sind und damit nicht nur

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