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Feuerblüte II. Катя Брандис
Читать онлайн.Название Feuerblüte II
Год выпуска 0
isbn 9783847605447
Автор произведения Катя Брандис
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Auch den dritten im Bunde, einen älteren Meister namens Cleon, betrachtete Tavian mit gemischten Gefühlen. Er hatte schon von ihm gehört. Natürlich. Cleon war nur zufrieden, wenn sein Name in aller Munde war. „Mit meinen neuen speziellen Formeln werde ich das Problem in den Griff bekommen“, verkündete er gerade mit seiner volltönenden Stimme. „Im Gegensatz zu euch bin ich ja nicht außer Übung, was Blaues Feuer betrifft …“
„Spezialformeln? Was soll denn das für ein Aschehaufen sein?“, knurrte Mika Indro, der Vierte im Bunde – er war Mitglied des Gildenrates, der höchsten Instanz der Feuer-Gilde. Er überragte sie alle um einen Kopf und hatte, wie es manchen Feuer-Leuten passierte, sämtliche Haare schon in seiner Jugend verloren. Tavian betrachtete die große Brandnarbe auf seinem Hals. Hm, ja, sieht tatsächlich nach Blauem Feuer aus, dachte er und musste grinsen. Es schien, als würden Indro und Cleon sich kennen …
Das waren die vier anderen. Tja, und er selbst … er konnte die Vorsicht in den Gesichtern der anderen sehen, wenn sie ihn anblickten. Bis auf Lella. Die hatte ja selbst dem Propheten gedient, und außerdem dachte sie gar nicht daran, ihn anzuschauen.
Auf dem Weg über die steinige Ebene diskutierten die anderen lebhaft darüber, wie es wohl im Inneren des Turms aussah. Tavian – der als Einziger darüber Bescheid wusste ? hörte nicht zu. Er hielt sich ein Stück abseits und ließ den Turm, der sich schlank und silberhell über der Ebene erhob, nicht aus den Augen. Zwanzig Winter war es her, dass er hier gewesen war, und doch konnte er sich an jede Einzelheit erinnern.
Schließlich waren sie da. Staunend berührte Sukie die glatte Oberfläche aus unverfugtem Stein, in die kein einziges Fenster eingelassen war. Die Dämmerung begann schon, und so konnten sie das fahle Leuchten erkennen, das von dem Stein ausging – der ganze Turm verbreitete einen schwachen Schein. Das funktioniert also noch, dachte Tavian. Er lebt. Die anderen Türme – die, von denen nur noch Ruinen übrig waren ? leuchteten nicht mehr.
Cleon begann aufzuzählen, welche Metalle sich im Inneren befanden. Vielleicht wollte er dafür bewundert werden, dass seine Sinne so scharf waren. Kurzerhand unterbrach Tavian ihn. „Gehen wir rein. Wenn’s dunkel wird, ist es hier draußen nicht so gemütlich.“
Er begann die Wände abzutasten, um den verborgenen Eingang zu finden. Verblüfft beobachteten ihn die anderen. „Wieso gehen wir nicht durch den Vordereingang?“, fragte Mika Indro, der gerade das hohe Haupttor entdeckt hatte. Es war ein großes schmiedeeisernes Tor, die Verzierungen auf dem grünschwarz angelaufenen Metall waren verwittert, aber noch zu erkennen.
„Weil er verschlossen ist. Und der Letzte, der den Schlüssel hatte, vermutlich vor tausend Wintern gestorben ist.“ Schließlich fand Tavian die Stelle, an der die Mauer durchlässig war. Oder eher, an der sie nur aus Licht bestand. Er schritt einfach hindurch ins Innere und hörte die anderen erstaunt ausrufen.
Sukie war die Erste, die sich traute ihm zu folgen, dann kamen die anderen. „Das sah lustig aus“, sagte Sukie. „Einen Moment lang dachte ich, du kannst durch Wände gehen …“
Wie kam sie auf die Idee, ihn zu duzen? Tavian wusste nicht, was er davon halten sollte. Doch zwei Atemzüge später hatte er sie und die anderen sowieso vergessen. Wie damals stockte ihm der Atem bei dem Gefühl, hier zu sein. Nichts war mehr wichtig.
Er war zurück in einem der Sieben Türme.
Wenn die Nacht beginnt …
Jorak beobachtete, wie Alena und ihre Freunde die Schänke verließen, und folgte dem Schein der Fackel im Abstand von zwei bis drei Baumlängen – er konnte sie gerade noch als Lichtpunkte sehen. Zum Glück blies ihm der Wind entgegen, sodass Cchraskar ihn nicht wittern konnte, und Jorak achtete darauf, außer Hörweite zu bleiben.
Er selbst hatte nur eine kleine Laterne, die er nach drei Seiten abgeschirmt hatte, damit der größte Teil des Lichts nach unten fiel. Sehr viel sah man damit nicht. Aber er hatte gute Ohren. Jorak hörte, dass zu seiner Rechten ein kleiner Fluss entlangströmte, und er bemerkte ein Knistern und Knacken im Wald auf seiner linken Seite, das ihm gar nicht gefiel. Eine Gänsehaut überzog seine Arme, und er überlegte, ob er sein Schwert ziehen sollte. War vielleicht besser. Er musste sich sowieso an das Ding gewöhnen. War lange her, dass er eins benutzt hatte.
Mit dem Schwert in der Hand blickte er sich um. Irgendetwas huschte dort vorne entlang! Nervös ging Jorak in Kampfpose und schwenkte das Schwert hin und her. Diesmal sah er, was sich dort im Wald bewegte. Es war sein eigener Schatten.
Jorak kam sich dämlich vor, als er sein Schwert wegsteckte und weiterging. Eine Känguru-Maus spürte seine Schritte, hüpfte hinter einem Klumpen Moos hervor und floh vor ihm. Das Wandern war eine Tortur für seine aufgescheuerten Füße. Schon nach zehnmal zehn Atemzügen zog Jorak seine Sandalen aus und ging barfuß. Der weiche, feuchte Waldboden fühlte sich gut an – außer wenn Jorak auf einen spitzen Stein oder Zweig trat.
Etwas raschelte im Gebüsch. Jorak vergewisserte sich, dass er sich diesmal nicht getäuscht hatte. Nein, ich fürchte mich nicht, dachte er grimmig. Da ist irgendetwas. Etwas Großes. Er verließ den Pfad und schlug einen Halbkreis, um vor Alena und ihre Freunde zu gelangen. Sein Herz schlug einen Trommelwirbel. Er würde das Biest gar nicht erst an Alena herankommen lassen.
Da vorne. Ein Schatten, kaum zu erkennen. Jorak nahm allen Mut zusammen und sprang mit gezücktem Schwert auf das Vieh zu.
Zum Glück schaffte er es gerade noch rechtzeitig, seinen Schlag abzufangen. Empört blickte ihn ein Hirschmensch an, der kauend im Gebüsch stand. „Wüs soll düs?“, fragte er und zuckte mit der breiten Nase, die seinem menschlich geschnittenen Gesicht einen beleidigten Ausdruck gab. „Künn man nücht mal in Rühe sein Abendessen einnühmen?“
„Tut mir schrecklich leid“, stammelte Jorak und hoffte, dass Alena und die anderen nichts bemerkt hatten und nicht plötzlich mit neugierigen Blicken aus dem Gebüsch auftauchen würden. „War keine Absicht!“
„Düs sah aber schün so aus!“, rief der Hirschmensch ihm hinterher. Jorak verzichtete auf eine Antwort, er machte sich eilig davon.
Nach einer Weile ging der zweite Mond auf, Jorak sah ihn durch die Bäume hindurchblinzeln. Er lauschte auf die Stimmen von Alena und ihren Freunden, die ganz gedämpft zu hören waren. Allmählich ließ seine Nervosität nach, und er bemühte sich, nicht an die peinliche Episode mit dem Hirschmenschen zu denken. Sie waren ein gutes Stück in Richtung Grenze vorangekommen und noch nichts war passiert. Vielleicht waren die Berichte über die eindringenden Wesen übertrieben. Eigentlich war es sogar ganz schön, nachts im Wald zu sein. Die Luft roch frisch und kühl, nach Baumharz und Erde … kein Vergleich mit dem Gestank Ekaterins und besonders des Schwarzen Bezirks an einem heißen Tag …
Jorak fühlte einen Stich am Bein. Es fühlte sich so an, als hätte ihn jemand mit einer rot glühenden Nadel gestochen. Er unterdrückte einen Fluch und hielt die Lampe nach unten um zu sehen, was ihn da erwischt hatte. Wahrscheinlich eine besonders fette Fiebermücke.
Es war ein Wesen, wie er es noch nie gesehen hatte. Eine Art graue Zecke, so groß wie eine Tarba-Münze. Sie war dabei, sich an seinem Bein festzusaugen. Und sie war nicht allein, noch vier oder fünf andere Zecken krochen kitzelnd an seinem Bein hoch und brachten sich in Position für ihren Stich.
Hastig versuchte Jorak sie von seinem Bein zu wischen. Aber für jede, die er abstreifen konnte, krochen doppelt so viele nach. „Au, verdammt!“, fluchte Jorak, hob die Laterne und sah sich nervös nach einem Fluchtweg um ? der ganze Waldboden bewegte sich. Hunderte von diesen Viechern kamen auf ihn zu. Und dort, gerade jenseits des Lichtkreises … kauerte eine große dunkle Masse, die sich langsam in seine Richtung bewegte… nein, es waren mehrere!
„Ach du große Wolkenschnecke“, entfuhr es Jorak. Also waren mindestens zwei Arten von Biestern über die Grenze gekommen!
Er hatte keinerlei Lust