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Udos Herz schlug ihm bis an den Hals. Auch wenn er wusste, dass es strenge Regeln für den Einsatz von Schusswaffen gab, war es ihm durchaus nicht egal, in den Lauf einer Pistole zu blicken. Würde der Gegenüber alle seine gewollten und ungewollten Bewegungen richtig deuten können?

      „Platz!“, gab er Hasso den Befehl. Was war, wenn Hasso sich bewegte?

      Nachdem er Zulassung und Führerschein ausgehändigt hatte, musste Udo sich mit den Händen auf dem kalten Blech seines schwarzen Golfs abstützen und die Beine spreizen. Wohl wissend, dass immer noch eine Waffe auf ihn gerichtet war, befolgte er die Anweisungen auf das Genauste. Die Leibesvisitation ergab keine Beanstandungen. Dennoch wurden ihm Handschellen angelegt und er wurde zum Einsatzfahrzeug geführt.

      „Sie sind vorläufig festgenommen, Herr Voss, wenn der Name überhaupt stimmt. Sie werden des Führens eines Kraftfahrzeuges ohne gültigen Führerschein beschuldigt. Ihr Fahrzeug hat auch keine gültige Zulassung mehr und die Nummernschilder sind gefälscht. Zur Klärung der näheren Umstände nehmen wir Sie mit aufs Revier.“

      Über Funk wurde die Dienststelle informiert.

      Udo war fassungslos. „Bitte hören Sie! Hier liegt offenbar ein Missverständnis vor.“

      „Diese Sprüche kennen wir“, war die Antwort.

      Stimmt, von solchen Aussagen hätte ich mich auch nicht beeindrucken lassen, gab Udo für sich zu. Auch wenn Udo in diesem Falle wusste, dass es sich hier wirklich nur um einen Irrtum handeln konnte. An die Möglichkeit, dass die Polizisten in Wirklichkeit gar keine Polizisten waren, mochte er gar nicht denken.

      Udo saß in der Zelle. Minuten fühlten sich wie Stunden an. Sein Chef verließ sich auf ihn. Mit Recht konnte er sich auf Udo verlassen, das wusste sein Chef; trotz aller Differenzen. Differenzen gab es nur bei der Auslegung der Kompetenzen. Naja, nur! Offensichtlich konnte Udo nicht damit rechnen, in den nächsten Stunden freigelassen zu werden. Noch war es Zeit einen Ersatz für die Kontrollaufgaben seiner Objekte zu beauftragen. Er musste dringend telefonieren.

      Udos Chef war aufgebracht. „Ein Krimineller in meiner Wachfirma“, schrie er aus dem Telefon. „Was muss ich mir eigentlich noch bieten lassen: Erst am laufenden Band Kompetenzüberschreitungen und jetzt stellt sich heraus, dass der Kriminalkommissar A.D. selbst kriminell ist. Wirklich toll!“

      Die Pritsche in Udos Zelle war keinesfalls mit dem kuschligen Bett bei ihm zuhause vergleichbar. Keine Beteuerung hatte bei dem Verhör genützt, dass sich alles um einen Irrtum handeln müsse. Ja, man hatte ihm nicht einmal gesagt, wie es Hasso ging und wo er war.

      Fingerabdrücke wurden ihm abgenommen und eine Speichelprobe, also das ganze Programm beim Erkennungsdienst. Das endlose Verhör mit den sich immer wieder wiederholten Fragen hatte ihn nach der Nachtschicht für die Sicherheitsfirma an den Rand dessen gebracht, irgendetwas zuzugeben, nur damit er in Ruhe gelassen würde und endlich schlafen konnte. Genauso wusste er, dass es in diesem Falle erst richtig losging. Nichts hatte genützt, die Kommissare von seiner Unschuld zu überzeugen. Er wusste nicht mehr, wie oft er den Satz „Computer lügen nicht“ in den unterschiedlichsten Lautstären und Betonungen gehört hatte. Offenbar war auch niemand bereit, seine Geschichte mit der Suspendierung zu überprüfen. Dass sie unberechtigt war, hatte er noch gar nicht verlauten lassen. Höchstwahrscheinlich wäre dann der Kommissar in einen Lachkrampf ausgebrochen und er machte sich erst recht verdächtig. Er kannte die Verhörmethoden.

      Udo legte sich hin und schoss die Augen. „Fristlos gekündigt“, echote er seinen Chef ein paar Mal „Fristlos gekündigt“, bevor er in einen ruhelosen Schlaf versank.

       Dienstag, 12. Oktober

      Nach vier Stunden Ruhe, in denen Udo auch nicht recht zum Schlafen kam, wurde er schon wieder ins Verhörzimmer gebracht. Udo wusste nicht, wie oft er beteuert hatte, dass es sich hier um einen Irrtum, offenbar einen Computerfehler, handeln musste. Irgendwann musste es den Beamten doch auffallen, dass hier etwas nicht stimmte, oder zumindest seinen Aussagen nachgehen. Lange musste er warten, bis der Kommissar den Raum betrat.

      „Ihre Dokumente sind offenbar echt, wie haben Sie das gemacht, Herr Voss?“

      „Herr Kommissar, die sind echt, weil es die Originalpapiere sind! Für Ihre Computerfehler kann ich nichts. Ich nehme auch an, dass Sie die angeblich eingezogenen Dokumente, also Führerschein und Zulassung nicht finden können. Und die werden Sie auch nicht finden können. Gefunden haben Sie auch keine Unstimmigkeiten zwischen meiner Zulassung und dem Fahrzeug, ganz zu schweigen von den angeblichen Unfallspuren. Das ist nun schon das zweite Mal, dass mir seitens der Polizei Unrecht angetan wird. Vor drei Jahren die ungerechtfertigte Suspendierung und jetzt will man mir eine Straftat anhängen. Was ist bloß mit Euch los?“

      „Wir haben das nachgeprüft. Ihre Suspendierung damals bei dem Rocker-Fall war tatsächlich mysteriös, aber ungerechtfertigt?“ Der Kommissar hob unwissend Schultern und Hände.

      Dass der Kommissar den Rocker-Fall erwähnte, bedeutete, dass man hier tatsächlich seine Angaben überprüft hatte.

      „In unserer EDV sind Sie jedoch mit den Ihnen vorgeworfenen Eintragungen registriert. Deshalb waren Sie auch zur Fahndung ausgeschrieben.“

      „Das kann doch nicht wahr sein!“, rief Udo dazwischen. „Ich bin unschuldig!“

      Der Kommissar beschwichtigte Udo, indem er seine ausgestreckte Handfläche in der Luft nach unten drehte.

      „Die eingetragenen Daten wurden inzwischen korrigiert.“

      Udo wusste genau, was das bedeutete. Man konnte ihn nicht länger festhalten. Tief atmete Udo durch.

      „Dass ich durch Ihren Computerfehler meinen Job verloren habe, geht Sie wohl nichts an, oder?“

      Der Kommissar hob hilflos die Schultern. „Wenn Sie es schon wissen?“

      Trotz der Aufklärung des Vorfalls wollte der Chef der Wachfirma seine fristlose Kündigung nicht zurücknehmen. Was blieb Udo nun anderes übrig, als beim Jobcenter vorzusprechen und der arroganten Frau Krause seine Situation zu erklären. Er stellte sich auf eine lange Wartezeit ein, bis er zu Frau Krause vorgelassen würde. Seine schlimmsten Erwartungen wurden übertroffen.

      Schon während Udos Vortrag konnte Evelin Krause ihr triumphierendes Gefühl nicht verbergen, was bei Udo mannigfaltige Befürchtungen auslöste. Immer wieder betonte er seine Unschuld.

      „So, Sie sind also fristlos gekündigt worden. Dafür ist laut unseren Sanktionsanweisungen eine vierteljährliche Sperrzeit vorgesehen!“, ließ Sie ihre Macht und ihren Triumph heraus. „Eine fristlose Kündigung belegt einen schweren Verstoß gegenüber dem Arbeitgeber.“

      „Aber ich bin doch unschuldig da hineingeraten, Frau Krause. Rufen Sie doch auf dem Polizeirevier an, wenn Sie mir nicht glauben!“

      „Haben Sie ein Schriftstück darüber? - Nein? - Dann ist alles für mich klar!“, begründete sie schnippisch. „Es gehört zu Ihrer Mitwirkungspflicht, alle Unterlagen und Beweise vorzulegen. Basta!“

      Udo erhob sich von seinem Stuhl. „Hören Sie, Frau Krause, ich weiß nicht, wie oft ich noch beteuern soll, dass ich einem Computerfehler zum Opfer gefallen bin. Ich habe dafür schon meinen Arbeitsplatz verloren und jetzt wollen Sie mir auch noch die Lebensgrundlage nehmen?“ Udo schnaufte vor Wut. „Und bevor ich mich hier vergesse: Sie hören von meinem Anwalt!“

      Udo nahm seine Sachen und riss die Tür auf, sodass sie mit Gepolter an den Schrank schlug und ging.

      Udos Hände zitterten, als er die Fahrertür seines schwarzen Golfs aufschloss. Hasso winselte und leckte ihm beruhigend das Gesicht.

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