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ich habe angefangen, Fürst,« versetzte Poltorazkij lächelnd, »sondern sie selbst.«

      »Ein Soldat soll verwundet sein, wie ich höre?«

      »Ja, schade um ihn. Es ist ein tüchtiger Soldat.«

      »Ist die Verwundung schwer?«

      »Sie scheint schwer zu sein, ein Bauchschuss.«

      »Und wissen Sie, wohin ich jetzt reite?« fragte Woronzow. »Erraten Sie es nicht? Hadschi Murat ist angekommen, wir werden ihn sogleich treffen.«

      »Nicht möglich!«

      »Gestern hat er einen Boten zu mir geschickt,« sagte Woronzow, nur mit Mühe seine Freude verbergend. »Er erwartet mich jedenfalls schon auf der Lichtung. Lassen Sie die Postenkette bis an die Lichtung vorgehen, und kommen Sie dann zu mir zurück.«

      »Zu Befehl,« sagte Poltorazkij, legte die Hand an die Fellmütze und begab sich zu seiner Kompanie. Er führte selbst einen Teil der Kette nach rechts hinüber, während er die Besetzung der linken Seite dem Feldwebel übertrug. Der verwundete Awdjejew war inzwischen von den Soldaten nach der Festung gebracht worden. Poltorazkij war bereits wieder zu Woronzow unterwegs, als er in seinem Rücken einen Reitertrupp gewahr wurde, der ihn einzuholen suchte. Er machte halt und erwartete die Herannahenden.

      Allen übrigen voran ritt auf einem weißmähnigen Pferde ein Mann von eindrucksvollem Äußeren, mit einem Turban um die Lammfellmütze und mit kostbaren goldverzierten Waffen im Gürtel. Es war kein anderer als Hadschi Murat. Er ritt an Poltorazkij heran und sagte zu ihm irgend etwas auf tatarisch. Poltorazkij zog die Brauen hoch und zuckte lächelnd die Achseln, zum Zeichen, daß er ihn nicht verstehe. Hadschi Murat antwortete gleichfalls mit einem Lächeln, und dieses Lächeln überraschte Poltorazkij durch seine kindliche Gutmütigkeit. Poltorazkij hatte sich den kühnen Anführer der Bergbewohner ganz anders vorgestellt. Er erwartete einen finsteren, trockenen, absonderlichen Menschen zu sehen, und nun erblickte er einen harmlos schlichten Mann vor sich, der so gutmütig lächelte, als sei er sein alter Freund und Vertrauter. Nur eins fiel an seinem Gesichte auf: die weit auseinanderstehenden Augen, die ruhig, durchdringend und aufmerksam in die Augen anderer Leute schauten.

      Das Gefolge Hadschi Murats bestand aus vier Männern. Einer dieser Männer war Chan Mahoma – derselbe, der in der Nacht vorher bei Woronzow gewesen war. Er hatte ein rundes, vor Lebensfreude strahlendes, rotwangiges Gesicht, in dem ein Paar lebhafte schwarze Augen blitzten. Dann war da ein breitschultriger, stark behaarter Mensch mit zusammengewachsenen Augenbrauen – der Aware Chanefi, der das Vermögen Hadschi Murats verwaltete. Er führte ein Saumpferd am Zügel, das hoch mit Säcken bepackt war. Der dritte und vierte der Männer, die Hadschi Murats Gefolge bildeten, fielen durch ihr Äußeres ganz besonders auf. Der eine von ihnen, der junge Eldar, war ein schlanker, stattlicher Mensch mit den Augen eines Widders, breit in den Schultern und frauenhaft schmal über den Hüften, mit kaum sichtbarem Bartansatz. Der vierte und letzte war ein Einäugiger ohne Brauen und Wimpern, mit kurzgeschorenem rotem Barte und einer mächtigen Schramme, die ihm quer über die Nase ging; es war der Tschetschenze Hamsalo.

      Poltorazkij machte Hadschi Murat auf den Fürsten aufmerksam, der soeben auf den Weg hinausritt. Hadschi Murat ritt auf Woronzow zu, legte, als er ihn erreicht hatte, die rechte Hand auf die Brust, sagte irgend etwas auf tatarisch und hielt dann wie in Erwartung einer Antwort ein. Der Tschetschenze, der mit Woronzow gekommen war, übertrug Hadschi Murats Worte: »Ich übergebe mich hiermit in die Gewalt des russischen Zaren und will ihm dienstbar sein,« so lauteten seine Worte. »Ich wollte es schon lange tun, doch hat Schamyl es mir nicht gestattet.«

      Nachdem Woronzow die Worte des Dolmetschers vernommen hatte, reichte er Hadschi Murat die mit einem gemsledernen Handschuh bekleidete Hand. Hadschi Murat blickte auf diese Hand, zögerte einen Moment, schüttelte sie dann aber kräftig und sagte dabei irgend etwas, wobei er bald den Dolmetscher, bald Woronzow ansah.

      »Er sagt, er habe sich keinem andern ergeben wollen, als gerade dir, weil du der Sohn des Sardar1 bist. Er schätzt dich besonders hoch.«

      Woronzow nickte mit dem Kopfe, zum Zeichen, daß er ihm für seine Hochachtung dankbar sei. Hadschi Murat sagte dann noch irgend etwas, wobei er auf seine Begleiter zeigte.

      »Er sagt, daß auch diese Leute, seine Muriden, ebenso wie er selbst den Russen dienstbar sein werden.«

      Woronzow ließ seinen Blick über die vier Männer schweifen und nickte ihnen zu.

      Chan Mahoma, der Tschetschenze mit den munteren schwarzen Augen, nickte seinerseits Woronzow zu und sagte etwas, das wohl ziemlich lustiger Art sein mochte, da der starkbehaarte Aware Chanefi über das ganze Gesicht dazu lachte, wobei seine blinkend weißen Zähne sichtbar wurden. Der rothaarige Hamsalo warf Woronzow nur einen einzigen Blick aus seinem roten Auge zu und blickte dann wieder starr auf die Ohren seines Pferdes.

      Als Woronzow und Hadschi Murat mit ihren Begleitern nun nach der Festung ritten, machten die Soldaten, die nach Auflösung der Vorpostenkette da und dort in Gruppen zusammenstanden, ihre Bemerkungen über den Gast.

      »Wie viel Seelen hat er auf dem Gewissen, der Höllenhund! Und jetzt wird er noch obendrein seine schöne Versorgung kriegen, gebt acht!« sagte der eine.

      »Das ist wohl möglich. Er war auch Schamyls bester Kommandeur. Jetzt hat er ausgesorgt.«

      »Ein tüchtiger Bursche ist er schon, dagegen ist nichts zu sagen. Ein richtiger Dschigit!«2

      »Und der Rothaarige – habt ihr gesehen, wie der scheel geguckt hat? Wie ein Raubtier!«

      »Das muß ein böser Hund sein!«

      Hamsalo, der Rothaarige, war ihnen ganz besonders aufgefallen.

      Dort, wo das Holz gefällt wurde, kamen die Soldaten, die näher am Wege waren, rasch herbeigelaufen, um sich den seltsamen Zug anzusehen. Der Adjutant schrie sie an, doch Woronzow wehrte ihm.

      »Mögen sie sich ihren alten Bekannten doch ansehen,« meinte er. »Weißt du, wer der Mann da ist?« fragte Woronzow, die Worte langsam mit seinem englischen Akzent herausbringend, den ihm zunächst stehenden Soldaten.

      »Nein, Ew. Exzellenz.«

      »Hadschi Murat ist es. Hast du von ihm gehört?«

      »Gewiß doch, Ew. Durchlaucht, wir haben ihn oft genug verhauen.«

      »Ihr habt aber auch euer Teil von ihm bekommen!«

      »Das stimmt wohl, Ew. Durchlaucht,« antwortete der Soldat, ganz stolz darauf, daß er mit dem hohen Vorgesetzten hatte sprechen dürfen.

      Hadschi Murat begriff, daß von ihm gesprochen wurde, und ein heiteres Lächeln leuchtete in seinen Augen. Woronzow kehrte in der heitersten Gemütsverfassung in die Festung zurück.

      1 Der Oberstkommandierende

      2 Held

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