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wenn du vorhast, diplomatisch vorzugehen.“

      Mara lachte, um gleich darauf genüsslich zu gähnen. „Keine Drohung.“

      „Du bist wirklich müde, hm?“, fragte Sina.

      „Ja, sehr.“

      „Dann … ich lösche die Kerzen, lasse den Vorhang aber offen, in Ordnung? Auch den vorm Fenster.“

      „Wie du möchtest …“, stimmte sie zu. „So schlimm ist es nicht.“

      Im Halbschlaf fragte sie sich, was Sina denn noch so lange machte, wohl kaum aufräumen. Sie schlief schon fast, als Sina wieder ins Bett kam, ihr fürsorglich die Decke über den Rücken zog und Mara noch einmal übers Haar strich. „Schlaf schön, meine Süße, und lass dich von mir nicht stören.“

      Mara tastete nach Sinas Hand und hielt sie fest. „Mich könnte nicht mal ein Gewitter wecken.“

      Sina streichelte ihren Rücken, immer das Rückgrat entlang, hinauf und wieder hinunter. Sehr beruhigend, sehr schön. Es war dunkel, mitten in der Nacht, Regen prasselte ans Fenster.

      Mara wandte den Kopf in Richtung der Tempelwächterin.

      „Du hast geträumt, Schatz. Mit einem Mal wurdest du ganz unruhig, hast vor dich hin gemurmelt und gestöhnt. War der Traum … sehr schlimm?“, fragte Sina behutsam.

      „Hm, auf jeden Fall sehr verstörend. Tut mir leid, wenn ich dich geweckt habe.“

      „Hast du nicht, ich war ohnehin wach. … Ich habe nachgedacht, über dich.“

      „Warum?“, wollte Mara wissen.

      „Weil du hier bist.“

      „Oh.“

      Sacht zeichnete Sina mit der Fingerspitze die Narben auf ihrem Rücken nach, schob dabei langsam und behutsam die Decke tiefer nach unten.

      „Kora sagte, die Narben würden niemals ganz verschwinden, ich würde sie mein Leben lang behalten“, erzählte Mara.

      „Was ist passiert?“ Sinas Stimme klang belegt, während ihre Hand warm und mit leichtem Druck auf Maras Rücken lag.

      „Ich … wurde bestraft, mit der Peitsche, fünfzehn Schläge. Oder sagt man ‚Hiebe‘? Mein Manduranisch erscheint mir mitunter ziemlich dürftig. Nach dem siebten Hieb verlor ich das Bewusstsein, aber ich glaube, sie haben trotzdem weitergemacht. Ich konnte ewig nicht auf dem Rücken liegen. Seitdem schlafe ich auf dem Bauch, oder auf der Seite.“

      „Was hattest du denn Schreckliches verbrochen?“ Sina hatte sich erstaunlich gut unter Kontrolle, auch wenn Mara die Bestürzung aus ihrer Stimme heraushörte.

      Aber das machte das Erzählen seltsamerweise einfacher. Sie setzte sich auf, sie mochte nicht liegen, wenn die unangenehmen Erinnerungen ihr so nahe rückten. „Ich habe ein Schwert berührt.“

      „Das … das ist doch kein Grund!“ Aus Sinas Stimme klangen Fassungslosigkeit und Entsetzen.

      „Auf Ogarcha schon. Weißt du, oft beneide ich die Menschen um die Fähigkeit, vergessen zu können. Ich hingegen kann nicht vergessen, ich durchlebe alles immer wieder neu. Die gleiche Qual, den gleichen Schmerz, die Demütigung. Die Gerüche sind da, die Geräusche, die Berührungen. Ich sehe immer wieder die Verzweiflung in den Augen meines Vaters, fühle meinen Hass auf ihn. Nichts ändert sich, nichts verblasst.“ Schweigend blickte sie auf ihre Hände, lächelte, als sie daran dachte, dass sie inzwischen Unterricht im Schwertkampf erhielt. Sie rannte ständig mit einem an die Wade geschnallten Messer herum, obwohl sie es jetzt im Bett natürlich abgenommen hatte. „Danach war ich lange Zeit krank, hatte hohes Fieber, die Verletzungen heilten anfangs ziemlich schlecht. Kora meinte mal zu mir, ich sei mit Absicht so krank, um meinen Vater … um mich an meinem Vater zu rächen, weil er mich nicht in Schutz genommen hat.“

      „Was war mit deiner Mutter?“, fragte Sina leise.

      „Sie war zu dieser Zeit schon lange tot, sie starb, als ich fünf war.“

      „Und wie alt warst du, als … als das passierte?“

      „Elf, fast zwölf. Und dann, ich bin natürlich doch wieder gesund geworden, wenn auch sehr langsam, ist mein Vater auf die Jagd gegangen, Wolfsjagd. Seltsam, mein Vater war ein wirklich guter Jäger, doch an diesem Tag im Spätherbst war der Wolf schneller, er hat ihn getötet. Und … und der Wolf ist das Wappentier von Reiks Familie, und Reik hat Ludeau getötet.“

      „Wer ist Ludeau?“, fragte Sina irritiert.

      „Unwichtig, er hat mir einmal sehr wehgetan. Jedenfalls ist er tot. Und ich habe geträumt, auf Ogarcha. Vermutlich würde Lorana es eine Vision nennen. Jedenfalls habe ich geträumt, von einem Wolf gejagt zu werden. Nicht das erste Mal, dass ich davon träumte, aber dieses Mal hat er mich erwischt und mir die Kehle aufgerissen, ich konnte spüren, wie mein Blut an mir herabfloss, wie ich verblutete. Ich sah mein eigenes Sterben, verstehst du, und Reik hat mir dabei zugesehen!“

      Sina schüttelte verwirrt den Kopf. „Wieso Reik?“

      „Er war bei mir, als ich träumte, er stand vor mir, ich nahm seinen Geruch wahr und wollte weg. Aber ich konnte mich nicht rühren und plötzlich träumte ich, Reik war der Wolf, und er war es, der mich tötete. Er sagte, es hätte ausgesehen, als hätte mir ein Tier die Kehle zerfetzt. Er hat das Blut gesehen, mein Blut. Er war vollkommen durcheinander.“

      „Du meinst, er hat deinen Traum gesehen, aber nicht … Er hat nicht gesagt, dass er selbst dieser Wolf in deinem Traum war, dass er es nur miterlebt hat, sozusagen als Beobachter?“, fasste Sina zusammen.

      „Genau“, bestätigte Mara.

      „Aha. Und was soll das bedeuten?“

      „Ich weiß es nicht. Es war … es war so ein merkwürdiges Gefühl, ich war die Beute, sah … beobachtete mich selbst … Und der Jäger … ich hatte entsetzliche Angst, konnte mich nicht mehr bewegen, ihn nur anstarren. und doch … Alles erschien mir so einfach, als gäbe es keinerlei Zweifel mehr, nur die Gewissheit, sterben zu müssen, jetzt, es war … endgültig, und in dem Augenblick, in dem winzig kurzen Moment, bevor ich starb, erlebte ich ein Gefühl von … Ekstase.“

      „Du … Mara, Schatz, du hast … oh, Ihr Götter!“ Sinas Stimme klang wie ein Stöhnen, beinahe wie ein Flehen. Plötzlich richtete sie sich abrupt auf, zog Mara ungestüm an sich und küsste sie, gierig und zugleich überaus zärtlich und sanft. Dann bedeckte sie Maras Körper mit Küssen. Mara wand und bog sich ihr entgegen, damit Sina keine Stelle ihres Körpers ausließ.

      Die Sorge war unbegründet, Sina ging ausgesprochen gewissenhaft vor. Es war vollkommen anders als mit Anella. Aber Sina war eben nicht Anella. Sie war eine erwachsene Frau, eine erfahrene Frau, und sie wollte Mara, wollte ihren Körper. Und sie wusste genau, was sie tat, was sie mit ihr tat, und sie tat es so gut!

      Mara lachte auf, atemlos vor geradezu wilder Freude, nur um gleich darauf vor Lust zu stöhnen und danach alles gleichzeitig. Aber vielleicht war es auch Sina, vielleicht war sie auch einer Ohnmacht nahe, weil sie wieder einmal viel zu schnell atmete, doch sie konnte und wollte nicht damit aufhören, weil es so schön war.

      Nur langsam beruhigte sich Maras Atem, während sie ihren vom Schweiß feuchten Körper an Sinas drückte, träge vor gesättigtem Verlangen, schwer vor Müdigkeit. Sie spürte, wie Sinas Arme sie umschlangen, nahm den leichten Duft ihres Schweißes wahr, schmeckte ihn salzig auf ihrer Haut. Sie hörte Sinas Herzschlag, konnte ihn unter ihren Fingerspitzen auf ihrer Brust fühlen.

      „Schläfst du schon, Süße?“

      „Hm … fast.“

      „Es geht dir doch gut?“

      „Ja … sehr. Und dir?“

      „Auch, wirklich“, bestätigte Sina. „Obwohl ich nicht damit gerechnet habe, dass du in meinen Armen ohnmächtig wirst.“

      Mara grinste, was sollte

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