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      Grazia Deledda

      Schilfrohr im Winde

      Dieses ebook wurde erstellt bei

      

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       I.

       II.

       III.

       IV.

       V.

       VI.

       VII.

       VIII.

       IX.

       X.

       XI.

       XII.

       XIII.

       XIV.

       XV.

       XVI.

       XVII.

       Impressum neobooks

      I.

      Schilfrohr im Winde

       Grazia Deledda

      Roman

      Den ganzen Tag hatte Efix, der Knecht der Damen Pintor, an der Verstärkung des dürftigen Dammes gearbeitet, den er selbst im Wandel arbeitsamer Jahre, am Rande des kleinen Bauerngutes, längs des Flusses aufgeschüttet hatte; und nun, bei Einbruch der Dunkelheit, betrachtete er sein Tagewerk aus der Höhe, vor seiner Hütte sitzend, im Schutze des blaugrünen Schilfrohres, das sich am weißen Hang des Taubenhügels emporzog.

      Still und friedlich, da und dort von einem schimmernden Wässerchen geädert, ruht das Gut im Dämmerschein zu seinen Füßen – dieses Gut, das Efix mehr als sein Eigentum betrachtet denn als Eigentum seiner Herrinnen. Dreißig Jahre harter Arbeit ließen ihn eng damit verwachsen, und die beiden Feigenhecken, die es zu beiden Seiten einfrieden wie zwei graue, sich allmählich über den Hang zum Fluss hinabschlängelnde Mauern, erscheinen ihm wie die Grenzen der Welt.

      Absichtlich blickte der Knecht nicht über sie hinaus, da das Land daneben einst auch seinen Herrinnen gehört hatte. Warum in die Vergangenheit zurückschweifen? Sinnlose Trauer. Nein, lieber an die Zukunft denken und auf des Himmels Hilfe hoffen.

       Und der Himmel verhieß heuer eine gute Ernte, ließ die Mandelbäume und Pfirsichsträucher im Talgrund in üppiger Blüte prangen; und dieser, eingesäumt von zwei weißen Hügelketten, mit den blaudunstigen Bergen fern im Westen und dem schimmernden Meer im Osten, war wie eingebettet in grüne und blaue Schleier, darunter der Fluss seine einschläfernde Weise murmelte.

      Aber die Tage waren schon recht heiß – fast zu heiß, und Efix dachte besorgt an die Gewitterregen, die den nicht eingedämmten Fluss anschwellen und aus den Ufern treten und alles ringsum verheeren lassen. Hoffen, ja – aber nicht vertrauen! Vor allem aber auf der Hut sein wie das Schilfrohr am Hang, durch das schon beim leisesten Windhauch ein banges Flüstern und Raunen geht, wie zur Warnung vor der drohenden Gefahr.

      Deshalb hatte er ja auch den ganzen Tag gearbeitet und betete nun, während er der Nacht entgegen harrte und eine Binsenmatte flocht, zu Gott, damit er sein Werk segnen möge. Was nützt ein kleiner Damm, wenn der Herr ihn nicht mit seinem Willen unerschütterlich macht wie einen Felsen?

      Sieben Binsen also durch eine Weidenrute und sieben Gebete zum Herrgott und zu Unserer Lieben Frau dort in dem kleinen Kirchlein in der Ferne, das ins tiefe Blau der Dämmerung taucht, umringt von friedlichen Hütten, von einem uralten, wie seit Jahrhunderten verlassenen Dorf. In dieser Stunde, wenn der Mond wie eine große Rose zwischen den Sträuchern am Hügel erblühte und die Wolfsmilch berauschend am Fluss unten duftete, sprachen auch Efix' Herrinnen den Abendsegen. Fräulein Esther, die älteste, schloss sicherlich auch ihn, den armen Sünder, ein in ihr Gebet; und das genügte, um ihn froh zu stimmen und zu belohnen für all seine Mühe.

       Da ließ ein Schritt in der Ferne ihn plötzlich aufblicken. Er glaubte ihn zu erkennen; es war ein rascher, leichtbeschwingter Schritt, als eilte ein Engel durch das Land, um freudige und traurige Mären zu verkünden. Der Wille des Herrn geschehe immerdar; er ist es, der gute und schlechte Botschaft schickt! Aber sein Herz begann laut zu pochen, und auch die Binsen, die silbern wie Wasserstrahlen im Mondlicht glitzerten, zitterten in seinen schwarzen, rissigen Fingern.

      Nun war der Schritt nicht mehr zu hören. Dennoch blieb Efix regungslos sitzen und wartete.

      Höher und höher stieg der Mond, und die Stimmen des Abends verkündeten dem Alten, dass sein Tagewerk zu Ende war: der gedämpfte Ruf des Kuckucks, das Zirpen der jungen Grillen, ein klagender Vogelschrei; das Seufzen des Schilfrohrs und das immer heller tönende Lied des Flusses; ein geheimnisvolles Wispern und Atmen, das aus der Erde selbst zu kommen schien. Ja, des Menschen Tagewerk war nun zu Ende; dafür erwachten nun die Gnome, die Elfen und die ruhelosen Seelen der Gestorbenen zu gespenstischem Leben. Die Geister der alten Ritter kamen aus der Schlossruine über dem Dorf Galte links im Tal herab und jagten an den Ufern des Flusses nach Ebern und nach Füchsen; ihre Waffen blitzten durch das niedrige Erlengestrüpp, und das heisere Hundegebell in der Ferne zeigte an, dass sie vorübertrabten.

       Zumal in hellen Mondnächten treibt dieser Geisterspuk auf den Hügeln und in den Tälern sein geheimnisvolles Wesen, und dann soll der Mensch ihn nicht stören durch seine Gegenwart, da ja auch die Geister ihn untertags unbehelligt ließen. Ja, dann wird es Zeit, sich zurückzuziehen und einzuschlummern unter den Fittichen der Schutzengel.

      Feix bekreuzte sich und stand auf. Aber noch immer erwartete er irgendjemand. Trotzdem schob er das Brett vor, das als Tür diente, und lehnte ein großes Kreuz aus Schilfrohr dagegen, das den bösen Geistern und den Anfechtungen des Teufels das Eindringen in die Hütte verwehren sollte.

      Das Mondlicht fiel durch die Ritzen in den engen, niedrigen Raum, der freilich groß genug schien für ihn, der klein und mager war wie ein junger Bursche. Von dem kegelförmigen Schilf- und Binsendach, dass die rohgemauerten Wände deckte und in der Mitte ein Loch zum Abziehen des Rauches hatte, hingen an Schnüren aufgereihte Zwiebeln und getrocknete Kräuterbüschel herab, geweihte Palm- und Ölzweige, ein bunter Wachsstock, eine Sichel zum Schutze gegen den Werwolf und ein Säckchen Gerste zum Schutze gegen die panas, die irrenden Seelen der im Wochenbett verstorbenen Frauen. Bei jedem Luftzug gerieten all diese Dinge in Bewegung, und die Spinnweben glitzerten im Mondschein. Am Boden lag der Tonkrug mit den

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