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Die Katzen des Sallust. Salvatore Algieri
Читать онлайн.Название Die Katzen des Sallust
Год выпуска 0
isbn 9783737501330
Автор произведения Salvatore Algieri
Жанр Документальная литература
Издательство Bookwire
Sallust ist wegen seiner historischen Werke Die Verschwörung des Catilina und Der Krieg gegen Jugurtha berühmt geworden. Über sich selbst hat er darin nur sehr wenig erzählt. Im Gegensatz dazu hat sein Gegner Cicero mit seinen über 900 Briefen und unzähligen Reden eine breite Spur von Informationen hinterlassen, nicht nur über die politischen Ereignisse des ersten Jahrhunderts v. Chr., sondern auch über sein Leben und seine Gefühle, beispielsweise über die Ausstattung seines Hauses auf Tusculum und der darin befindlichen Bibliothek oder seine Sorgen um seine geliebte Tochter Tullia und seinen Bruder Quintus. Die Biografen des Sallust haben es viel schwerer, auch weil viele Informationen über das Leben und die Taten des Historikers aus Werken stammen, die wahrscheinlich Fälschungen sind. Eine Schmährede („Invektive“) gegen Sallust wurde zunächst Cicero als eine Rede im römischen Senat zugeschrieben, ist aber mit großer Wahrscheinlichkeit eine Fälschung, weswegen der unbekannte Autor mittlerweile Pseudo-Cicero genannt wird. Für geschickte Rhetoriker war es zur damaligen Zeit nicht unüblich, zu Übungszwecken eine Rede so zu verfassen, als stamme sie von irgendeinem berühmten Anwalt, zum Beispiel von Cicero. Die Invektive gegen Sallust ist vermeintlich eine Antwort auf eine andere Invektive, diesmal von Sallust gegen Cicero.9 Das Vertrackte daran ist, dass einige Fakten, die in den besagten Reden zur Sprache kommen, mit gesicherten Tatsachen übereinstimmen, sodass man davon ausgehen muss, dass diese Quellen ein Gesamtbild von Sallust liefern, auch wenn dieses nicht hundertprozentig zuverlässig ist.
Andere biografische Brocken können wir den Schriften der späteren Historiker entnehmen, zum Beispiel denen von Cassius, Appianus, Asconius und den Kirchenvätern Eusebius sowie Hieronymus. Aus allen diesen Quellen erfahren wir, dass Sallust ein Sabiner war, d. h., dass er aus einer bergigen Gegend stammte, wo der Rummel und der Glanz der Weltstadt Rom nur in ziemlich abgedämpfter Form ankamen. Seine Werke sind voll von moralisierenden Idealen, doch es ist fraglich, ob er sich selbst immer daran gehalten hat. Er selbst schreibt – wenn auch etwas verklausuliert – dass er in der lasterhaften Umgebung der römischen Politik nicht immer standfest blieb. Vom Pseudo-Cicero erfahren wir, dass sein Verhalten in der Jugend nicht gerade beispielhaft war und er das Haus seines noch lebenden Vaters verkaufte, um seine Schulden begleichen zu können.
Schon bald schloss er sich an der Seite von Julius Caesar der Partei der Populares an und befand sich infolgedessen in einem ständigen Konflikt mit Cicero, der auf der Seite der Optimates stand. In den Jahren zwischen 62 und 52 v. Chr. wurde die römische Politik von der Fehde zwischen Cicero und dem Tribun Clodius geprägt; Sallust fand sich als Vertreter der Populares oft an der Seite des Clodius wieder und stellte sich damit gegen Cicero. Die Feindschaft zwischen Publius Clodius Pulcher (aus der Familie der Pulchri, der Schönen) und Cicero nahm ihren Anfang im Jahr 62 v. Chr., als Clodius sich in Frauenkleidern in das Haus Caesars einschlich, wo die römischen Matronen unter der Leitung von dessen Mutter die Mysterien der Bona Dea zelebrierten.10 Zu diesem Ritus waren nur Frauen zugelassen, wodurch er eine Art Gegenstück zum Kult des Herkules bei der Ara maxima darstellte, an dem nur Männer teilnehmen durften. Der „feministische“ Eifer ging so weit, dass man sogar die Bilder von männlichen Tieren verhüllte.11 Clodius hatte angeblich ein Verhältnis mit Caesars Frau oder wollte sich einfach nur einen Scherz erlauben, wurde jedoch letztlich von einer Dienerin entlarvt.12 Der darauf folgende Skandal war groß, unter anderem deshalb, weil Caesar zu diesem Zeitpunkt das höchste religiöse Amt, das des Pontifex maximus, bekleidete. Es kam zu einem Verfahren gegen Clodius, in dem Cicero gegen ihn Stellung bezog, doch Clodius ließ das Gericht von seinen bewaffneten Banden umzingeln, woraufhin der Richterspruch um zwei Tage verschoben werden musste. Dank einer finanziellen Unterstützung durch Crassus konnten die zuständigen Richter bestochen werden, sodass Clodius am Ende frei kam. Cicero berichtet:13
Dann wurden aber auch – mein Gott, was für Zustände! – die Nächte bei gewissen Frauenzimmern sowie die Zuführung adliger Jüngelchen für manchen Geschworenen der Höhepunkt des Sündenlohns.
….Und trotzdem zeigten sich fünfundzwanzig Geschworene so mutig, dass sie trotz höchster Gefahr lieber selbst ihr Leben lassen als alles verloren gehen wollten. Nur einunddreißig waren es, die sich mehr vom Hunger als von ihrer Ehre leiten ließen.
Caesar war darauf aus, dass die ganze Angelegenheit in Vergessenheit geriet, und so äußerte er sich im Verlauf des Verfahrens kein einziges Mal. Er ließ sich aber von seiner Frau scheiden.14 Auf diesem Anlass basiert der Spruch: Caesars Frau muss über jeden Verdacht erhaben sein. Natürlich dachte Caesar, dass sein Ruhm, der schon erheblich ramponiert war, keine zusätzliche Belastung wegen seiner Frau benötigte.
Im Jahr 59 v. Chr. verzichtete Clodius auf seinen Patrizierstatus und ließ sich von einem Plebejer adoptieren, weil er nur so zum Volkstribun gewählt werden konnte, was ihm wiederum die Möglichkeit gab, einen größeren Einfluss auf das Volk auszuüben. Er entwickelte sich in der Folge zu einem Intriganten, der, gestützt auf seine Beliebtheit beim Volk, seine eigene Politik betreiben wollte.15 Es gelang ihm, Cicero ins Exil zu jagen, unter dem Vorwand, dass dieser die Verschwörer um Catilina, ohne ihnen einen richtigen Prozess gemacht zu haben, zum Tode verurteilen ließ. Clodiusʼ Banden brannten Ciceros Haus nieder, als dieser Rom verlassen hatte, ohne auf die endgültige Verbannung zu warten.16 Clodius ließ auch auf Ciceros Grundstück eine Statue der Libertas aufstellen, so dass Cicero auf „geweihtem“ Grund kein Haus mehr errichten konnte.17 Im Jahr 57 v. Chr. schlug einer der Tribunen die Rückkehr Ciceros vor, aber Clodius tat alles, um dies zu verhindern. Mit seinen Gladiatorenbanden behinderte er die Sitzungen des Senats und Ende Januar verübte er ein furchtbares Gemetzel im Forum. Bei dieser Gelegenheit kam Quintus, Ciceros Bruder, um Haaresbreite davon, indem er sich unter den Leichen versteckte. Cicero zeichnet ein düsteres Bild:
Der Tiber füllte sich mit Leichen, die Kloaken waren verstopft und man reinigte das Forum mit Schwämmen vom Blut. 18
Cicero konnte indes auf die Unterstützung der Tribunen Publius Sextius und Titus Annius Milo zählen, die sich derselben Methoden bedienten wie Clodius und bewaffnete Banden organisierten, die diesen in Schach hielten. Letzten Endes kehrte Cicero aus dem Exil heim, und wurde am 4. September in Rom vom Volk begeistert gefeiert.
Im Jahr 55 v. Chr. wurde Sallust Quästor und nahm damit eine Stelle in der Verwaltung ein, mit der junge Römer ihre Ämterlaufbahn starteten. Am 18. Januar des Jahres 52 v. Chr. erschütterte ein Mord die römische Gesellschaft, der gleichzeitig der Endpunkt des Krieges zwischen den beiden Hitzköpfen Clodius Pulcher und Titus Annius Milo war. Auf der Via Appia trafen sich, vermutlich zufällig, die beiden Männer, jeweils in Begleitung ihrer Banden. In dem daraufhin stattfindenden Kampf wurde Clodius getötet. Im April begann der Prozess gegen Milo. Details aus dem Verfahren kennen wir aus der Rede von Cicero (Die Verteidigung Milos) und aus dem Kommentar von Asconius. Dieser gibt uns einen Einblick in die Feindschaft zwischen Sallust und Cicero:19
….die Tribunen Quintus Pompeius Rufus, Gaius Sallustius Crispus und Titus Munatius Plancus waren die ersten, die Volksversammlungen hielten, die extrem feindlich für Milo waren und Animosität gegen Cicero schüren sollten.
Cicero seinerseits bemerkt:20
Einige .… haben behauptet, der Mord sei zwar von Milos Hand verübt worden, jedoch auf Anstiftung eines Mächtigeren. Offensichtlich suchten sie mich als Banditen und Mörder hinzustellen – diese verworfenen, abscheulichen Menschen.
Für diejenigen, die nicht wussten, von wem Cicero sprach, liefert Asconius die Namen:21
Gemeint waren die Tribunen Quintus Pompeius