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»Um ehrlich zu sein, war das so«, bestätigte die.

       »Welcher Wahnsinnige hätte das denn sein sollen, der uns beide umbringt«, Helen sah verständnislos von einem zum anderen.

       »Und welcher Wahnsinnige soll deiner Meinung nach Edith vergiftet haben? Fällt dir da eher jemand ein?« Marilyn verstand die Freundin im Moment nicht recht, aber das wunderte sie in der gegenwärtigen Lage nicht weiter.

       »Nein.« Helen versank wieder in Schweigen, Olivia lernte, Helens momentanen Zustand an deren Gesicht abzulesen. Sie schob sich ein Stück Käse in den Mund und wartete. Marilyn tat es ihr nach. Beim Essen kam der Appetit und beide aßen langsam, sahen in den Garten und hingen ihren Gedanken nach. Marilyn schob Helen ihren Teller bittend näher, erfolglos. Sie starrte weiter ins Leere und reagierte nicht.

       »Es ist sehr schade, dass Leila nicht etwas länger geblieben ist«, kam es Marilyn in den Sinn, »danach waren Sie da und der Täter hätte aufgeben müssen. Warum hatte er so viel Glück?«

       »Ich weiß es nicht«, Olivia sah von einer zur anderen. »Wenn wir von Leila erfahren könnten, ob sie wirklich hierher gegangen ist und am besten auch, wann sie wieder ging, bliebe vermutlich wirklich nur ein schmaler Zeitraum, in dem es passiert sein muss.« Ihr Blick streifte unauffällig Helens Starrheit. »Ich denke, ich sollte jetzt gehen, meinen Sie nicht auch«, sie sah Marilyn abwartend an. Mit deren schweigender Zustimmung stand sie auf, wünschte Helen leise einen guten Abend und ging. Im Laden bat Marilyn um ihre Telefonnummer und erhielt sie auch, dann stand Olivia mit großen Leinentaschen voller Wolle im Sommerabend in der schmalen Gasse. Sie eilte durch die Passage und die Old Church Street hinauf zum Bus. Wangari würde die Wolle noch holen, um sie gleich an die Strickerinnen zu verteilen, die frei waren.

      Kapitel 4

      Am nächsten Abend stand Richard pflichtschuldigst vor Olivias Tür zum Rapport. Es war Freitag und der Beginn seines zweiwöchigen Sommerurlaubs. Das schlechte Wetter hatte sich verzogen und milde Abendluft strömte durch die weitgeöffnete Terrassentür. Drinnen war es dämmerig, aber die Rotweingläser konnten sie noch ohne Mühe finden. Leonard hatte sich zu ihnen gesetzt.

       »Es gibt nicht wirklich viel zu berichten«, eröffnete Richard seine Polizeinachrichten. »Zwei Tage sind knapp und ich habe die meiste Zeit auf einen laufenden Fall verwendet, den ich allen Ernstes heute abschließen konnte. Ich kann euch sagen, ich fahre jetzt ziemlich erleichtert in Urlaub.«

       »Das verstehe ich, Glückwunsch! Wer bearbeitet den Fall ›Edith Munroe‹, während du weg bist?«

       »Chief Inspector Mulligan. Du kannst ihn jederzeit anrufen, er weiß von dir.«

       »Aber er würde mich nicht benachrichtigen, wenn er aufsehenerregende Neuigkeiten herausbrächte?«

       »Ich fürchte nein, du weißt…«

       »Ja, ich weiß, alles geheim. Also: was gibt es von den letzten beiden Tagen?«

       Richard zog sein Notizbuch heraus und blätterte: »Da gibt es den Laborbericht zu den Fingerabdrücken. Im Laden sind es sehr viele, die meisten können wir nicht identifizieren, darunter sicherlich auch deine.« Er grinste so lustig, wie Olivia es seit Kindertagen an ihm kannte. Der Fall beschwerte ihn im Augenblick nicht sonderlich. »In der Küche und am Geschirr sind Abdrücke von Edith Munroe, Helen Campbell und Leila Man. Sie war der Gast zum Lunch. Ich sprach mit ihr. Sie ist eine sehr elegante Frau, sehr kühl, zumindest nach außen wenig betroffen, aber seit dem Tod sind auch schon wieder drei Tage vergangen, in denen sie sehr beschäftigt war. Heute zur Lunchzeit sprach ich mit ihr. Sie ist am Dienstag gegen zwei Uhr mit Brot, Käse, Feldsalat und der Flasche Granatapfelsaft in Cat’s Rest aufgetaucht und um kurz nach drei Uhr wieder gegangen. Sie kam und ging durch die Old Church Street. Auf dem Rückweg hatte sie Glück, weil ein Taxi oben in der Old Church Street, noch vor der King’s Road, einen Fahrgast ablieferte und sie gleich mitnehmen konnte. Sie ließ sich zu Selfridges bringen, sagt sie, überprüft haben wir das noch nicht.«

       »Wenn sie nicht die Täterin ist, bleibt eine Zeitspanne von ungefähr einer halben Stunde«, Olivia seufzte. »Findest du auch, dass das merkwürdig ist?«

       »Warum?«

       Olivia schüttelte den Kopf: »Richard… der Täter kann noch dagewesen sein, als ich kam… wenn er den Laden verlassen hätte, als der Doktor bei Edith war und ich auch, hätte ich das nicht bemerkt… vielleicht hat ihm auch die kurze Zeit gereicht, in der ich Edith Munroe entdeckte? Nein, ich glaube nicht, ich selbst habe die Tür entriegelt, als der Doktor kam, aber der andere Zeitpunkt geht schon.«

       »Wenn das der Fall sein sollte, könnte der Fahrer des Krankenwagens die Person gesehen haben, das werden wir herausfinden.«

       Der Schreck war Olivia in die Glieder gefahren. Die Vorstellung, ahnungslos Wolle ausgesucht zu haben, während der Mörder hinten im Haus auf seine Chance wartete, zu entwischen, war mehr als ungemütlich. Ob er die Katze mitgebracht hatte? Aber warum, um Himmels willen?

       Als hätte Richard den gleichen Gedanken verfolgt, teilte er mit: »Die Katze dürfte in den frühen Morgenstunden des Dienstag angefahren worden sein. Es sieht so aus, als hätte jemand das tote Tier gefunden und in die Truhe in Cat’s Rest gesteckt. Der Laden öffnet um zehn Uhr, da war das Tier schon völlig steif. Von da bis ungefähr halb vier kann es zu jedem beliebigen Zeitpunkt geschehen sein, ist meine Meinung. Helen Campbell mutmaßt, dass nur die Zeit infrage kommt, in der Edith im Treppenhaus geräumt hat und nicht sofort in den Laden kam. Treppen ging sie vorsichtig. Verstehen tut Helen es nicht, überhaupt nicht. Wir alle wissen auch weiterhin nicht, wem das Tier gehört hat.«

       »Seltsam«, mischte Leonard sich ein. »Es macht so überhaupt keinen Sinn, jedenfalls für mich nicht. Allenfalls als makaberer Scherz, weil der Name des Wolladens einem Spaßvogel zum falschen Zeitpunkt in den Sinn kam.«

       »Aber das Risiko, bei diesem Scherz erwischt zu werden, war ziemlich hoch!« wehrte Richard ab.

       »Vielleicht wusste derjenige das nicht, weil er keine Wolle kauft«, verfolgte Leonard seinen Gedanken weiter. »Ein Jugendlicher zum Beispiel. In dem Alter traut man sich alles zu. Für Kinder scheinen mir Tier und Truhendeckel zu schwer zu sein. Und einem Erwachsenen wäre so ein Scherz eher zu mühsam, zumal bei der Temperatur vom letzten Dienstag.«

       »Andere Variante: der Täter wollte von Edith ablenken – nein, klingt nicht sehr überzeugend«, stellte Olivia selbstkritisch fest. »Wisst ihr, das Verrückte ist, dass ich ohne diese schreckliche Katze gar nicht auf Mord gekommen wäre. Von Dr. Mortimer weiß ich das nicht sicher, es kann aber gut sein, dass er einfach den Tod festgestellt hätte. Der Täter hatte Glück, wie wir nicht müde werden, festzustellen, so viel Glück aber auch wieder nicht, denn da ist die Katze in der Truhe, von der er vermutlich nichts ahnt. Pech!« Sie schüttelte wieder einmal ihre dicken Haare. »Weiter, wen habt ihr noch ausfindig gemacht, Richard?«

       »Mehrere Freundinnen von Edith Munroe, Helen Campbell überließ uns das private Telefonbuch ihrer Schwester. Ob ihr’s glaubt oder nicht, bis auf vier Freundinnen waren alle weit weg von London, jedenfalls weit genug. Eine sitzt mit einem verstauchten Knöchel zuhause im Lehnstuhl, morgen überprüfen wir, ob das mit dem Knöchel stimmt; eine weitere steckt bis über die Ohren in Entwürfen, ich bin sicher, sie hat keinen Gedanken an Mord im Hinterkopf, höchstens in Zusammenhang mit ihrem Chef; und eine wohnt in Staines kurz vor Windsor. Sie heißt Margaret Herbert und traf sich eine Woche vor diesem traurigen Dienstag mit Edith in Syon House zum Tee. Wenn meine Menschenkenntnis mich nicht völlig im Stich gelassen hat, war sie’s nicht. Und Leila Man, von ihr sprachen wir schon. Das sind alle. Zufrieden?« Er sah Olivia auffordernd an. Mit einem Fuß war er bereits in Urlaub, sie konnte ihn verstehen.

       »Nein, nicht zufrieden. Aber faul. Keine Ahnung, woran es liegt, aber ich bin nicht sehr neugierig.«

       »Das ist gut! Du wartest ab, ob dir etwas in den Schoß fällt – Wolle für Wangaris Laden brauchst du sicher noch mehr. Und ich fahre nach Devon zu Fiona und den Kindern. Das ist der beste Plan seit langem!«

      ⋆

      Das Wetter blieb

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