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Cat's Rest. Gerda M. Neumann
Читать онлайн.Название Cat's Rest
Год выпуска 0
isbn 9783748507710
Автор произведения Gerda M. Neumann
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»…kann es auch, aber meistens stecken Frauen hinter Gift. Keine Ahnung, warum das Männern so selten einfällt.« Harriet musste lachen. »Dein Gedanke zu der Vermisstenanzeige leuchtet ein, nicht wahr? Wenn der Zorn verraucht ist – und früher oder später geschieht das auch bei dem zornesmächtigsten Menschen – müsste klar werden, dass die Rache einen Freifahrtschein fürs Gefängnis nach sich ziehen würde.«
»Richtig. Jetzt muss ich doch mal in Ruhe überlegen: Leila Man ging um kurz nach drei. Wenig später stürmte diese Frau den Laden, mit der Katze in der Hand. Man sprach über den Fall, sie bot Edith schließlich irgendetwas vorgeblich Versöhnliches an, das Zyankali enthielt. Edith, die das nicht ahnen konnte, fasste höflich zu und starb. Die Katze wurde in die Truhe gesteckt und die Frau verschwand. Das dauerte nur wenige Minuten. Die Frau war lange weg, als ich in die stille Gasse einbog.«
»Zyankali wirkt aber schnell«, wandte Harriet ein. »Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass Edith Munroe noch die Tür hinter sich schloss und sich auf die Terrasse setzte. Sie müsste die Besucherin nach hinten gebeten haben, bevor sie deren Angebot annahm. Nur dann konnte sie so zu liegen kommen, wie du sie gefunden hast.«
»Ja, stimmt. Also müsste sie die Frau besser gekannt haben. Und dann wüsste Helen Campbell, wem die Katze gehört… nein, leider kann es so nicht gewesen sein. Außerdem starb die Katze durch Genickbruch, dazu gehört Kraft und Rohheit oder ein Auto; und es geschah in den frühen Morgenstunden, als Edith noch im Bett lag.«
»Du könntest dich natürlich dafür interessieren, ob sie Frühaufsteherin war.«
»Edith hat die Katze nicht getötet, das passt überhaupt nicht zu ihr. Auch zu Helen nicht. Es war ein Autounfall, da hilft alles nichts. Außerdem interessiert mich der Fall gar nicht«, bekräftigte Olivia.
»Das hatte ich vergessen.« Harriet stand auf, brachte einen Korb mit frischen Käsestangen und goss kalte Milch nach.
Kapitel 5
Olivia schaffte es, nach der Besprechung mit Wangari am nächsten Morgen bis weit in den Nachmittag hinein konzentriert an ihrem Schreibtisch zu arbeiten. Die Nachmittagssonne erhitzte ihre Terrasse, sie hatte vergessen, den Sonnenschirm aufzuspannen. So blieb sie am Küchentisch sitzen, trank Kaffee zu einem Käsebrot und knabberte eine paar frische junge Möhren, während sie ihre Liste für die neuen Wollsachen aufstellte. Die Knäule lagen auf einem Tablett vor ihr und sie freute sich an den Farben.
Farben waren etwas Wunderbares, daran hielt sie unausgesprochen fest, während sie später Helen Campbell in dem stillen Cat’s Rest gegenüberstand. Das künstliche Licht, das den Laden erhellte, während draußen Sommersonne alles zum Leuchten brachte, störte Olivia zum ersten Mal. Sie fand die enge, düstere Gasse heute beklemmend. Aber es gab hinten diesen verwunschenen Garten, in den Helen zurückkehren konnte, sobald sie hier fertig waren. Das war gut.
Olivia sah ihr zu, wie sie schweigend hin und her ging, tat was zu tun war, ohne einen eigenen Vorschlag, eine Rückfrage, eine hingeworfene Bemerkung; die Miene völlig unbeweglich. »Gibt es Neuigkeiten? Wir haben uns eine ganze Woche lang nicht gesehen«, versuchte sie, die Wortlosigkeit zu durchbrechen.
Helen sah auf. »Ein Mr Mulligan war hier«, rang sie sich schließlich als Mitteilung ab. »Warum weiß ich nicht, er brachte nichts Neues.«
»Mein Freund Richard Bates ist in Urlaub, vielleicht wollte sein Kollege sich vorstellen, damit Sie wissen, mit wem Sie sprechen können.«
»Glauben Sie das?«
»Warum nicht?«
»Weil die Polizei jetzt in der Urlaubszeit noch weniger Personal zur Verfügung hat als ohnehin. Warum sollten sie sich mit Höflichkeiten abgeben?«
»Gab es denn gar nichts Neues? Dann verstehe ich Ihre Verwunderung«, räumte Olivia ein.
»Nein, es gab nichts Neues von ihrer Seite. Leider auch von meiner nicht, darauf hatten sie seltsamerweise gehofft. Sie haben meinen Tagesablauf vom letzten Dienstag noch einmal abgefragt, ich nehme an, inzwischen wissen sie ihn auswendig. Es wird ihnen nicht helfen, auch wenn sie scheinbar gerade das annehmen. Lassen wir es dabei bewenden, es ist unendlich ermüdend und völlig nutzlos, über das alles nachzudenken. – Ich muss Ihnen wieder Wolle bestellen, aber vieles können Sie heute mitnehmen. Und für diese drei Pullover rufe ich meine Damen an, von einer weiß ich, dass sie trotz der Wärme gerne wieder eine Beschäftigung hätte. Ich schreibe jetzt alles zusammen.«
Olivia sah ihr dabei zu und begann zu grübeln. Sie kannte Helen Campbell als lebendigen Menschen, der sich gern unterhielt. Sie hätte erwartet, dass Helen über den einen oder anderen Gedanken, den der Tod ihrer Schwester ihr aufzwang, reden würde… Nun, vielleicht hatte sie das ja bereits mit Marilyn Fleming gemacht.
Marilyn Fleming. Als Olivia mit den großen Beuteln voller Wolle auf der Straße stand, wandte sie sich nachdenklich den alten Gassen von Chelsea zu und dem kleinen dreieckigen Platz. Doch noch bevor sie die King’s Road erreicht hatte, stellte sie die Beutel ab, zog ihr Handy aus der Tasche und rief den Yard an. Chief Inspector Mulligan ließ sich ein wenig bitten, doch schließlich bekam sie Marilyns Telefonnummer. Marilyn selbst ließ sich nicht bitten, bereitwillig gab sie Olivia ihre Adresse. Es klang, als sei sie sehr einverstanden mit einem Gespräch. Olivia lobte sich für ihre Entschlossenheit, als sie die Beutel wieder aufnahm. Es waren nur wenige hundert Meter zu gehen.
Marilyn wohnte in der Souterrain-Wohnung eines großen Hauses aus dem neunzehnten Jahrhundert, in einem von mehreren gleichaussehenden Häusern, die sich bis zur nächsten Kreuzung die Straße hinunterzogen. Am Fuß der Treppe standen Tontöpfe in vielen Größen und Formen, die überquollen von Pflanzen; aus dem größten wand sich eine Kletterpflanze am Innengeländer entlang zur Straße. Als Olivia langsam und erfreut über diese grüne Pracht die Stufen hinunterkam, stellte Marilyn den Gartenschlauch ab und bat Olivia hinein. Man könnte auch sagen, sie drängelte sie förmlich von der Straße. Kaum war die Tür geschlossen, sprudelte sie schon heraus: »Nicht wahr, Sie machen sich auch Sorgen um Helen? Die Nachricht, dass diese greuliche tote Katze einem alten Kerl zwei Straßenecken weiter gehört hat, hat Helen richtig erschreckt. Der braucht zwar keine Wolle, also hat sie mit ihm einfach nichts zu tun, sollte man denken. Aber er ist als äußerst unberechenbar in der Nachbarschaft verrufen und Helen hat jetzt regelrecht Angst vor ihm. Das haben Sie auch bemerkt, nicht wahr?«
»Was kann dieser Nachbar denn tun, wovor man Angst haben müsste?«
»Ja sehen Sie, das habe ich auch gesagt. Helen hat sich nicht genauer geäußert, sie meinte nur, sie habe einfach Angst. Und das kann man ja wieder verstehen nach dem, was mit Edith passiert ist, nicht wahr?«
Jetzt zeigte Olivia etwas mehr Verständnis: »Ja, das kann man. Aber glaubt Helen denn, dieser Mann sei derjenige, der Edith das Zyankali gegeben habe?« Sie dachte an Harriets hingeworfene Bemerkung, dass Männern Gift eher nicht einfalle.
»Helen meint, sie wisse nicht, was sie denken soll. Sie wisse ja auch nicht, wie die Katze in die Truhe gekommen sei. Der Besitzer dieses Ungeheuers hat der Polizei gesagt, er habe sich um die Katze Sorgen gemacht. Es ist übrigens ein Kater, der zu gewissen Zeiten schon mal zwei Tage ausbleibt. Und es war wieder so eine gewisse Zeit. Deswegen habe er auch keine Suchanzeige aufgegeben. Kater muss man streunen lassen, so sagte er. Er ist selbst so ein Streuner, heißt es.« Marilyn hielt inne und sah sich um: »Sind Sie einverstanden, wenn wir im Haus bleiben? Im Allgemeinen macht es mir nichts, wenn meine Nachbarn Gesprächsfetzen mithören, aber Helen ist kein Thema für dritte Ohren, nicht wahr?«
»Nein, ganz bestimmt nicht,« bekräftigte Olivia. Während das Gespräch weiterlief, sanken sie in zwei Bauhaussessel. »Streunte dieser Nachbar auch in Cat’s Rest?« erkundigte Olivia sich, während sie zufrieden die ausgestreckten Beine übereinanderschlug.
»Er hat es versucht, bei beiden gleichzeitig, stellen Sie sich das vor! Genau besehen ist er diesem Perserkater gar nicht unähnlich: groß, kräftig, männlich und abstoßend. Wissen Sie, ich kenne ihn vom Sehen, Sie wissen, wie das in diesen Vierteln ist, nicht wahr, aber ich lernte erst heute, wer genau der