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Und Friede auf Erden von Karl May. Karl May
Читать онлайн.Название Und Friede auf Erden von Karl May
Год выпуска 0
isbn 9783742712233
Автор произведения Karl May
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Altenteil der einst dort Thronenden zu respektieren hat.
Ich sah nach der Uhr. Punkt acht! O wehe! Wahrscheinlich stand Sejjid Omar schon draußen!
»Istan'ni schubai'je - warte ein wenig!« rief ich so laut, daß er es hören konnte, und machte mich schnell fertig, ihn
hereinzulassen.
Obgleich ich mich im Zimmer befand, bemerkte ich, daß der Khamsin heut noch schärfer wehte als gestern, wenn
auch jetzt am Vormittage noch nicht mit der erst später zu erwartenden Hitze. Als ich das Zeichen gab, daß der Wartende
kommen könne, trat er ein. Ja, es war Sejjid Omar. Er hatte sein bestes Gewand angelegt und den Turban aufgesetzt,
während er für gewöhnlich den roten Tarbusch (* So wird in Aegypten der Fez genannt.) trug. Das geschah in der Absicht,
mir zu zeigen, daß die zu besprechende Angelegenheit für ihn eine ungewöhnlich wichtige sei. Nach Art der Araber,
welchen bei dem hiesigen Klima ein Verschließen der Wohnräume nicht geläufig ist, ließ er, als er hereingekommen war,
die Tür weit offen stehen. Draußen auf dem Korridore stand wahrscheinlich ein Fenster auf, und da meine Balkontür auch
offen war, so entstand ein Luftzug, dessen plötzlicher Stoß so stark war, daß er die auf dem Tisch liegenden Papiere
emporhob und eines derselben hinaus auf den Balkon führte, wo es zwar zunächst liegen blieb, aber so lebhaft bewegt
wurde, daß es jeden Augenblick weiter fliegen konnte. Omar sprang sofort dienstfertig hinaus. Er hob es auf, betrachtete
es und warf es dann in die Luft, die es wirbelnd mit sich nahm.
»Es stand wohl nichts darauf?« fragte ich.
»O ja, es war beschrieben,« antwortete er.
»Aber, warum hast du es da nicht hereingebracht, sondern weggeworfen?«
»Es war ja nicht arabisch!«
Er sagte das im Tone der unendlichsten Selbstverständlichkeit, daß alles nicht arabisch Geschriebene für das ganze
Reich der Schöpfung vollständig gleichgültig und wertlos sei. Dabei lag auf seinem Gesichte eine solche Befriedigung,
als ob es für mich gar keine Möglichkeit gebe, hierüber anders als er zu denken.
»Höre, Omar,« belehrte ich ihn, »ich schreibe deutsch, aber trotzdem ist Alles, was ich geschrieben habe, mehr wert,
als wenn zum Beispiel du es arabisch geschrieben hättest. Auch das Papier kostet Geld, und dieses Blatt gehörte mir,
aber nicht dir. Wie kommst du dazu, es wegzuwerfen? Wenn ein Franzose dich mit einem goldenen Napoleon bezahlt,
wirfst du diesen auch weg, nur weil die darauf zu lesende Schrift nicht arabisch ist?«
Er errötete, was seinem Gesichte bei dessen dunklem Teint eine eigentümliche Färbung gab, ließ die Arme wie ganz
kraftlos sinken und hielt den Blick zu Boden gerichtet. Er besaß ein sehr stark entwickeltes Ehrgefühl, und mein Verweis
wirkte bei ihm tiefer, als er bei einem andern gewirkt hätte.
»Sihdi, was soll ich sagen!« stieß er hervor. »Es ist der Wunsch meines Herzens, dein Diener werden zu dürfen, und
jetzt, wo ich es noch gar nicht bin und dich noch nicht einmal begrüßt habe, mache ich mich schon eines solchen Fehlers
schuldig! Kannst du denn deine Bücher nicht arabisch schreiben, damit ich, wenn ich die Blätter liegen sehe, gleich lesen
kann, ob sie wichtige sind oder ob ich sie wegwerfen darf?«
»Du hast in Zukunft nichts, gar nichts wegzuwerfen, sondern grad die von mir beschriebenen Blätter mit der größten
Sorgfalt zu behandeln! Sie sind mehr Geld wert, als du denkst!«
»Maschallah! So habe ich Geld weggeworfen?«
»Wahrscheinlich. Ich werde dann nachsehen, was mir fehlt.«
»So verzeihe mir, Sihdi! Oder, ich werde auch etwas auf ein Blatt schreiben; das wirfst du weg, und dann sind wir
quitt!«
Das war im vollsten Ernst gesagt. Ich konnte natürlich gar nicht anders, ich mußte herzlich lachen. Das gab ihm wieder
Mut. Er hob die Arme und den Blick wieder empor und fragte:
»Was hast du über meinen Wunsch, mit dir zu gehen, beschlossen?«
»Kannst du reiten?«
»Ja.«
»Auch zu Pferde?«
»Ja; prüfe mich! Ich weiß vom alten Ibrahim Effendi, was für Ritte du schon hast machen müssen. Du wirst mich
brauchbar finden.«
»So komm am Nachmittag um drei Uhr wieder. Ich werde Pferde besorgen. Wir reiten nach Gizeh und morgen nach
Sakkara, Bedraschehn und vielleicht auch nach Heluan. Aber denke nicht, daß wir uns auf Touristenwegen halten werden!
Wie du reitest, und wie bald oder spät du ermüdest, davon wird es abhängen, ob dein Wunsch erfüllt wird oder nicht.«
Da holte er tief Atem und versicherte in frohem Tone:
»Hamdulillah!
(* Allah sei Dank!). Ich werde dein Diener sein; ich weiß es ganz gewiß! Hast du jetzt noch einen Befehl für mich?«
»Nein. Du kannst gehen.«
»Allah jesallimak - Gott segne dich!«
Er griff nach meiner Hand, beugte sich zu ihr nieder und drückte sie an seine Lippen. Das geschah in einer Weise,
der man es ansah, daß ihm diese herzliche Art der Ehrenerweisung ganz und gar nicht geläufig sei. Ich war geneigt, sie
ihm hoch anzurechnen. Wenn ein Araber, der so wie dieser Sejjid Omar um die Erfüllung seiner religiösen Pflichten
besorgt ist, einem Christen die Hand küßt, so ist ganz gewiß sein Herz dabei im Spiele. Daß Omar ein gewöhnlicher
Eseltreiber war, kann nichts an dieser Sache ändern; da gibt es keinen Unterschied, sondern da handelt der Niedrigste
genau so wie der Höchste. Aber wie kam gerad ich, der ich doch vor gestern abend nie mit ihm gesprochen hatte, zu
dieser ganz besonderen Zuneigung? Der alte Ibrahim Effendi kannte mich ziemlich genau und mochte viel von mir erzählt
haben; aber auch das war für mich noch kein hinreichender Grund. Wahrscheinlich lag dieser in irgend einem Umstande,
den ich gar nicht beachtet und also wohl vergessen hatte.
Als er fort war, sah ich nach den Papieren auf dem Tisch. Zunächst glaubte ich, daß kein beschriebenes fehle; dann
aber dachte ich an die vier Zeilen, welche ich heute Nacht geschrieben hatte, und bemerkte nun, daß diese fehlten. Das
war mir fatal, denn ich konnte nun nachdenken, soviel ich wollte, so war es mir unmöglich, mich der Strophe so, wie sie
gewesen war, genau zu entsinnen. Ich erinnerte mich zwar des Hauptgedankens, daß es dem Christen nicht zieme,
Tempel zu entweihen, da selbst auch dem heidnischen Götterdienste eine von der Erde emporhebende Idee zu Grunde
liege, welche zu achten sei und nicht entheiligt werden dürfe; aber dieser Sinn wollte absolut nicht so leicht, ungezwungen
und rein in die Reime fließen, wie er es in den verloren gegangenen Zeilen getan hatte.
Ich trat also hinaus auf den Balkon, von welchem man den ganzen, großen Vorplatz übersehen konnte; aber es war
leider nirgends ein Papier zu sehen. Der kräftige