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Roman Sandgruber, Traumzeit für Millionäre. Die 929 reichsten Wienerinnen und Wiener im Jahr 1910, Graz/Wien 2013.

      19 Ernst Bruckmüller, Das österreichische Bürgertum zwischen Monarchie und Republik, in: Zeitgeschichte 20/1993, Heft 3/4 (Schwerpunkt: Bürgertum) S. 60–84. Darin insbes. Ernst Bruckmüller / Elisabeth Ulsperger: Friedrich Pachers Einschätzung der materiellen Situation vor und nach dem Ersten Weltkrieg, in: Zeitgeschichte 20/1993, Heft 3/4 (Schwerpunkt: Bürgertum), S. 104–112.

      20 Otto Bauer, Die österreichische Revolution, Wien 1923, jetzt in: Bauer, Werkausgabe, Band 2, Wien 1976, S. 755 f.

      21 „Es läßt sich nicht zahlenmäßig nicht abschätzen, wie weit der Verarmungsprozeß fortgeschritten ist. Aber als Tatsache kann er nicht verleugnet werden, wenngleich der äußere Anschein nicht die ganze Wirklichkeit merken läßt weil der Mieterschutz der breiten Masse des Bürgertums die Behauptung ihrer Wohnung und damit des äußeren Rahmens ihrer Existenz ermöglicht [...]“ Das österreichische Wirtschaftsproblem. Denkschrift der österreichisch-deutschen Arbeitsgemeinschaft (Redaktion Bruno Enderes, Karl Herrmann, Benedikt Kautsky, Rudolf Kobatsch, Hermann Neubacher, Edmund Palla, Erich Seutter-Lötzen, Gustav Stolper und Max Tayenthal), Wien 1925, S. 21 f.

      22 Marie-Theres Arnbom, Friedmann, Gutmann, Lieben, Mandl und Strakosch. Fünf Familienporträts aus Wien vor 1938, Wien/Köln/Weimar 2002.

      23 Es wäre ermüdend, die zahlreichen Beispiele anzuführen. Friedrich Engel-Jánosi vergaß nie, auf die „Weisheit“ des Nationalökonomen Schumpeter hinzuweisen, wonach Krone eben Krone sei, vgl. Friedrich Engel-Jánosi, ... aber ein stolzer Bettler, Graz 1974, S. 71: „Die Besuche österreichischer Finanzgrößen bei den Eltern hatten schon ihre Spuren in Gestalt voluminöser Pakete von Kriegsanleihen hinterlassen, sie erwiesen sich später als vorzüglich geeignet zu Tapezierungszwecken.[...] Man mußte wirklich ein so bedeutender Nationalökonom wie Professor Schumpeter sein, um dem Zauber der Formel ‚Krone ist Krone‘ so völlig zu verfallen [...]“.

      24 Marija Wakounig, Konsumverhalten des Wiener Bürgertums im 19. und 20. Jahrhundert, in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 44/45, 1989, S. 154–186, hier S. 174.

      25 Stefan Zweig, Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers, Frankfurt/M. 1970.

      26 Arnold Madlé, Die Bezüge der öffentlichen Angestellten, in: Julius Bunzel (Hg.), Geldentwertung und Stabilisierung in ihren Einflüssen auf die soziale Entwicklung in Österreich (Schriften des Vereins für Sozialpolitik 169), München/Leipzig 1925, S. 131–136. Zum Vergleich: Arbeiter und Angestellte erhielten 1925 etwa 75 % des Reallohnes der Vorkriegszeit.

      27 Siegfried Strakosch, Der Selbstmord eines Volkes. Wirtschaft in Österreich, Wien/Leipzig/München, 1922, S. 50 f.

      28 Franz Haber, Österreichs Wirtschaftsbilanz. Ein Vergleich mit der Vorkriegszeit, München 1928, S. 95.

      29 Strakosch, Selbstmord, S. 110.

      30 Ernst Bruckmüller, Sozialstruktur und Sozialpolitik, in: Erika Weinzierl / Kurt Skalnik (Hg.), Österreich 1918–1938, Bd. 1, Wien 1983, S. 406–407.

      31 Bruckmüller, Sozialstruktur und Sozialpolitik, S. 406.

      32 Alexander Spitzmüller, „... und hat auch Ursach, es zu lieben.“ Wien/München/Stuttgart/Zürich 1955, S. 371.

      33 Zur CA-Krise: Spitzmüller, ferner Dieter Stiefel, Finanzdiplomatie und Weltwirtschaftskrise. Die Krise der Credit-Anstalt für Handel und Gewerbe 1931, Frankfurt/M. 1989. Zur Benützung des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes in diesem Zusammenhang vgl. Peter Huemer, Sektionschef Rudolf Hecht und die Zerstörung der Demokratie in Österreich, Wien 1975.

      34 Spitzmüller, ebd., S. 371 ff.

      35 Hans Loewenfeld-Russ, Im Kampf gegen den Hunger. Aus den Erinnerungen des Staatssekretärs für Volksernährung 1918–1920, hg. v. Isabella Ackerl, Wien 1986, S. 331 ff.

      36 Beispielhaft für das Bankwesen: Peter Melichar, Neuordnung im Bankwesen. Die NS-Maßnahmen und die Problematik der Restitution (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich), Bd. 11, Wien/München 2004; Peter Eigner / Peter Melichar, Enteignungen und Säuberungen – Die österreichischen Banken im Nationalsozialismus, in: Dieter Ziegler (Hg.), Banken und „Arisierungen“ in Mitteleuropa während des Nationalsozialismus (Geld und Kapital, Jahrbuch der Gesellschaft für mitteleuropäische Banken- und Sparkassengeschichte, hg. v. Alois Mosser, Alice Teichova, Richard Tilly, 2001, Stuttgart 2002), S. 43–118.

      Grundlagen der Bürgergesellschaft

      Gegen welche Trends muss man sie sichern?

       Werner J. Patzelt

       Kurzfassung: Eine Bürgergesellschaft westlicher Art ist nichts, was ein für alle Mal errungen wäre. Eine Bürgergesellschaft kommt ohnehin nur zustande, sobald – und solange – ihre komplexen kulturellen Voraussetzungen gegeben sind. Zudem gibt es aktuell einige Trends, welche die Bürgergesellschaft gefährden. Es gibt nämlich wieder – wie schon so oft in der Geschichte – ziemlich strikte Gebote und Verbote politischen Denkens und Sprechens. Sie werden durch Tabubildung, Selbst- oder Fremdzensur sowie die Ausgrenzung und soziale Ächtung von Abweichlern gesichert.

      1. Grundlagen einer westlich geprägten Bürgergesellschaft

      Oft hilft es bei der Suche nach gegenwärtig nützlichen Einsichten, manchen Gedanken aus der Vergangenheit nachzuhängen. Klingen diese heute noch plausibel, dann beinhalten sie weiterhin wertvolle Lehren. Bei der Suche nach den Grundlagen einer Bürgergesellschaft tut das eine Kernaussage aus der Schrift „De re publica“ des römischen Politikers und Intellektuellen Marcus Tullius Cicero (106–43 v. Chr.): „Est […] res publica res populi, populus autem non omnis hominum coetus quoquo modo congregatus, sed coetus multitudinis iuris consensu et utilitatis communione sociatus“. In ein Deutsch übersetzt, das unserem Thema nahe ist, heißt dieser Satz so: „Es ist die Bürgergesellschaft eine Sache des Volks, Letzteres aber nicht verstanden als eine wie auch immer zustande gekommene Gruppierung, sondern als ein Zusammenwirken von vielen solchen, die durch ihre Übereinstimmung hinsichtlich sie verbindender Regeln sowie durch gemeinsamen Nutzen zu einer Gesellschaft integriert sind“. Zu den Grundlagen einer so begriffenen Bürgergesellschaft gehören somit Spielregeln, die man gemeinsam befolgt, sowie Erfahrungen gemeinsamen Nutzens aus einem Handeln gemäß jenen Spielregeln. Dieser Nutzen ist das Gemeinwohl.

      Ciceros Begriff fußt auf einem zentralen Gedanken des griechischen Universalgelehrten Aristoteles (384–322 v. Chr.). Den griechischen Stadtstaat – die „Polis“ – vor Augen, sprach dieser von der „kononía politiké“, der durch verbindliches Recht und verbindendes Ethos geeinten Bürgerschaft, die – gerade auch durch Übernahme und Ausübung öffentlicher Ämter – auf ein „gutes Leben“ für alle abzielt. Zwar dachten weder Aristoteles noch Cicero an gleiche Rechte für Männer und Frauen. Auch war für sie der Status eines rechtlosen Sklaven ganz normal. Doch solche, heute unerträglichen Beschränkungen lassen sich abstreifen, ohne am Kerngedanken einer solchen politischen Vision etwas zu ändern: Selbstbewusste Bürger kümmern sich nicht nur um ihre eigenen Interessen – auf Griechisch: um „tà idía“, was sie zu „Idioten“ macht. Sondern sie kümmern sich um die Interessen jener Allgemeinheit, der sie angehören: um das Gemeinwohl einer Polis als „polítai“, und als „cives“ um das Gemeinwohl einer „civitas“, einer „res publica“.

      Zwar ließe sich „bürgerliche Gesellschaft“ nennen, worum es hier geht. Doch dieser Begriff ist im Deutschen verbraucht durch seine Besetzung im marxistischen Denken. Dort folgt das Bürgertum als Klasse den Feudalherren und geht die „bürgerliche“ Gesellschaft der sozialistischen Gesellschaft voraus. Deshalb wird im Deutschen seit vielen Jahrzehnten als „Zivilgesellschaft“ der französische

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