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Königreich Sizilien Frieden zu schließen, erfüllte Barbarossa auf eine ganz andere Weise, als die Kurie sich das vorgestellt hatte: Während des sechsten Italienzuges von 1184–1186 heiratete sein Sohn und Nachfolger, König Heinrich VI., die Tante des sizilischen Königs Wilhelm II., Konstanze. Ob damals bereits abzusehen war, dass Konstanze ihren Neffen beerben würde, ist ungewiss; jedenfalls trat dieser Fall ein, als Wilhelm II. 1189 kinderlos starb. Heinrich erhob sofort Anspruch auf das Königreich, aber nicht nur als Konstanzes Gatte, sondern unter Berufung auf einen grundsätzlichen Anspruch des Kaiserreichs (ex antiquo iure imperii) auf Sizilien; mit dieser Begründung verweigerte er auch die Lehnsnahme vom Papst.

      Im Königreich Sizilien selbst wurde Heinrichs und Konstanzes Anspruch übergangen und Tankred von Lecce zum König erhoben. Heinrich musste sein neues Reich also gewaltsam in Besitz nehmen. Gewissermaßen auf dem Weg dorthin wollte er in Rom die Kaiserkrone empfangen (Friedrich I. war 1190 auf dem Kreuzzug ums Leben gekommen), aber der neugewählte Papst Cölestin III. lehnte dies unter dem Vorwand ab, er sei selbst noch nicht zum Bischof geweiht. Erst als sich Heinrich mit den Römern arrangierte, indem er ihnen die kaisertreue Stadt Tusculum preisgab, gab Cölestin nach, empfing selbst am 13. April 1191 die Weihe und krönte Heinrich und Konstanze am folgenden Tag. Es gelang Heinrich aber erst 1194, das Königreich zu erobern (vgl. S. 66). Unmittelbar nach seiner Krönung in Palermo deckte er eine (angebliche?) Verschwörung des [77]einheimischen Adels auf, die grausam unterdrückt wurde. Seine Herrschaft dauerte freilich nur knapp drei Jahre: Schon 1197, mitten in den Vorbereitungen für einen Kreuzzug, starb er.

      Heinrich VI. hat in Italien ein schlechtes Andenken hinterlassen. Die von ihm angeordneten barbarischen Bestrafungen (die indes in arabischer und byzantinischer Tradition nichts Ungewöhnliches waren) haben ihm in der älteren italienischen Historiographie den Beinamen il crudele eingebracht. Folgenreicher war jedoch, dass er deutsche Ministeriale auf wichtige Posten in Italien einsetzte, so etwa Markward von Anweiler, die auch nach seinem Tode weiter in die Politik eingriffen. In ihm ist die Vereinigung des Kaiserreichs mit dem Königreich Sizilien – bekannt unter dem Schlagwort der unio regni ad imperium – Wirklichkeit geworden; ihre Bekämpfung war von da an das Hauptanliegen der Päpste bis zum Ende des Staufergeschlechtes, ja sogar noch bis ins 14. Jahrhundert hinein.

      Das Zeitalter Friedrichs II.

1196 Wahl Friedrichs II. zum deutschen König.
1198 Krönung Friedrichs II. zum König von Sizilien; Doppelwahl in Deutschland.
1198–1216 Papst Innozenz III.
1208 Heirat Friedrichs II. mit Konstanze von Aragón.
1209 Kaiserkrönung Ottos IV.
1212 Zweite deutsche Königswahl Friedrichs II.
1220 Kaiserkrönung Friedrichs II.
1228/29 Erste Exkommunikation Friedrichs II.; fünfter Kreuzzug.
1231 [78]Konstitutionen von Melfi.
1237 Schlacht von Cortenuova.
1239 Zweite Exkommunikation Friedrichs II.
1241 Schlacht bei Montecristo: Konzil gewaltsam verhindert.
1243–1254 Papst Innozenz IV.
1248 Niederlage Friedrichs II. vor Parma.
1250 Tod Friedrichs II.
1258–1266 Manfred König von Sizilien.
1268 Konradin scheitert in Tagliacozzo und wird hingerichtet.

      Innozenz III.

      Sofort nach dem Tode Kaiser Heinrichs VI. begann Papst Cölestin III. mit der »Rekuperation« des vom Kaiser besetzten Kirchenstaates. Der greise Papst starb aber schon 1198. Aus der Neuwahl ging Lothar von Segni als Papst Innozenz III. hervor; er gilt als der bedeutendste mittelalterliche Papst.

      Lothar wurde um 1160/61 in Gavignano bei Segni geboren, war also zum Zeitpunkt seiner Wahl erst 37 oder 38 Jahre alt, was zunächst zum Widerstand gegen seine Erhebung geführt hatte. Väterlicherseits entstammte er dem lokalen Grafengeschlecht, mütterlicherseits dem römischen Stadtadel. In Rom aufgewachsen und ausgebildet, studierte er an den Universitäten von Paris und kurzfristig auch in Bologna. Papst Clemens III. (1187–91) förderte ihn und erhob ihn im September 1189 zum Kardinal. Unter Cölestin III. (1191–98) diente er in juristischen Funktionen an der Kurie und war gleichzeitig schriftstellerisch tätig.

      Kirchenstaat gemäß Ottonianum und unter Innozenz III.

      (Senkrechte Schraffur: Innozenz III.; waagrechte Schraffur: Pippinische Schenkung)

      [79]Als Papst sah sich Innozenz zunächst einer Revolte der Römer ausgesetzt, konnte dann aber die Rekuperation des Kirchenstaates fortsetzen, den er durch die Zusagen der konkurrierenden deutschen Könige auf eine neue juristische Grundlage stellte. Dieser »neue« Kirchenstaat, in dem Innozenz eine straffe Provinzialverwaltung einrichtete, stimmte nicht ganz mit den Gebieten überein, die die Päpste aus der Pippinischen Schenkung beanspruchten.

      Neben seiner Einmischung in den deutschen Thronstreit nach der Doppelwahl von 1198 fallen in Innozenz’ Pontifikat der vierte Kreuzzug und der Albigenserkreuzzug. Ersterer wurde von Venedig nach Konstantinopel umgelenkt und führte zur Entstehung des venezianischen Kolonialreiches im östlichen Mittelmeer, Letzterer erlaubte es dem französischen König, in Südfrankreich Fuß zu fassen, und schuf so langfristig die Voraussetzungen für die französische Herrschaft über Süditalien von 1266 an. Wichtigste religiöse Ereignisse in der Regierungszeit des Papstes waren die Bestätigung des Franziskanerordens sowie das vierte Laterankonzil im November 1215.

      Otto IV.

      Während Innozenz unmittelbar nach seiner Wahl mit der Ordnung der Verhältnisse in Rom und der Fortführung der Rekuperationen beschäftigt war, fielen in Deutschland Entscheidungen, die Rückwirkungen auf Italien haben mussten: Der staufisch-welfische Gegensatz führte nach dem Tode Heinrichs VI. zur zwiespältigen Wahl von 1198. Ursprünglich wollte die staufische Partei (wie auch die [80]Fürsten, die schon auf dem Weg ins Heilige Land waren) an dem 1196 gewählten Friedrich II. festhalten. Als dies unrealistisch wurde, kam es zur Doppelwahl, die zum einen auf Otto (IV.) von Braunschweig, einen Sohn Heinrichs des Löwen, und zum andern auf Philipp von Schwaben, den jüngsten Bruder Kaiser Heinrichs, fiel.

      Der Papst verhielt sich zunächst abwartend, neigte aber von Anfang an Otto zu. Erst zur Jahreswende 1200/01 trat er aus der Reserve und verkündete in der deliberatio super tribus electis seine Entscheidung: In scheinbar objektiver scholastischer Argumentation erörterte er die Rechte Friedrichs, Philipps und Ottos, wobei er seine Einmischung in die deutsche Königswahl mit seiner Rolle bei der [81]künftigen Kaiserkrönung begründete. In Wirklichkeit war die Entscheidung bereits aus rein politischen Gründen zugunsten Ottos gefallen, der als Einziger eine Gewähr dafür zu bieten schien, dass es nicht erneut zur unio regni ad imperium

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