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und die militärische Leitung. Es wurde dafür gesorgt, dass er in der Stadt ein Fremder blieb: Er durfte dort keinen Grundbesitz erwerben und auch nicht heiraten. Nach Ablauf der Amtszeit wurde seine Tätigkeit überprüft, Fehlverhalten bestraft. Sofortige Wiederwahl war nicht möglich, aber der Podestà konnte in einer anderen Stadt dasselbe Amt übernehmen oder zu einem späteren Zeitpunkt wiedergewählt werden; auf diese Weise entstand eine Gruppe von berufsmäßigen Podestà, die, nach Art heutiger Fußballtrainer, zwischen den Kommunen hin- und herwechselten.

      Der Contado

      Der Machtbereich der Kommune sollte die gesamte Diözese des Bischofs umfassen. In diesem Contado (comitatus, Grafschaft) begüterte Kleinadlige zwang man, ihr Gebiet von der Stadt zu Lehen zu nehmen, auch in der Stadt zu wohnen, wo sie unter Umständen ins Patriziat eintraten. In gleicher Weise unterwarf man Landgemeinden und kleinere Nachbarstädte der Herrschaft der Kommune. Die Forderung nach Selbstverwaltung in der eigenen Stadt vertrug sich also ohne weiteres mit der Herrschaft über die Nachbarn; sie diente dem eigenen Vorteil und war nicht etwa Ausdruck einer übergeordneten Freiheitsidee. In den Kommunen dominierte eine stark auf die eigenen Belange ausgerichtete Geisteshaltung, der campanilismo (Kirchturmdenken). Gerade mit den unmittelbaren Nachbarn war man in der Regel bitter verfeindet, Bündnisse schloss man mit dem Nachbarn des Nachbarn, so dass eine [55]schachbrettartige Struktur entstand. Diese Tendenzen überdauerten das Ende der Selbstverwaltung. Ihren Gipfel erreichte die politische Fragmentierung Norditaliens in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts; von der Mitte dieses Jahrhunderts an wurden dann immer mehr kleinere Kommunen von ihren Nachbarn geschluckt, und es entstanden allmählich größere Strukturen.

      Popolo und Signorien

      Die Herrschaft der patrizischen Oberschicht über die Städte, die in der Wahl der Konsuln bzw. des Podestà und dem Erwerb eines Contado im 12. und 13. Jahrhundert ihren Ausdruck fand, aber auch durch die ständigen internen Fehden das öffentliche Leben belastete, war von zwei Seiten her bedroht: einmal durch die nichtpatrizische Bevölkerung, den popolo, und zum anderen durch die Signorien.

      Der popolo, d. h. die zu Besitz gekommene Mittelschicht der Handwerker und Händler (häufig in Zünften oder Gilden organisiert), drängte zur Teilhabe an der Macht. Er organisierte sich selbst als eine Art Staat im Staate mit eigenen Institutionen und Interessenvertretern (capitano del popolo, Anzianen, Volksversammlung), die mit steigendem Einfluss neben die Organe der Stadt traten und mit diesen auf die Dauer als gleichberechtigt galten. Teilweise wurde die adlige Oberschicht regelrecht entmachtet und aus dem politischen Leben verdrängt.

      Folgenreicher war aber die Entstehung der Signorien, die übrigens durchaus aus einem Popularregime hervorgehen konnten. Der Signore war entweder eine Einzelperson, die [56]in kritischen Situationen Sondervollmachten erhielt und der Stadt nicht selten auch von außen aufgezwungen wurde: Signori konnten benachbarte Fürsten sein, die so ihren Einflussbereich erweiterten, oder auch Kardinäle im Auftrag des Papsttums. In anderen Fällen gewann eine Familie in der Stadt durch ihre überragende wirtschaftliche Stellung übermächtigen politischen Einfluss und konnte den gewählten Gremien ihren Willen aufzwingen. Dies ließ sich etwa durch ein ständiges Podestat (so oft bei auswärtigen Signori) oder in ganz unförmlicher Weise durch Beeinflussung, auch Manipulation der Wahlen und geschickten Einsatz der eigenen Klientel bewerkstelligen (klassisches Beispiel sind die Medici in Florenz); es gab aber auch Fälle, in denen die Kommune durch förmlichen Beschluss die Signorie übertrug. Der Signore versuchte, die Macht in seiner Familie erblich werden zu lassen. Dazu konnte auch eine von außen kommende Legitimation nützlich sein, etwa die Verleihung des Reichsvikariats durch den deutschen König/Kaiser. Im »Idealfall« mündete diese Entwicklung in die Erhebung in den erblichen Fürstenstand seitens des Reiches, aber dies gelang nur wenigen Familien.

      Die Bevölkerung leistete gegen die Ausbildung der Signorien nur wenig Widerstand. Die »demokratische« Verfassung blieb äußerlich bestehen und wurde nur innerlich ausgehöhlt; insbesondere blieben die lukrativen Ämter in der Stadt und vor allem in den unterworfenen Nachbarstädten erhalten, von denen die Bürger (insbesondere die Klientel des Signore) weiterhin profitieren konnten – auch dies ein Beweis dafür, dass es sich bei der Selbstverwaltung der Kommunen um praktische, vorteilsbezogene Politik handelte und nicht um abstrakte Freiheitsideen.

      [57]Die Normannen in Süditalien

um 1000 Erstes Auftreten von Normannen in Süditalien.
1029 Grafschaft Aversa: erster Normannenstaat in Süditalien.
1047 Kaiser Heinrich III. belehnt Rainulf von Aversa und Wilhelm von Hauteville.
1053 Schlacht bei Civitate: Papst Leo IX. unterliegt den Normannen.
1059 Richard von Aversa und Robert Guiskard
(Apulien, Kalabrien, Sizilien) nehmen ihre Gebiete vom Papsttum zu Lehen.
1061–1088 Normannische Eroberung Siziliens.
1071 Bari normannisch: definitives Ende der byzantinischen Herrschaft in Italien.
1077 Salerno normannisch.
1112–1154 Roger II. (zunächst Graf von Sizilien).
1127 Roger II. erbt Apulien.
1130/1139 Königserhebungen Rogers II.
1131 Amalfi normannisch.
1136/37 Feldzug Lothars III. und des Papstes gegen Roger II.
1139 Neapel normannisch.
1154–1166 König Wilhelm I. (der Böse).
1166–1189 König Wilhelm II. (der Gute).
1186 Heirat Konstanzes mit Heinrich VI.
1190–1194 Tankred von Lecce.

      Etwa um die Jahrtausendwende – der genaue Zeitpunkt ist wegen der legendenhaften Darstellungen nicht zu [58]ermitteln – trafen in Süditalien die ersten Normannen ein, wahrscheinlich Jerusalempilger, und nahmen als Söldner an den Auseinandersetzungen der langobardischen Fürsten von Benevent, Salerno und Capua untereinander und mit den byzantinischen Restgebieten teil. Ein selbständiges Herrschaftsgebiet erwarb als Erster Rainulf mit der Grafschaft Aversa. In für die Normannen typischer Weise strebte er eine Legalisierung seiner Herrschaft in Form einer Lehnsnahme an, wobei er ohne Skrupel mehrmals den Lehnsherrn wechselte: Er wurde zunächst 1029 Lehnsmann des Fürsten von Neapel, dann 1034 des Fürsten von Capua, schließlich 1037 des Fürsten von Salerno.

      Wichtiger als die Grafen von Aversa (die später auch die Herrschaft über Capua erlangten) wurden die Söhne des Tankred von Hauteville, die im Laufe der Zeit in Süditalien eintrafen und an die Spitze der in Apulien operierenden Normannengruppen traten. Die normannischen Söldner unterstellten sich zunächst Fürst Waimar V. von Salerno, der zwölf ihrer Anführer mit (zum Teil noch byzantinischen) Gebieten belehnte, darunter

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