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Jahrzehnten einen Hauptfaktor für die Verarmung der Biodiversität in Mitteleuropa darstellt. Dies spiegelt sich auch in der Gefährdungssituation der Biodiversität deutlich wieder. So sind 149 beziehungweise 39 Prozent der Pflanzenarten des extensiver genutzten Wieslandes gefährdet und 18 Prozent (67 Arten) potenziell gefährdet, während bei den Waldpflanzen lediglich 17 Prozent gefährdet und 13 Prozent potenziell gefährdet sind (MOSER et al. 2002). Bei den eigentlichen Fettwiesenarten sind keine gefährdeten Arten darunter.

      Wie und warum entsteht Artenvielfalt im Wiesland? Was ist die Voraussetzung für eine hohe Biodiversität? Welche Faktoren fördern die Artenvielfalt, was ist ihr abträglich? Und welche Beziehungen bestehen zwischen Artenvielfalt und landwirtschaftlicher Produktion beziehungsweise Ertrag? Diesen Fragen wird in den folgenden Kapiteln nachgegangen.

      2.4.2 Bewirtschaftungsintensität und Artenvielfalt

      Der britische Ökologe J. Philip Grime postulierte, dass die Artenvielfalt wesentlich von der Produktivität eines bestimmten Lebensraums abhängt, welche eine Funktion von abnehmendem Stress und abnehmenden Störungen sei. Tatsächlich folgt die Artenvielfalt in den vielen Ökosystemen der «Grime’schen Buckelkurve» (GRIME 1979; Abb. 17). Gemäss dieser von zahlreichen Studien vor allem in Wiesenökosystemen bestätigten Theorie steigt die Artenzahl ausgehend von extremen Standorten zunächst an, weil mit den geringen Nährstoffen oder den starken Störungen (z. B. Bodenverdichtung, starker Verbiss usw.) viele Arten nicht zurecht kommen, das heisst nur wenige, spezialisierte sich etablieren können. Mit zunehmender Wüchsigkeit des Standortes – sei es durch die Verfügbarkeit von Nährstoffen, sei es durch abnehmende Störungen – eignet sich der Lebensraum für immer mehr Pflanzenarten. Ab einem bestimmten Punkt nimmt dann aber die Konkurrenz vor allem um Licht so stark zu, dass sich immer mehr Arten nicht mehr halten können, weil sie zum Beispiel zu wenig hoch oder zu wenig rasch wachsen, so dass die Artenzahl wieder zurück geht.

      In der Realität ist dieser Zusammenhang komplexer. Beispielsweise kann es sich bei «Stress» oder «Störung» um sehr unterschiedliche Faktoren handeln, die teils gegenläufig wirken und die zudem nicht immer leicht zu quantifizieren sind. Aber gerade für das Wiesland Mitteleuropas bietet Grimes Arten-Produktivitätskurve eine nützliche und in den grossen Zügen breit bestätigte Erklärung für die riesige Spanne, innerhalb der sich Wiesen in ihrer Artenvielfalt und Artendichte unterscheiden.

      Die Glockenkurve weist für das Ökosystem des Wieslandes eine deutliche Linkslastigkeit auf. Dies hängt insbesondere damit zusammen, dass mit zunehmender Nutzungsintensität ab einem bestimmten Punkt nicht die Lichtkonkurrenz weiter zunimmt, sondern der mechanische Faktor der Schnitthäufigkeit die dominierende Rolle zu spielen beginnt, indem nur noch wenige Pflanzen damit umgehen können. Dieser Effekt kann auch evolutionsbiologisch gedeutet werden: Häufige Mähnutzungen sind eine sehr junge Erscheinung, so dass sich noch keine grössere Zahl an Arten daran anpassen konnte.

      Die Grime’sche Artenvielfaltskurve macht auch deutlich, dass es zwischen Artenvielfalt und Ertrag je nach Ertragsniveau entweder Synergien oder Zielkonflikte geben kann. So korrelieren Artenzahl und Ertrag links des Buckels, während sie rechts davon gegenläufig sind. Dabei gibt es nicht nur eine Korrelation, sondern der Ertrag kann auch direkt von der Artenvielfalt positiv beeinflusst werden, da jede zusätzliche Art zu einer besseren Ausnutzung der Ressourcen, beispielsweise in unterschiedlichen Bodenschichten, beitragen kann (Kap. 2.3.2).

      Abbildung 18 differenziert den Zusammenhang zwischen Naturschutz- und Ertragsleistungen im Wiesland-Ökosystem und zeigt die Bedeutung der unterschiedlichen Intensitätsniveaus für die Artenvielfalt beziehungsweise Artendichte im mitteleuropäischen Wiesland. Generell gilt: Je stärker die Düngung, insbesondere von Stickstoff, und je besser die Bodenqualität, desto geringer die Artenzahl des Wieslandes (KLIMEK et al. 2007).

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      2.4.3 Mahd oder Beweidung und Artenvielfalt

      Mahd beziehungsweise Beweidung wirken in vielerlei Hinsicht unterschiedlich auf Flora und Fauna des Wieslandes (Abb. 19 und 20). Die für die Artenvielfalt wichtigsten Unterschiede sind in Tabelle 1 zusammengestellt. Bei gleicher Nutzungsintensität und bei jeweils guter fachlicher Praxis sind Weiden tendenziell artenreicher als Mähwiesen. Dies gilt insbesondere für den mittelintensiv genutzten Bereich (Abb. 21). Die Ursachen liegen unter anderem darin, dass durch Beweidung die Vegetation niedriger gehalten wird aufgrund der höheren Nutzungsfrequenz verglichen mit der Mahd, und so mehr Licht in die tieferen Vegetationsschichten gelangt (BORER et al. 2014). In dieselbe Richtung wirkt der Tritt der Herbivoren und ihr selektiver Frass, die auf engem Raum unterschiedliche Bedingungen schaffen im Gegensatz zur homogenen Mahd (SCHMID et al. 2001; KLIMEK et al. 2007). Auch können seltenere Arten bei mittelintensiver Nutzung eher in Weiden überdauern als in Wiesen (Abb. 21). Die höhere Artenvielfalt in Weiden zeigt sich sowohl auf der Ebene einzelner Weideschläge als auch für die Summe der auf Weiden beziehungsweise Wiesen einer Region vorkommenden Arten (SCHMID et al. 2001). Der Hauptgrund liegt darin, dass die Beweidung über Tritt, punktuelle Kot- und Urinabgabe und ungleichmässigen und teilweise selektiven Frass lokal unterschiedliche Nischen schafft, während die Mahd flächig einheitlich wirkt.

      Die Wachstumsbedingungen und damit die Artenzusammensetzung und Artenvielfalt werden von zahlreichen Faktoren der Beweidung beeinflusst. Die Zahl dieser Faktoren ist wesentlich grösser als bei Mähwiesen. Was das Weidemanagement anbelangt sind Bestossungszeitpunkt, Besatzstärke, Länge der Bestossung und Zahl der Umtriebe die wichtigsten Faktoren. Einen grossen Einfluss übt auch die Art der Weidetiere aus. Art, Rasse,

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