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7. Die Themenzentrierte Interaktion nach Ruth Cohn (1912-2008)

       7.1 Einleitung

       7.2 Grundlagen der Themenzentrierten Interaktion

       7.2.1 Humanistische, wertegeleitete Haltung

       7.2.2 Das Modell der Themenzentrierten Interaktion – methodische Grundlagen

       7.3 Gruppenleitung in der Themenzentrierten Interaktion

       8. Leitung in pädagogischen Teams – Anregungen zum konstruktiven Umgang mit Konflikten in Gruppen

       8.1 Teamarbeit und Rollen in Teams

       8.2 Konflikte und Konfliktmanagement

       8.3 Anforderungen an die Gruppenleitung bei Teamkonflikten

       8.4 Förderliche Rahmenbedingungen für eine konfliktreduzierende Gruppen- und Teamarbeit

       8.5 Schwierigkeiten und Grenzen der Gruppen- und Teamarbeit: Konfliktmoderation

       9. Disziplinarerziehung durch Gruppenzwang: Erziehungs- und Bootcamps

       9.1 Einleitung

       9.2 Strafpraxen in Erziehungs- und Bootcamps

       9.3 Erziehungs- und Bootcamps: Totale Institutionen

       9.4 Zur Psychodynamik in Bootcamps

       9.5 Antidemokratische Tendenzen in der Pädagogik

       10. Zusammenfassung und Ausblick

       Literatur

      [9] Einleitung

      Das Leiten von Gruppen und Teams ist in schulischen wie in außerschulischen Praxisfeldern eine alltägliche Kernaufgabe der pädagogischen Fachkräfte. Die immer wichtiger werdende interprofessionelle Kooperation, bspw. in inklusiven Bildungs- und Erziehungsfeldern, in Beratung und auch Organisationsentwicklung, setzt spezifische Kompetenzen voraus, Gruppen und Teams zielführend und zugleich kollegial zu leiten. In beruflichen Positionen mit Leitungsfunktion steht vor allem die Unterstützung bei und Steuerung von Gruppenprozessen im Zentrum des fachlichen Profils.

      Verschiedene Faktoren tragen dazu bei, dass die Zusammenarbeit von und in Gruppen ein hohes Maß an Störanfälligkeiten und Konfliktpotentialen enthält. Die Arbeitsfelder Supervision und Coaching zielen auf eine optimale Lösung solch schwieriger Gruppenkonstellationen und auf die Stärkung der individuellen Ressourcen und Fähigkeiten der Gruppenmitglieder, um gruppendynamische Prozesse zu klären und wertschätzend zu begleiten. Hierfür bestehen unterschiedliche Qualifizierungsprofile, die zumeist in Form berufsbegleitender Fort- und Weiterbildungsangeboten nachgefragt werden.

      Die Leitung von Gruppen und Teams in pädagogischen Settings setzt ein spezifisches Fachwissen voraus, das die vorliegende Veröffentlichung in einem einführenden Überblick vermitteln will. Es werden Ergebnisse zentraler Grundlagenforschung – auch in ihrem historischen Kontext – vorgestellt und ein handlungspraktischer Transfer auf den Aufgabenbereich des Leitens von Gruppen in pädagogischen Praxisfeldern vermittelt.

      Was verstehen wir unter einer Gruppe oder einem Team? Eine Gruppe besteht aus zwei oder mehreren Personen, die miteinander interagieren. „Zu Beginn der 1990er Jahre zeichnet sich im „Mainstream“ der Forschung eine Gruppe durch folgende Merkmale aus:

      ■ Sie besteht aus zwei oder mehreren Personen,

      ■ die miteinander interagieren (und nicht nur, stumm auf den Versuchsleiter starrend), nebeneinander sitzen,

      ■ und das über eine gewisse Zeit hinweg“ (Edding, 2009, 57).

      Die Mitglieder einer Gruppe

      ■ erleben sich als zusammengehörig,

      ■ definieren sich explizit als zusammengehörig,

      ■ verfolgen gemeinsame Ziele,

      ■ teilen Normen und Verhaltensvorschriften für einen bestimmten Verhaltensbereich,

      ■ entwickeln Ansätze von Aufgabenverteilung und Rollendifferenzierung,

      ■ haben mehr Interaktionen miteinander als nach außen,

      ■ [10] identifizieren sich mit einer gemeinsamen Bezugsperson oder einem Sachverhalt oder einer Aufgabe,

      ■ sind räumlich und/oder zeitlich von anderen Individuen der weiteren Umgebung abgehoben (vgl. Sader, 1996, 39).

      Bei zwei Personen sprechen wir von Dyaden, bei bis zu sechs Personen von Kleingruppen, bei bis zu 30 Personen von Gruppen und bei über 35 Personen von Großgruppen. Zwei zentrale Merkmale von Gruppen sind, dass ihre TeilnehmerInnen über eine längere Zeitspanne zusammen sind und gemeinsame Ziele verfolgen. Des Weiteren wird zwischen informellen Gruppen mit einem formalen Regelsystem, etwa eine Klasse oder eine Seminargruppe, informellen Gruppen, die sich spontan und ohne Regelsysteme einfinden, und offenen (bspw. kirchlicher Gesprächskreis) und geschlossenen (bspw. Strafvollzug) Gruppen differenziert (vgl. König, Schattenhofer, 2006, 15f).

      Gruppen zu leiten, erfordert Kommunikationskompetenz, Interaktionssensibilität und die Bereitschaft zur Selbstreflexion. So gibt es eine Vielzahl an „Zuhöre- und Verbalisierungstechniken“, die die Kommunikation in der Gruppe fördern. Zu nennen sind hier u.a.: Paraphrasieren, Verbalisieren nonverbaler Interaktionen, Nachfragen, Zusammenfassen, Abwägen, Klären, Weiterführen einer Idee u.v.m. (vgl. Simon, 2009).

      Auch die Körpersprache beeinflusst die Kommunikation in Gruppen. Gesichtsmimik, Gestik von Kopf und Hand, Haltung des Oberkörpers oder Stellung der Beine bilden eine „stimmlose Sprache“, derer wir uns selten bewusst sind – es sei denn, wir setzen diese „Sprache“ strategisch überlegt ein.

      Das sichtbare, manifeste Geschehen in Gruppen auf der Sachebene ist untrennbar mit dem nicht-sichtbaren Geschehen (dem individuellen und gemeinsamen Unbewussten) auf der emotionalen Ebene verbunden. Latente, nicht bewusste Wünsche und Ängste sind als nicht direkt sichtbare Affekte in jedem Gruppengeschehen präsent.

      Die Dynamik in Gruppen umfasst daher zwei Ebenen. „die erkennbare Dynamik des Verhaltens der einzelnen Gruppenmitglieder zueinander und dem Gruppenleiter gegenüber, die häufig mit den Entwicklungsstadien des Menschen verglichen wird, ist die zunächst an der Oberfläche unmittelbar spürbare Seite. Die unausgesprochenen Erwartungen, Befürchtungen und Hoffnungen, die das Verhalten der einzelnen Gruppenmitglieder unbewusst determinieren, stellen die zweite Ebene dar“ (Brocher, 2015, 37).

      Das manifeste Geschehen in Gruppen wird maßgeblich beeinflusst durch gemeinsame unbewusste Gefühle und Phantasien der Gruppenmitglieder. Ihr Verhalten in der Gruppe

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