Скачать книгу

      17

      Gegen Mittag erreichte uns ein Anruf der Gerichtsmedizin in Stamford, Connecticut - einer etwa eine Autostunde von Manhattan entfernten Großstadt mittlerer Größe an der wilden Küste des Long Island Sounds.

      Siebzig Minuten später empfing uns in der städtischen Leichenhalle der Pathologe Dr. Harold Gallimard, ein breitschultriger, untersetzter Mann in den Fünfzigern.

      Außerdem war ein Beamter des Stamford Police Departments anwesend. Er stellte sich als Captain Max Carranoga vor und war seines Zeichens Leiter der Homicide Squad.

      "Die beiden Toten wurden in einem Motel gefunden, das am United States Highway Number One zwischen Stamford und Darien liegt. Die Projektile, mit denen die beiden erschossen wurden, waren im Labor. Dabei stellte sich leider nichts heraus. Aber die Waffen, die die beiden Ermordeten bei sich führten, waren aktenkundig. Sie sind bereits kriminaltechnisch erfasst worden. Und zwar bei dem Überfall auf das MADISON GEN-TECH-Gelände in New Rochelle. Deswegen haben wir den FBI verständigt, Agent Trevellian."

      "Vermutlich handelt es sich bei den Toten um die Männer, hinter denen wir her sind", meinte ich.

      Dr. Gallimard führte uns durch die kühlen, gekachelten Räumlichkeiten des Leichenschauhauses.

      Der Pathologe führte uns zu zwei Leichname, die mit weißen Tüchern bedeckt waren.

      "Ich denke nicht, dass es etwas für Sie bringt, wenn Sie sich die Toten ansehen", meinte Gallimard. "Außerdem bin ich mit der Obduktion noch nicht ganz fertig. Die Todesursache ist jedoch eindeutig. Die Männer wurden aus nächster Nähe erschossen."

      "Wissen Sie etwas über den Todeszeitpunkt?"

      "Der liegt noch keine 48 Stunden zurück", war Gallimard überzeugt. "Aber um das herauszufinden braucht man keine Obduktion. Das geht aus Zeugenaussagen hervor. Aber das wird Ihnen Captain Carranoga erläutern."

      "Die Schüsse wurden Dienstag gegen 2.34 vom Portier an der Rezeption gehört", sagte Carranoga.

      "Das würde passen", meinte Milo. "Nach ihrem Coup in New Rochelle sind die Täter über den Highway one die Connecticut-Küste entlanggefahren und haben sich einen Platz zum Übernachten gesucht."

      "Wir haben über das Abgleichen der Fingerprints die Identität der Beiden herausgefunden", erläuterte Captain Carranoga. "Es handelt sich um Ray Lansing und Tony Manzaro, zwei einschlägig vorbestrafte Berufsverbrecher. Ich habe Ihnen ein Dossier zusammengestellt, in dem alle unsere bisherigen Ermittlungsergebnisse festgehalten sind."

      "Danke", sagte ich.

      "Wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen noch den Tatort. Ein anderer Mieter des Motels will einen Mann gesehen haben, der vor dem Zimmer der beiden Toten stand. Die Beschreibung dieses Unbekannten ist nicht besonders toll. Sie liegt bei den Akten. Aber es könnte der Täter gewesen sein."

      "Ich hätte nichts dagegen, wenn wir noch zu dem Motel fahren würden", meinte Milo.

      "Tut mir leid, dass ich Sie nicht in meinem Büro empfangen habe", entschuldigte sich Captain Carranoga dann. "Aber dort wird gestrichen. Alles, was wir an persönlichen Gegenständen der Toten im Motelzimmer sichergestellt haben, können Sie mitnehmen."

      Zwanzig Minuten später erreichten wir Miller's Motel am Highway one in Richtung Darien. Das Motelzimmer, in dem der Mord geschehen war, war von der Stamford Police versiegelt worden. Auf dem Fußboden war mit Kreide aufgezeichnet, wie die Toten gelegen hatten.

      "Wir nehmen an, dass ein kurzer, aber heftiger Kampf stattgefunden hat", erläuterte Captain Carranoga den Hergang.

      "Draußen vor der Tür haben wir Abdrücke von sehr unterschiedlich großen Füßen gefunden, die vom Täter stammen könnten."

      Milo runzelte die Stirn.

      "Sie meinen, es waren zwei Personen hier."

      "Nein." Captain Carranoga schüttelte energisch den Kopf. "Unsere Erkennungsdienstler sind der Ansicht, dass es sich um die Abdrücke einer Person handelt, die zwei sehr unterschiedlich große Füße hat. Vielleicht eine Art Missbildung oder so etwas. Wir haben versucht, herauszufinden, ob einer der Gäste Füße mit diesen Merkmalen hat, aber wir konnten noch nicht alle Personen erreichen, die sich im fraglichen Zeitraum hier eingetragen hatten."

      "Ich möchte gerne mit demjenigen sprechen, der hier zur Tatzeit an der Rezeption Dienst hatte."

      "Müsste sich einrichten lassen", meinte Carranoga.

      "Allerdings sind alle relevanten Aussagen bei den Akten..."

      "Ihre Akribie in allen Ehren, Sir", erwiderte ich. "Aber ich nehme nicht an, dass Sie dem Zeugen dies hier zeigen konnten." Und während ich das sagte holte ich das Bild eines CX-Behälters aus der Jackentasche heraus.

      Wir gingen zur Rezeption.

      Der Portier, der zur Tatzeit Dienst gehabt hatte, wurde von zu Hause herbeigeklingelt. Eine Viertelstunde später konnten wir ihn befragen.

      "Ich habe doch schon alles der Polizei gesagt", meinte er. "Und diesen Kerl in Mantel und Anzug habe ich auch genau beschrieben... Mein Gott, der sah so brav und bieder aus. Wie einer dieser frommen Bibelverkäufer, die übers Land ziehen. Ich komme gebürtig aus Wisconsin, müssen Sie wissen. Und..."

      "Von wo aus haben Sie den Mann gesehen?"

      "Von meinem Platz an der Rezeption aus. Durch das Fenster. Er stand im Licht der Außenbeleuchtung."

      "Hat er Sie auch bemerkt?"

      "Das glaube ich nicht."

      "Ist Ihnen sonst noch irgendetwas an ihm aufgefallen?"

      "Nein. Er hat sich auch nicht bei mir gemeldet, sondern ist gleich zum Zimmer der beiden Männer gegangen, die jetzt tot sind."

      "Sie haben ihn gesehen, bevor die Schüsse fielen?"

      "Ja."

      "Was haben Sie gemacht, als die Schüsse fielen?"

      "Ich habe aus dem Fenster geschaut. Es war nichts zu sehen. Dann habe ich die Polizei angerufen. Ich hatte eine Höllenangst..."

      "Haben Sie den Mann, der vor dem Motelzimmer wartete, noch einmal gesehen?"

      "Ja, ganz kurz. Er befand sich auf dem Parkplatz und stieg gerade in seinen Wagen ein."

      "Was für einen Wagen?"

      "Eine Limousine. Vielleicht ein Chevy."

      "Hatte der Mann irgendetwas bei sich?"

      "Was meinen Sie damit?"

      "Hatte er etwas in der Hand?" fragte ich. "Eine Tasche oder so etwas?"

      "Ja, da war etwas. Ein Ding, das aussah wie eine Thermoskanne, in der man Kaffee warmhält... Jetzt, wo Sie es sagen, fällt es mir ein."

      "Könnte es so etwas gewesen sein?", hakte ich nach und zeigte ihm das Bild des CX-Behälters.

      Er nickte.

      "Ja, ich bin mir sicher. Was ist das?"

      "Ich habe noch eine letzte Frage", sagte ich, ohne darauf einzugehen. "Die beiden Männer, die erschossen wurden, haben sich hier bei Ihnen ins Gästebuch eingetragen..."

      "Ja. Die Unterschriften sind kaum leserlich, vielleicht auch falsch. Ich habe ehrlich gesagt auch nicht weiter nachgefragt. Wenn ich das bei jedem machen würde, der hier her kommt..."

      "Darum geht es nicht",

Скачать книгу