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asthmatische Schnauben eines Mannes hören. Seine tastenden Hände fanden den Lichtschalter neben der Tür.

      Das Licht flammte auf, und Redhorse sah einen unglaublich dicken Mann auf dem Bett liegen. Er war unrasiert. Seine Uniform sah aus, als hätte er darin geschlafen. Der Mann blinzelte und verzog unwillig das Gesicht.

      »Ich will schlafen«, erklärte er mürrisch. »Meine Zeit ist noch nicht um.«

      Schweigend ging Redhorse zum Waschbecken und zapfte einen Becher kaltes Wasser ab. Er schüttelte dem Dicken die Flüssigkeit ins Gesicht. Prustend kam der Mann hoch. Mit aufgerissenen Augen schaute er Redhorse empört an. Schließlich stellte er sich ächzend und stöhnend auf die Beine.

      »Gefängnis«, sagte Redhorse dozierend, »ist so ziemlich der größte Gefallen, den man Ihnen tun kann, Brazos. Ich an Oberst Rudos Stelle hätte Ihnen befohlen, das gesamte Oberdeck zu reinigen.«

      Brazos Surfat wischte die Wassertropfen von seinem Doppelkinn und begann sein Hemd in den Hosenbund zu stopfen.

      »Ich hatte eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Leutnant Orson«, berichtete er. »Orson behauptete, ich hätte mir eine doppelte Hauptmahlzeit ergaunert.«

      »Zum dritten Mal«, nickte Redhorse bekräftigend. »Nach zwei Verwarnungen bedeutet das eine dreitägige Arreststrafe. Lange genug, um die doppelte Mahlzeit zu verdauen.«

      »Sie scheinen mich ebenfalls zu verkennen, Sir«, sagte Surfat bekümmert. »Den größten Teil meiner Lebensenergie muss ich damit verschwenden, ungläubige Menschen von meiner Ehrlichkeit, Treue und Aufrichtigkeit zu überzeugen.«

      Redhorse hockte sich auf den Bettrand und schlug die Decke zurück. Eine fast vollständig geleerte Flasche kam zum Vorschein. Redhorse entkorkte sie und schnupperte am Flaschenhals.

      »Und wieviel Energie gedenken Sie zu verschwenden, um mir begreiflich zu machen, dass Kaffee in dieser Flasche ist und kein Alkohol?«

      Surfat kicherte. »Sie würden keinen unschuldigen, armen Mann verraten, Captain«, sagte er.

      »Das kommt darauf an«, meinte Redhorse betont.

      Surfat kämpfte noch immer mit seiner Hose. Er blickte den Captain misstrauisch an, als ahnte er, dass ihm eine unangenehme Eröffnung bevorstand.

      »Sie werden den Arrest unterbrechen und mit mir und einigen anderen Männern einen Spezialauftrag ausführen«, erklärte Redhorse.

      »Ich bin Korporal«, sagte Surfat mit einer Stimme, als habe er einen beeindruckenden militärischen Rang inne. »Ich bin kein Spezialist, der irgendwelche besonderen Aufgaben durchführt. Es genügt mir, in aller Stille und Bescheidenheit meinen Vorgesetzten an Bord der CREST zu dienen, und ihr Dank ist mir Lohn genug. Mich gelüstet nicht ...«

      »Brazos!«, unterbrach ihn Redhorses scharfe Stimme. »Sie werden mich begleiten.«

      »Wenn Sie es sagen, Captain«, seufzte Surfat unglücklich.

      »Wissen Sie überhaupt, was in den letzten Tagen passiert ist?«

      »Nur ungefähr«, gestand Brazos Surfat. »Ich habe fast nur geschlafen.«

      »Wir haben den Eisplaneten Arctis nicht länger halten können«, berichtete Redhorse. »Da die Gefahr weiterer Angriffe durch Mobys bestand und die Raumschiffe nicht mehr genügend STOG-Säure an Bord hatten, um weitere auftauchende Ungeheuer zurückzuschlagen, mussten wir die Höhlen unter dem Eis verlassen. Sämtliche Schlupfwinkel wurden zerstört. Bei unserem Aufbruch wurde Andro-Beta noch immer von schweren Impulsstößen einer unbekannten Hyperstation erschüttert. Trotz unserer empfindlichen Geräte war es uns unmöglich, den Standort des Senders anzupeilen.«

      »Das verstehe ich nicht«, meinte Surfat erstaunt. Er zupfte an seinem verwildert aussehenden Bart. »Für unsere Funker müsste das doch eine Kleinigkeit sein.«

      »Eben nicht. Die Fachleute stellten vor kurzem fest, dass es innerhalb Andro-Betas zahlreiche Echostationen geben muss, die die Hyperwellenflut der unbekannten Station nach allen Richtungen reflektieren. Eine Standortbestimmung ist deshalb innerhalb der kleinen Galaxis völlig unmöglich.«

      »Das bedeutet, dass die Mobys weiterhin verrückt spielen«, warf Surfat ein.

      Redhorse nickte zustimmend. »Sie vernichten alles, was ihnen in die Quere kommt. Die Twonoser-Zivilisation dürfte inzwischen nicht mehr existieren, obwohl es in Andro-Beta noch immer von Wachschiffen der Blaurüssel wimmelt. Offensichtlich werden diese Wachschiffe – bis auf wenige Ausnahmen – von den Mobys nicht behelligt, so dass sie weitestgehend ungehindert agieren können. Es liegt auf der Hand, dass die Meister der Insel die Blaurüssel noch für irgendwelche Zwecke benötigen, denn anderenfalls hätten sie sie ebenfalls getötet. Die Meister dürften die Blaurüssel der Wachflotte unter Kontrolle gebracht haben, so dass sie trotz des Massakers, das an ihren Völkern verübt wird, ihrer Aufgabe nachkommen und nicht rebellieren. Als wir vor drei Tagen Arctis verließen und uns hierher, 500 Lichtjahre vom Rand Andro-Betas entfernt, zurückzogen, war der Vernichtungsfeldzug der Mobys voll im Gange.«

      Surfat schluckte heftig, dann raffte er sich zu der Frage auf: »Warum hat mich niemand geweckt?«

      »Wir waren mit anderen Dingen beschäftigt. Vermutlich hat niemand daran gedacht, dass ein Mitglied der Besatzung unter Arrest stand. Es ist schließlich kein alltäglicher Fall.«

      Man konnte Surfat ansehen, dass er keine Absicht hatte, anders als alltäglich zu sein.

      »Wo befinden wir uns jetzt?«, erkundigte er sich.

      »Innerhalb des Leerraums«, sagte Redhorse.

      »Verfolger, Sir?«

      »Keine, zum Glück. Als wir in den Linearraum verschwanden, kümmerten sich weder Mobys noch Blaurüssel um uns.«

      »Und was geschieht jetzt?«

      Redhorse glättete die Decke. Er stand auf. Surfat verfolgte jede seiner Bewegungen.

      »Wir kehren nach Andro-Beta zurück«, sagte der Cheyenne. »Mit einer Space-Jet. Wir werden jedoch nicht die einzigen sein. Acht weitere Jets werden starten. Alle werden sie durch verschiedene Veränderungen der Außenhülle unkenntlich gemacht. Sollte eines der Schiffe beim Einsatz beobachtet werden, wird der Beobachter kaum Rückschlüsse auf ihre Erbauer ziehen können. Kommandanten sind die Leutnants Orson, Eyseman und Nosinsky. Dazu kommen die Captains Kagato, Henderson und ich. Die drei übrigen Jets werden von Offizieren des USO-Schlachtschiffes IMPERATOR kommandiert.«

      Brazos Surfat fuhr mit der Zunge über seine wulstigen Lippen. Seine Augen verschwanden fast hinter den Fleischwülsten seines Gesichtes.

      »Glauben Sie wirklich, dass Sie einen einfachen Korporal bei dieser Aufgabe brauchen können, Captain?«

      »Ich denke schon«, sagte Redhorse. »Man wird Sie in den Hangar bestellen, wenn es Zeit wird. Rasieren Sie sich vorher.«

      Seufzend kehrte Surfat zu seinem Bett zurück und ließ sich darauf niedersinken. Redhorse ging hinaus, achtete nicht auf die bösen Blicke des Wächters und beeilte sich, in die Zentrale zu gelangen.

      Whip Gilliam, Olivier Doutreval, Chard Bradon und Brazos Surfat, dachte er befriedigt.

      Seine Mannschaft war komplett.

      Eine Mannschaft, auf die sogar Dull Knife oder Little Wolf stolz gewesen wären, hätten sie die Männer sehen können. Obwohl der Anblick der Raumfahrer bestimmt nicht genügt hätte, um die berühmtesten Häuptlinge der legendären Powder-River-Cheyennes von den Qualitäten der Männer zu überzeugen, überlegte Captain Don Redhorse belustigt.

      Man konnte es betrachten, wie man wollte: die Flucht aus Andro-Beta war, auch wenn man ihr den Namen Rückzug gab, ein Rückschlag für die Terraner.

      Nach dem Verlust des Eisplaneten Arctis würde es einige Zeit dauern, bis es gelang, erneut einen sicheren Stützpunkt innerhalb Andro-Betas zu finden. Rhodan wusste, dass sie dazu zunächst einmal den Sender finden mussten, der die totgeglaubten Mobys aktiviert und zu ihrem mörderischen

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