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      3.

      Die Erinnerung, so unzuverlässig

      »Wen?«, fragte Leutnant Winston Duke.

      Osmund schmunzelte. Neben Tenga war Win sein bester Freund, und er wusste nur zu gut, was gerade in ihm vorging. Winston war ein erstklassiger Hyperphysiker, Ingenieur und Ortungsspezialist mit überragendem Improvisationstalent, doch er scheute Außeneinsätze.

      »Wir besuchen die Olubfaner«, wiederholte Rhodan. »Heimisch im Olubneasystem in der Nähe der Randzone der Milchstraßenscheibe, genauer gesagt auf Ollfa, dem vierten Planeten.«

      Von denen habe ich noch nie gehört, dachte Osmund, behielt es jedoch für sich.

      »Von denen habe ich nie zuvor gehört«, sagte Siad Tan. Der Okrill schnaubte erneut leise, ohne die Augen zu öffnen. Vielleicht wollte er ihr damit zustimmen. Oder er schlief und jagte im Traum seiner Beute nach.

      Rhodan lächelte. »Ich bis vor wenigen Stunden auch nicht. Aber OXFORD kannte sie aus seinem Datenspeicher.«

      Farye Sepheroa hatte die Positronik der BJO nach ihrem ehemaligen Begleiter benannt, einem genoptimierten Dodo.

      Besser, dachte Osmund, als wenn ich sie nach einer meiner Katzen benannt hätte. RUMPEL klingt für einen Bordrechner nicht sehr vertrauenerweckend.

      »Zu unserer Zeit«, sagte Rhodan, »war das System zwar durchaus bekannt.«

      »Also neulich vor fünfhundert Jahren«, brummelte Tenga und ließ eine weitere Praline in seinem Mund verschwinden.

      »Die einheimischen Intelligenzen betrieben damals allerdings noch keine Raumfahrt, weshalb auf eine Kontaktaufnahme verzichtet wurde. Ihr kennt das übliche Verfahren: regelmäßig wiederkehren, beobachten und so lange abwarten, bis ein Erstkontakt vertretbar erscheint, um ein Volk nicht unvermeidbar zu überfordern. – OXFORD, das Holo!«

      Am Waldrand der artifiziellen Umgebung flackerten fünf Bäume und verschwanden. Stattdessen warfen die Holoprojektoren das rotierende Bild einer wuchtigen Kreatur an die frei gewordene Stelle. Es zeigte ein dickes, tonnenförmiges Wesen mit vier relativ kurzen säulenförmigen Beinen und einer bräunlichen Haut mit vielen tiefen Falten. Das Wesen mochte anderthalb Meter hoch und an die drei Meter lang sein.

      »Das Bild stammt aus unseren Datenbanken, ist also gut fünfhundert Jahre alt. Der Eindruck, es mit einem Tier zu tun zu haben, täuscht. Olubfaner bewegen sich zwar meist auf allen vieren, sind aber durchaus fähig, sich über Stunden im aufrechten Stand oder Gang zu halten. Die Vorderbeine fungieren dann als Arme.«

      In der Tat erwischte sich Osmund, das Geschöpf im ersten Moment als Tier betrachtet zu haben. Dabei hätte er es bei der Vielzahl an Völkern, die er schon gesehen hatte, besser wissen müssen.

      Der kleine, ebenso faltige Kopf erschien besonders fremdartig. Schräg oben saßen zwei faustgroße Gewebeballen, die Ohren darstellen mochten. Zwischen den beiden tiefschwarzen Augen erstreckte sich vom Stirnbein abwärts ein senkrechter Spalt, der hinter zwei vertikalen Hautlappen kaum zu erkennen war. Darunter ein waagrechter Mund mit schmalen Lippen, von denen die obere in der Mundmitte leicht über die untere hing. Dennoch wirkte das Gesicht auf Osmund erstaunlich grazil.

      »Faszinierend«, sagte er.

      »Vor fünfhundert Jahren standen sie an der Schwelle zur Industrialisierung, vergleichbar mit dem historischen Europa zur Mitte des 18. Jahrhunderts alter Zeitrechnung.«

      »Und warum stellen diese Olubfaner eine Gelegenheit für uns dar, Informationen zu gewinnen?«, fragte Donn Yaradua.

      »OXFORD hat uns auf einen interessanten Hyperfunkspruch aufmerksam gemacht. Vor 121 Jahren haben die Olubfaner den Sprung ins All geschafft, wobei wir nicht wissen, ob es sich um Ollfa-Jahre oder um Standardjahre handelt. Sie haben Anschluss an die galaktische Völkergemeinschaft gefunden.

      Ab dem 16. September feiern sie aus diesem Anlass für eine Woche ein Fest, zu dem befreundete Raumnationen eingeladen sind. Mit anderen Worten: Es werden sich Angehörige vieler Völker dort tummeln, und wir fallen nicht auf, wenn wir ein wenig mitfeiern. Wir fliegen das System an, allerdings nur in kleinen Etappen und mit ständig offenen Empfängern. Immerhin bleiben uns für die relativ kurze Strecke mehrere Tage. Noch Fragen?«

      »Eine«, sagte Sholotow Affatenga sofort. »Wie vertreiben wir uns bis dahin die Zeit?«

      »Wir tun etwas, von dem unser Gast nicht allzu begeistert sein dürfte.«

      »Unser Gast?«, hakte Winston Duke nach.

      »Zemina Paath.«

      Sämtliche Holos erloschen, die Monitorwände ersetzten das Bild von Terrania durch eine Holzvertäfelung. Die Besprechung war beendet.

      *

      Zemina Paath schlug noch zweimal auf ihren Paau, entlockte ihm dadurch rhythmische und zugleich melodiöse Geräusche – und hielt inne.

      »Warum willst du das tun?«, fragte sie.

      Ihr Blick aus den faszinierenden fast blendend blauen Augen ruhte auf Perry Rhodan. Siad Tan, die mitsamt ihrem Okrill Phylax die mysteriöse Passagierin bewachte, und Osmund Solemani schien sie gar nicht wahrzunehmen.

      Osmund war das nur recht, schließlich war er zur Verkündung der schlechten Nachricht nur in Zemina Paaths Kabine mitgekommen, weil er noch einmal einen Blick auf den Paau werfen wollte, dieses geheimnisvolle, über anderthalb Meter hohe kofferähnliche Ding aus blauem, fein gemasertem Material.

      Als Xenotechnik-Analyst interessierte er sich für solche Stücke schon allein von Berufs wegen. Nach Zeminas Aussage hatte der Paau sie – auf welche Weise auch immer – dabei unterstützt, in die RAS TSCHUBAI einzudringen. Dass sie ihn nebenbei als eine Art Musikinstrument verwendete, war Osmund hingegen neu. Wie eine Pauke. Oder besser: eine Paau-ke. Tenga würde sich über den halb garen Wortwitz vermutlich vor Lachen biegen.

      »Aus Sicherheitsgründen«, antwortete Rhodan.

      »Wir sprechen von meiner Hülse, von meinem Nashadaan. Was sollte daran gefährlich sein?«

      »Dein Schiff hat die RAS TSCHUBAI mit einem Energiemantel stillgelegt.«

      »Zu unserem Schutz.«

      »Vor den Cairanern, ich weiß. Ich möchte nicht, dass es das Gleiche noch einmal mit der BJO BREISKOLL tut.«

      »Vertraust du mir nicht?«

      »Ich möchte es gerne.«

      »Dann tu es.«

      »Vertraust du dir denn selbst?«

      Darauf schwieg Zemina Paath.

      »Versteh mich nicht falsch«, sagte Rhodan. »Du bist ein gern gesehener Gast an Bord, von dem ich mir große Hilfe für unsere Mission verspreche. Du hast uns von den Cairanern erzählt und vor ihren Mentaltastern gewarnt. Trotzdem bezeichnest du dich selbst als ...«

      »Porös.«

      »Du weißt, dass du keine Terranerin bist, erinnerst dich aber nicht, was du stattdessen bist. Du weißt, dass dir jemand Teile des Gehirns gestohlen hat. Du sagst, dass es ein grausamer Dieb war, der etwas sammelt. Aber du weißt nicht, wer. Ja, ich vertraue dir ...«

      Zeminas Blick ruckte zu Siad Tan, zu Phylax und zurück zu Rhodan. »Deshalb lässt du mich wohl bewachen.«

      »Ich vertraue dir – soweit es möglich ist. Ich bin mir sicher, dass du nichts tun willst, um uns absichtlich zu schaden. Dass du uns mit deinem Wissen helfen wirst. Doch es gibt so viel, was du nicht weißt, so viele Dinge, die deiner Porosität zum Opfer gefallen sind. Unter diesen Umständen darf ich kein Risiko eingehen, schon um die Besatzung der BJO nicht zu gefährden. Mir bleibt keine andere Wahl: Wir werden dein Sternenschiff ausschleusen.«

      »Und ich kann nichts tun, um dich davon abzuhalten?«

      »Nein.«

      »Also gut,

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