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doch sobald man sie nicht mehr einnahm, wurde es umso schlimmer.

      Ein völlig normaler Gedanke, den jeder Mediziner kannte.

      Ließ er sich auf Lankos Situation übertragen?

      Das hieße, dass der Vital-Suppressor für seinen Zustand verantwortlich war – aber dass dieser sich ohne den Einfluss der verhängnisvollen Maschine weiter verschlechterte. Genauer gesagt: Er lag im Koma.

      Und wie linderte man Entzugserscheinungen?

      Entweder mit Zeit ... was der Methode Geduld entsprach, die Spand und Cyprian Okri propagierten.

      Oder mit einer neuen Drogendosis, die sich zwar keineswegs heilend auswirkte, aber die Symptome kurzzeitig beseitigte. Würde Lanko also aufwachen, wenn er auf die Ausweglose Straße zurückkehrte?

      Sie hob ihren Armbandkommunikator und gab den Sprachbefehl, Kontakt zu Doktor Spand aufzubauen.

      Der Ara meldete sich rasch, und sie teilte ihm ihren Verdacht mit.

      Zu ihrer Überraschung lachte er sie nicht aus. »Ein interessanter Gedanke«, sagte er. »Ich hege dieselbe Vermutung, wenn auch auf Basis etwas wissenschaftlicherer Überlegungen als deine Drogenerfahrungen.«

      »Ach?«

      »Ich nenne diese Theorie das Vitalparadox-Schocksyndrom. Sollte sie sich bewahrheiten, habe ich die Bezeichnung Spand'sche Krankheit bereits im Ara-Zentralregister vorgemerkt.«

      »Was ... was soll das heißen?«

      »Dass das Phänomen nach mir benannt werden wird, weil ich der Entdecker bin. Du kannst darauf keinerlei Anspruch erheben.«

      »Das ist mir völlig gleichgültig«, versicherte Giuna. »Du glaubst also, dass eine Rückkehr zur Ausweglosen Straße Lanko retten könnte?«

      »Ich erkläre dir meine Theorie gerne. Vielleicht solltest du mich besuchen.«

      Oh, das würde sie. »Ich bringe Cyprian Okri mit«, sagte sie. Er wusste noch nichts von seinem Glück – aber sie brauchte seine Unterstützung und die seines barnitischen Einsatzpartners ebenfalls.

      Denn wenn auch nur die geringste Chance bestand, dass Lanko wieder erwachte, konnte sie nichts und niemand davon abhalten, zur Ausweglosen Straße zurückzukehren.

      2.

      Vertrauen und Philosophie

      Während Perry Rhodan durch die Gänge der BJO BREISKOLL ging, sehnte er sich nach der Heimat.

      Daran änderte selbst die Tatsache nichts, dass die ganze Galaxis glaubte, diese Heimat hätte nie existiert.

      Es hätte Terra nie gegeben, hieß es.

      Ein lächerlicher Gedanke ...

      ... hätte man glauben müssen.

      Die RAS TSCHUBAI hatte zwar mit ihrer Besatzung ein halbes Jahrtausend übersprungen, aber in nur fünfhundert Jahren konnte das Wissen um eine so immens bedeutende Welt nicht verloren gehen. Unmöglich! So lautete Rhodans klare Überzeugung, als er in dieser Zeitepoche erwachte, vor wenig mehr als zwei Wochen, am 8. September 2045 NGZ. Doch er war eines Besseren belehrt worden, wenn er es auch nach wie vor nicht in vollem Umfang verstand.

      Momentan ging er mit gemessenen Schritten zu Zemina Paath, der geheimnisvollen Fremden, die ihn an Bord der RAS TSCHUBAI geweckt hatte. Er ließ seine Gedanken schweifen, ein Luxus, den er sich zu selten gönnen konnte. Seit seinem Erwachen überschlugen sich die Ereignisse, und Ruhe fühlte sich wie ein Fremdwort in einer nie gehörten Sprache an. Ihm blieb nicht sonderlich viel Mußezeit – mitten in der sogenannten Cairanischen Epoche, die die Milchstraße offenbar auf den Kopf gestellt hatte.

      Andererseits hatte er rund fünfhundert Jahre lang geruht.

      Zemina hatte ihm als Erste berichtet, dass es Terra niemals gegeben habe. Die Beweise für diese bizarre Annahme klangen schlicht überwältigend – die ganze Galaxis glaubte es. Es kursierten die unterschiedlichsten Legenden darüber, woher die Terraner kamen und wieso in ihren Erzählungen ein mythischer Ursprungsplanet eine Rolle spielte.

      Doch eines gab es offenbar nicht: die Erde.

      Perry Rhodan hatte sich noch nicht mit eigenen Augen davon vergewissern können; es gab allerdings keinen Anlass, an diversen abgehörten Botschaften und Funksprüchen zu zweifeln – im Solsystem zog kein Planet namens Terra seine Bahn.

      Und ein Flug dorthin, um nach dem Rechten zu sehen, kam nicht infrage, egal, wie sehr es ihn drängte. Die Gründe dafür wollte er mit Zemina erörtern – einer der vielen Punkte für das kommende Gespräch.

      Er schüttelte alle Gedanken ab, als er sein Ziel erreichte.

      Er klopfte an die Tür und wartete ab.

      Nichts tat sich.

      Er klopfte wieder.

      Bald hörte er Schrittgeräusche, dann öffnete sich die Tür. Zemina sah ihn verwundert an. Die verwirrend großen, hellblauen Augen im sonst menschlich wirkenden Gesicht leuchteten beinahe. Die dünnen Augenbrauen wirkten wie rasiert. »Was hast du getan?«, fragte sie.

      Rhodan grinste. »Geklopft. Ein Akt der Höflichkeit.«

      »Mit deinen Händen? Wozu gibt es das positronische System, das deinen Besuch ankündigt?« Ihre Stimme klang angenehm. Sie sprach fließend Interkosmo, gewissermaßen veredelt durch einen fremdartigen Akzent.

      »Manchmal finde ich es nett, altmodisch zu sein.« Er lächelte. »Vielleicht ein Erbe meiner Erziehung. Darf ich eintreten?«

      Sie umgriff das Türblatt, schob es weiter auf. Zwei Finger fehlten, auf den anderen saßen metallische Fingerhüte. »Bitte.«

      Sie ging beiseite, und er sah ihre schlanke Gestalt in der einteiligen Kombination aus von blauen Linien durchzogenem, rötlich schimmerndem Stoff. Seit er sie kannte, trug sie diese Kleidung. Sie lag eng an, umschloss sogar die Füße und zeichnete die Zehen nach.

      Rhodan trat ein.

      »Du kommst allein?«, fragte Zemina. »Ohne meine Bewacherin?«

      »Fühlst du dich von Siad Tan belästigt?« Die Oxtornerin bewohnte gemeinsam mit ihrem normalerweise etwas schläfrig wirkenden Okrill das direkte Nachbarquartier und behielt Zemina stets im Auge, sobald diese ihren Privatraum verließ. Dort genoss sie tatsächliche Privatsphäre.

      »Und wenn es so wäre?«

      Der Terraner hob die Schulter, obwohl sie diese Geste wahrscheinlich nicht verstand. Sie war keine Terranerin, welchem Volk auch immer sie angehören mochte – sie wusste es angeblich selbst nicht, weil ihr Teile des Gedächtnisses fehlten, genau wie ihrem Körper. »Dann könnte ich es nicht ändern. Das heißt, ich könnte es schon. Aber ich will es nicht.«

      »In dem Fall belästigt sie mich nicht. Es wundert mich nur, dass sie nicht sofort aufgetaucht ist, als ich die Tür geöffnet habe. Wie sonst jedes Mal. Ich hätte ja planen können, zu fliehen und das Schiff mit bloßen Händen zu zerreißen.«

      »Hast du dir da nicht etwas viel vorgenommen?«, fragte Rhodan trocken.

      »Traut ihr mir nicht alles zu?«

      »Nein. Aber ich vertraue dir, das weißt du.« Wenn ich auch selbst nicht so recht weiß, warum. »Deshalb bist du Gast in der BJO BREISKOLL und keine Gefangene. Sieh Siad Tan als jemanden an, der auf dich aufpasst. Damit es nicht zu Problemen kommt.«

      »Nett gesagt.«

      Rhodan ging weiter in das Quartier. Zemina hatte alles bei der Standardausstattung belassen, und er glaubte nicht, dass sie Schränke, Tisch oder Stühle auch nur angerührt hatte. Ebenso wenig das Bett, dessen von Siads Okrill zerfetzte Decke längst ausgetauscht war. Sie schlief in ihrem Koffer, dem Paau, der in einer Ecke des Raumes stand, und mehr schien sie nicht zu benötigen.

      Da sie sich mit terranischen Gepflogenheiten wie Klopfen und sonstiger Höflichkeit

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