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und ich – nämlich nichts! Wir haben Lanko befreit ... und was hat er davon? Auf der Ausweglosen Straße war er wenigstens lebendig!«

      »Du warst dort«, sagte Cyprian ruhig. »Du weißt, wie es den Gefangenen geht und in welchem Elend sie existieren. Du hast die Wirkung des Vital-Suppressors am eigenen Leib erfahren. Die Mattheit. Die Antriebslosigkeit. Die ewige Schwäche, und doch muss man ständig vor Gefahren fliehen. Glaubst du nicht, dass Lanko von dort hat entkommen wollen, egal, um welchen Preis?«

      »Wirklich? Um jeden Preis?«, fragte sie.

      Er sah ihr in die Augen. »Um jeden Preis«, sagte er mit ruhiger Stimme.

      Sie schwieg, nahm sich unaufgefordert ein Stückchen seines Brotgebäcks und kaute es langsam. »Aber in der Gefangenschaft konnte er wenigstens denken. Etwas empfinden.« Giuna sah Lankos regloses Gesicht vor sich. Seinen starr daliegenden Körper. »Er war jemand – und nicht nur eine körperliche Hülle, die irgendwie am Leben gehalten wird.«

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      Illustration: Swen Papenbrock

      »Er ist immer noch die Person, die er war. Oder zweifelst du daran?«

      »Nein«, gab sie zu. Nicht eine Sekunde lang.

      Ein leiser Summton riss sie aus den Gedanken. Kurz flirrte die Luft, als ein Robotkellner den energetischen Vorhang durchquerte, der die Nische isolierte. In dem Augenblick, als die Strukturlücke ihn passieren ließ, drangen Geräusche von draußen herein – das Knarren eines Stuhls, das Lachen einer Frau.

      Der mechanische Kellner war einem Barniter nachempfunden und damit weitaus massiger und einen Kopf größer als die beiden Terraner. »Dein Schmorgemüse an cheborparnischem Quallensud, bestreut mit in Antigravgärten gezüchteter Gurkenkresse.« Er stellte eine Schüssel und einen Teller vor Giuna ab. »Darf ich deinen Teller füllen?«

      »Das übernehme ich selbst«, sagte sie und gab der Maschine einen Wink, sich zurückzuziehen – ein Wunsch, den diese sofort erfüllte.

      Erneut flimmerte die Luft. Dieser Effekt diente allein dazu, den Gästen zu symbolisieren, wann sie wieder ihre abhörsichere Privatsphäre genießen konnten.

      Die Mahlzeit sah köstlich aus, aber Giuna wusste nicht, ob sie auch nur einen Bissen hinunterbrachte.

      »Iss!«, forderte Cyprian sie auf. »Und hör einfach zu. Du musst das, was ich jetzt mit dir teile, nicht kommentieren. Kondayk und ich verfolgen eine klare Mission. Wir versuchen, mehr über die cairanischen Vital-Suppressoren zu erfahren.«

      »Das weiß ich«, sagte Giuna.

      »Diesem Auftrag gehen wir seit etwa fünf Jahren nach«, fuhr der NDE-Agent ungerührt fort. »Auf etlichen Welten, deren Bewohner von den Cairanern unter Strafe gestellt worden sind, stehen diese verhängnisvollen Geräte. Es dauert nur wenige Generationen, und ganze Planetenbevölkerungen sterben aus. Der NDE hat auf zahlreichen Wegen versucht, an Informationen zu kommen. Unser Wissen steht nach wie vor fast auf null. Kondayk und ich sammeln Hinweise, und du glaubst nicht, wie viele es angeblich gibt. Nichts von Belang ... aber wir haben sie geprüft. Immer wieder.

      Dann tauchst du auf – und wir gehen mit dir mitten in eine Strafanstalt der Cairaner. Zum ersten Mal gelingt dem NDE ein Zugriff auf einer Ausweglosen Straße. Wir befreien deinen Mann. Er könnte mehr über die Vital-Suppressoren wissen, weil er so lange unter ihrem Einfluss lebte und geschickt ist, was Technik angeht. Und das liegt nicht einmal einen Monat zurück. Nicht einmal – einen – einzigen – Monat!«

      Sie ließ die Predigt über sich ergehen, ohne ihr Essen anzurühren. »Du glaubst also, ich sollte Geduld lernen?«

      Cyprian tauchte in weiteres Stück Brot in die Sauce. »Eine Tugend, die jedem gut zu Gesicht steht.«

      Giuna erhob sich. »Danke für die Einladung zu dieser zweifellos teuren Mahlzeit. Du verzeihst mir, wenn ich sie unangetastet zurückgehen lasse.« Sie wandte sich zum Gehen.

      Er stand auf und packte sie am Arm. »Nein, das verzeihe ich dir nicht.«

      Sie wollte sich dem Griff entziehen, doch er verstärkte ihn.

      »Wir sind nicht tatenlos«, versicherte er. »Der NDE arbeitet unablässig. Aber die Cairanische Epoche ist bereits vor Generationen angebrochen, die Strukturen sind festgefahren ... und die Dinge lassen sich nicht binnen einiger Tage ändern!«

      »Wer sagt das? Ist das ein ungeschriebenes Gesetz?« Sie starrte seine Hand an, und er öffnete den Griff. »Ich pfeife darauf, was du und von mir aus tausend Geheimdienstler als Tatsache ansehen! Wenn Doktor Spand meinem Mann nicht helfen kann, suche ich mir jemanden, der ihn entweder aufweckt oder von seinem Elend erlöst!«

      »Wir haben nie von einer einzigen Person gehört, die von einer Ausweglosen Straße gerettet worden wäre«, sagte Cyprian. »Lanko ist wertvoll! Wir dürfen sein Leben nicht leichtfertig aufs Spiel setzen!«

      Sie stellte sich dicht vor ihn. »Denkst du wirklich, dass du mir das sagen musst? Für dich mag er eine mögliche Informationsquelle sein ... für mich ist er mein Leben!«

      »Was hast du vor, Giuna? Wo willst du hin? Du kannst die TREU & GLAUBEN nicht verlassen.«

      »Sind wir Gefangene des NDE?«

      »Unsinn! Aber die Cairaner suchen dich. Du bist vogelfrei! Sobald sie dich in die Hände bekommen – und das werden sie, wenn wir dich nicht schützen –, verhören sie dich so lange, bis sie aus dir herauspressen, wie du auf die Ausweglose Straße gelangen konntest.«

      »Eher sterbe ich.«

      »Das wissen sie zu verhindern, glaub mir.«

      Giunas Hände zitterten. »Ich danke dir für deine Gastfreundschaft und dass du meiner Bitte um ein Gespräch nachgekommen bist. Ich werde dich nicht mehr belästigen.«

      Diesmal ließ er sie gehen.

      *

      Giuna machte sich auf dem Weg zu ihrer luxuriösen Privatkabine im angedockten Scheibencontainer, die Kondayk-A1 ihr zur Verfügung stellte.

      Sie kam an einem Akonenpärchen vorbei, das auf der aktuellen Feier offenbar zu viel Alkohol genossen hatte. Die beiden lehnten mit dem Rücken an der Wand, die von barnitischem Efeu überrankt wurde, und sie sahen blass aus. Giuna hatte lange genug mit Akonen zusammengearbeitet, um den Blick der leicht verschleierten Augen richtig deuten zu können und zu wissen, dass sie wahrscheinlich in sehr redseliger Stimmung waren.

      Darum hastete sie an den beiden vorbei, um nicht in ein sinnloses Gespräch verwickelt zu werden.

      Und plötzlich erinnerte sie sich an etwas.

      Wir haben noch nie von einer Person gehört, die aus einer Ausweglosen Straße befreit worden wäre.

      Das hatte Cyprian gesagt.

      Noch nie.

      Lanko war der Erste, der für längere Zeit in der Vergangenheit unter dem Einfluss eines Vital-Suppressors gelebt hatte.

      Was bedeutete das? Hieß das nicht, dass es keinen medizinischen Präzedenzfall gab? Dass man ihn anders als alle Patienten vorher behandeln musste? Gab es eine andere Ursache für seinen Zustand als die, von der man automatisch ausging? Lag er vielleicht nicht deshalb im Koma, weil der Suppressor ihn derart geschwächt hatte ... sondern weil ihm nun etwas fehlte?

      Der Gedanke kam ihr verrückt vor, aber er setzte sich in ihr fest.

      Sie war mit ihrem Mann durch die Milchstraße gereist, dahin und dorthin, ehe sie ihre Beraterstellen im akonischen Transmitterhof gefunden hatten, von dem Lanko schließlich in die Strafanstalt deportiert worden war. Ein junges Pärchen, das sich auf diese oder jene Art etwas ergaunert hatte.

      Und das genau wie tausend andere Vagabunden mit Drogen experimentierte. Natürlich nur, um den Wundern der Galaxis näher zu kommen – so hatten sie sich selbst in Tasche gelogen. Wenigstens waren sie schlau genug gewesen,

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