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Unsere Liebe auf deiner Haut. E.M. Lindsey
Читать онлайн.Название Unsere Liebe auf deiner Haut
Год выпуска 0
isbn 9783958238480
Автор произведения E.M. Lindsey
Жанр Языкознание
Серия Irons and Works
Издательство Bookwire
Er war jetzt 37 und leitete eine erfolgreiche Firma, die in Rehazentren Kurse anbot, private Fitnessstunden und, was er am liebsten mochte, Rollstuhl-Yoga. Das unterrichtete er jeden Samstag, bevor am späten Nachmittag seine Schicht bei Irons and Works begann. Sam war zwar nur ein Teilzeit-Künstler, aber für jeden von ihnen ein vollwertiges Mitglied ihrer Familie. Als sie erfahren hatten, dass Sam abgelehnt worden war, hatte das gesamte Studio sich zusammengeschlossen, um dafür zu sorgen, dass er sein kleines Mädchen bekommen würde.
Maisy lebte nun seit drei Jahren bei ihm und endlich hatte er die Erlaubnis bekommen, ihre Adoption zu beantragen, da seine Cousine nicht versucht hatte sie wiederzubekommen. Derek war in dieser schweren Angelegenheit nicht nur einer von Sams engsten Vertrauten, er war auch sein inoffizieller Babysitter, da Maisy ihn von allen am liebsten zu mögen schien. Darauf war er sehr stolz ‒ auch wenn er deswegen seinen Hintern morgens um sechs Uhr aus dem Bett schaffen musste.
»Was brauchst du?«, fragte Derek, während er die Beine aus dem Bett schwang und sich über das Gesicht rieb.
»Kann May heute eine Weile bei dir bleiben? Sie wollen eine weitere Heiminspektion durchführen und ich will nicht, dass sie dabei ist, wenn meine Sachen durchsucht werden und ich vorführen muss, wie viele Schritte ich mit dem Rollator machen kann.«
Derek knirschte unwillkürlich mit den Zähnen und zwang sich, ein paarmal tief durchzuatmen. »Na klar, Mann. Ich komme vorbei und hole sie ab, dann musst du dir deswegen keine Gedanken machen.« Er stand auf und musste stöhnen, als seine Muskeln unerwartet schmerzten. So fühlte er sich nach einer Panikattacke immer, aber er hatte nicht damit gerechnet, dass es an diesem Morgen so schlimm sein würde. »Scheiße.«
»Der?«, sprach Sam ihn leise mit seinem Spitznamen an. »Was ist los?«
»Oh Gott, das ist eine verdammt lange Geschichte«, gestand er und schlurfte ins Badezimmer, wo er seine Zahnbürste und das Mundwasser hervorkramte. »Ich erzähle dir gern alles, wenn dieser bescheuerte Tanz vorbei ist.«
»Soll ich Mittagessen mitbringen, wenn ich MayDay abhole?«, bot Sam an. Die Geräusche durch das Telefon klangen gedämpfter und Derek konnte gerade so hören, wie Sam Maisy sanft weckte. Da musste er lächeln, dann steckte er sich die Zahnbürste in den Mund und begann zu schrubben.
»Was auch immer du mitbringst, es muss lecker sein. Am besten frittiert. Zum Beispiel Falafel von dem Laden in der Neunten. Bei dem hast du keine Probleme, rein- und rauszukommen, oder?«
»Nein, ist schon in Ordnung. Außerdem habe ich dann auch Gelegenheit, ein wenig mit Abram zu flirten. Es ist schon eine Weile her«, sagte Sam mit einem Grinsen in der Stimme. »Ich packe May auch ein paar gefrorene Waffeln ein, dann musst du dir keine Sorgen wegen ihres Frühstücks machen, okay? Sie… hat es im Moment nicht so mit warmem Essen.«
Derek lachte leise. »Alles klar. Gib mir eine Viertelstunde, dann bin ich da.« Er legte auf, ohne sich zu verabschieden, dann zwängte er sich in eine zu enge Jeans und ein altes, schäbiges T-Shirt, das vom häufigen Waschen praktisch durchsichtig war. Doch es fühlte sich gut an, gemütlich, wie er sich in seiner eigenen Haut fühlen sollte. Er schaute in den Spiegel, seufzte und fuhr mit der Hand durch sein Haar in der verzweifelten Hoffnung, es ein wenig zu ordnen.
Dann schlüpfte er in seine Arbeitsstiefel, die er allerdings nicht zuschnürte, bevor er die Treppe hinunter zu seinem Auto eilte. Es war vom Regen noch ein wenig feucht, aber er hatte daran gedacht, alle vier Fenster zu schließen, was er als kleinen Sieg verbuchen konnte, wenn man bedachte, in welchem Zustand er sich befunden hatte, als er nach Hause gekommen war.
Sam wohnte nur zehn Minuten entfernt in einem kleinen, ebenerdigen Häuschen in einer Nachbarschaft aus größtenteils älteren weißen Mittelstands-Ehepaaren, die den tätowierten Mann in seinem sportlichen Rollstuhl seltsamerweise liebten. Wahrscheinlich unter anderem, weil Sam jeden Morgen seinen Hund ausführte, und der putzige Schnauzer liebte die Aufmerksamkeit der alten Leute. Außerdem war Sam ein außerordentlich guter Bäcker und schaffte es mit Leichtigkeit, die Herzen der meisten Leute zu gewinnen. So hatte er eine ganze Gruppe liebenswerter, alter Großmütter für Maisy um sich geschart, sodass das Mädchen nie auf Kniffe in die Wangen, Bonbons und Liebe verzichten musste.
Es erstaunte Derek immer wieder, dass Sam noch nicht vergeben war. Sam konnte gut mit Menschen umgehen und wurde nicht panisch, so wie er. Er war schlau, sah umwerfend aus und konnte die grimmigsten Fremden um den Finger wickeln. Aber es lag wahrscheinlich daran, dass Sam Verpflichtungen hatte, die keine Kompromisse zuließen. Die Arbeit, der Laden und Maisy ‒ nicht in dieser Reihenfolge.
Dennoch war Derek eifersüchtig. Wenn er nur ein wenig von Sams Charme besäße, hätte er vielleicht mehr von Basil mitnehmen können als nur eine vage Erinnerung an seine Hand auf Dereks Brust, den Nachhall seines Lachens und den Hauch von kräftigem Blumenduft. Er wäre tapfer und ein wenig übermütig gewesen. Er hätte mehr getan, als nur mit einer Gebärde seinen Dank auszudrücken und dann zu verschwinden wie ein gottverdammter Feigling.
Deshalb würde er allein sterben, umgeben von Katzen, die ihn mit etwas Glück nicht fressen würden, selbst wenn sie kurz vor dem Verhungern stünden.
Derek verscheuchte die melancholischen Gedanken, stieg aus dem Auto und ging zur Eingangstür. Dabei stolperte er über die Kante der Rampe, konnte sich aber noch fangen, bevor er zu Boden fiel und auf dem Hartholz landete. Es würde zu ihm passen, sich die Nase zu brechen, gerade als er beweisen wollte, was für ein verantwortungsvoller Freund und Betreuer er war. Er straffte die Schultern in dem peinlichen Versuch, so zu tun, als hätte er sein Leben im Griff. Ja, es geht mir gut, bitte vertrau mir dein Kind an.
Er machte sich nicht die Mühe zu klopfen ‒ das tat niemand in ihrer Familie ‒ und trat in den Flur. Er bog um die erste Ecke und fand Sam auf dem Boden vor, wo er gerade Maisys kleinen Vaiana-Rucksack packte, während sie ein paar Meter entfernt mit ihrem Puppenhaus spielte.
Er schaute auf, als Derek eintrat, und runzelte die Stirn. »Warum siehst du aus, als hätte gerade jemand deinen Fisch umgebracht?«
»Erstens, ich hatte nur einmal in meinem Leben Fische«, erklärte Derek und glitt neben Sam zu Boden, »und die hat Sage ermordet, als er einmal bekifft war und seine Oreos mit ihnen teilen wollte. Zweitens… die letzten 24 Stunden waren echt scheiße.«
Sam zog die Augenbrauen zusammen und positionierte sich mithilfe seiner Hände um, sodass er Derek besser ansehen konnte. »Dein Dad?«
Derek fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. »Zum Teil. Aber erzähl Sage nichts davon, okay? Der alte Sack lässt ihn in Ruhe ‒ ich habe ehrlich keine Ahnung, ob er sich überhaupt erinnert, dass es zwei von uns gibt, und dabei soll es auch bleiben.«
Sam schürzte die Lippen, aber er widersprach nicht, was Derek als Sieg verbuchte. »Und was noch?«
»Oh, nur der übliche Mist. Ich hab mir im Laden den Arm verrenkt, eine Frau hat sich aufgeregt, weil ihr Tattoo ihr, kurz nachdem ich damit fertig war, nicht mehr gefallen hat, und mein Dad hat mich angerufen, um mir zu sagen, was für ein nutzloser Homo ich bin. Ach… und dann habe ich mich gestern Abend noch total zum Narren gemacht, als ich in dem Raum mit dem Geldautomaten festsaß und einen Klaustrophobie-Anfall hatte.« Er wollte nicht die ganze Geschichte erzählen, aber Sam kannte ihn zu gut.
»Im Vorraum? Wie zum Teufel hast du das denn geschafft?«
Derek lehnte den Kopf zurück an die Sofapolster und stöhnte. »Ich wollte Geld einzahlen, weil eine Menge Rechnungen anstehen und fast alle Kunden diese Woche bar bezahlt haben. Direkt nachdem ich meine Quittung bekommen habe, ist irgendwo in der Nähe der Blitz eingeschlagen und der Strom war weg. Die Türen müssen einen automatischen Schließmechanismus haben, denn ich wurde eingeschlossen und alles war aus.«
Da legte Sam ihm die Hand auf die Schulter, als könnte er gar nicht