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Fall scheine ich nichts tun zu können.«

      »Hat sie schon versucht, die Pille wegzulassen? Ich meine, falls meine Theorie mit der Zeugungsunfähigkeit doch falsch wäre …«

      »Der Gedanke ist ihr gekommen, aber es würde ihr nichts nützen. Der Mann verhütet selbst. Was übrigens auch gegen deine Theorie spricht, wie mir gerade auffällt. Denn er müsste ja nicht verhüten, wenn er wüsste, dass sowieso nichts passieren kann.«

      »Oder er macht es zur Tarnung, damit sie nicht merkt, dass er ihr etwas vorgemacht hat.«

      »Du liebe Güte, deine Fantasie, was hinter seinem Verhalten steckt, ist ja noch lebhafter als meine!«, rief Leon aus. »Du kannst dir nicht vorstellen, was ich mir schon alles überlegt habe, aber deine Ideen hatte ich noch nicht.«

      »Jedenfalls scheint deine Patientin einen wirklich seltsamen Mann geheiratet zu haben.«

      »Sie sagt, er ist völlig normal – nur in diesem einen Punkt nicht.«

      »Na, der eine Punkt reicht ja schon.«

      »Sie will noch einmal versuchen, mit ihm zu reden. Ein besserer Rat ist mir nicht eingefallen.«

      Es klopfte kurz, Dr. Michael Hillenberg erschien. »Sie wollten sich doch Frau Lederer selbst noch einmal ansehen«, sagte er zu Eckart Sternberg. »Sie ist jetzt da.«

      Dieser war bereits aufgestanden. »Ich komme«, sagte er. »Bis dann, Leon. Viel Glück bei deinem verzwickten Fall.

      »Das habe ich nötig«, erwiderte Leon trübsinnig.

      War es tatsächlich möglich, dass Florian Ammerdinger zeugungsunfähig war? Aber dann hätte er seine Frau in einem wichtigen Punkt belogen, und das schien ihm so gar nicht zu dem Mann zu passen, den seine Patientin ihm geschildert hatte. Er ließ seine Gedanken noch ein bisschen hin- und herspazieren, kam einer Lösung des Problems auf diese Weise aber auch nicht näher, und so war er froh, als es Zeit für die Visite wurde.

      *

      Antonia ging mit Britta Stadler, der Architektin, die ihre neue Praxis gestalten sollte, durch die Räume, die sie zur Verfügung haben würde. Die Praxis würde im neuen Flügel der Kayser-Klinik untergebracht werden.

      »Innerhalb von sechs Wochen haben wir das erledigt, Frau Dr. Laurin. Ich sehe da gar kein Problem.« Britta Stadler lächelte Antonia an. »Ich bin sehr froh, dass ich mit diesem Auftrag betraut worden bin.«

      »Aber es ist doch nichts, was eine Architektin reizt, oder?«, fragte Antonia verwundert. »So ein kleiner Umbau …«

      »Ich bin neu in München, ich muss mich noch durchsetzen, und die Kayser-Klinik ist eine sehr renommierte Klinik. Für mich ist das ein richtiger Glücksfall, denn die Kollegen achten eifersüchtig darauf, dass ihnen die Neue nichts wegnimmt, von dem sie meinen, dass es ihnen zusteht.«

      »Und wieso haben Sie als Neue den Auftrag trotzdem bekommen, wenn doch unsere Klinik so renommiert ist?«

      Britta Stadler lächelte. Sie war eine hübsche, lebhafte Blondine, der man sofort am Gesicht ablesen konnte, was sie dachte. »Weil er, wie Sie ja selbst sagen, so klein ist, das war mein Glück. Ich bin die einzige Frau im Team, an die richtig großen Sachen lassen mich die Kollegen natürlich noch nicht ran. Als es ‚Kayser-Klinik’ hieß, wollten sich alle vordrängeln, aber als dann klar wurde, dass es ein sehr begrenztes Projekt ist, kam ich plötzlich doch infrage. Und da bin ich.«

      »Ihre Offenheit ist sehr erfrischend«, stellte Antonia fest. »Jetzt erklären Sie mir bitte Ihren Plan noch einmal ganz genau, ich bin nicht geübt im Lesen von Plänen.«

      »Das sind die wenigsten. Hier, ­sehen Sie? Das soll Ihr neuer Eingang werden, ich hatte mir das so gedacht …«

      Die Architektin erläuterte jede Einzelheit, und sie tat es so anschaulich, dass Antonia ihr tatsächlich folgen konnte.

      »Ich rate Ihnen übrigens, einen weiteren Raum mit einzuplanen. Hier ist Platz genug, wie ich gesehen habe.«

      »Ja, mein Mann hat seinerzeit sehr großzügig geplant, als es um eine Erweiterung der Klinik ging, und das erweist sich jetzt als Segen. Dieser Flügel hier ist unsere stille Reserve.« Antonia sah die Architektin nachdenklich an. »Warum einen weiteren Raum? Ich will auf keinen Fall eine Riesenpraxis haben, das schaffe ich auch gar nicht, immerhin habe ich vier Kinder, die alle noch zu Hause sind. Das ändert sich zwar in den nächsten Jahren, aber ich will nicht in die Situation kommen, mich zwischen Beruf und Familie aufzureiben. Ich möchte so arbeiten, dass ich Zeit für meine kleinen Patientinnen und Patienten habe und sie richtig betreuen kann. Und ich muss weiterhin für meine Familie da sein können, denn sonst wird es sehr bald ungemütlich werden.«

      »Das finde ich sehr vernünftig, aber Sie müssen ja damit rechnen, dass Sie die Kinderärztin von etlichen der Kinder werden, die hier in der Klinik auf die Welt kommen.«

      »Das wird wahrscheinlich so sein, ja.«

      »Und ich sage Ihnen voraus, dass Sie den Ansturm schon bald nicht mehr bewältigen werden.«

      »Wollen Sie mich entmutigen?«

      »Nichts liegt mir ferner«, beteuerte Britta Stadler. »Aber warum wollen Sie alles allein machen? Warum suchen Sie sich nicht eine Kollegin oder einen Kollegen für eine Gemeinschaftspraxis – und verweisen von Anfang an auf die Möglichkeit, in der Kayser-Klinik nicht nur zu entbinden, sondern mit dem Kind dann auch weiterhin in einer kinderärztlichen Praxis betreut zu werden, die an die Klinik angebunden ist? Eine Partnerin oder ein Partner würde Sie entlasten, und es wäre für viele Schwangere vermutlich ein unwiderstehliches Angebot, ihr Kind hier betreuen zu lassen.«

      Antonia war fassungslos. »Sie denken viel weiter als ich!«, sagte sie. »Ich bin ja schon froh, dass ich meinem Traum, noch einmal in den Beruf einzusteigen, näher gekommen bin, und jetzt sagen Sie mir, ich soll mich nicht mit einer kleinen überschaubaren Praxis zufrieden geben, sondern …«

      Britta Stadler hob beide Hände. »Entschuldigen Sie, ich schieße manchmal, wenn mir eine Idee kommt, vor lauter Begeisterung übers Ziel hinaus. Es steht mir gar nicht zu, Ihnen solche Vorschläge zu machen, aber …«

      »Sie müssen sich nicht entschuldigen, es ist eine großartige Idee, besonders die mit einer Partnerin, die ich allerdings erst noch finden müsste. Aber es stimmt: Das würde mich entlasten, und ich müsste nicht so ängstlich darauf achten, dass das Ganze nur ja nicht zu groß gerät.«

      »Denken Sie jetzt aber bitte nicht, dass ich Ihnen eine größere Praxis einreden will, damit mein Auftrag größer wird«, bat Britta Stadler verlegen.

      Antonia musste lachen. »Ich schätze, wenn wir so weitermachen, werden Ihre Herren Kollegen am Ende doch noch neidisch, dass sie sich den Auftrag nicht selbst unter den Nagel gerissen haben, oder?«

      »Sie sind mir also nicht böse?«

      »Ich bin Ihnen nicht böse. Und letzten Endes ist die Idee einer Gemeinschaftspraxis nur konsequent: Ich plane meine Kinderarztpraxis ja schließlich hier in der Klinik, weil ich denke, dass Praxis und Klinik sich gut ergänzen können. Und da ist es besser, das auch gleich ganz bewusst zu planen. Das hatte ich eigentlich nicht vor, ich bin eher davon ausgegangen, dass es sich irgendwie von selbst ergibt. Aber es ist viel sinnvoller, das von Anfang an anders anzugehen, da haben Sie schon Recht. Ich hätte selbst darauf kommen müssen.«

      »Na ja«, erwiderte die Architektin nachdenklich, »die Idee mag gut sein, aber sie lässt sich nur verwirklichen, wenn Sie die passende Partnerin oder einen passenden Partner finden.«

      »Eine Frau wäre mir lieber, das ist jedenfalls mein Bauchgefühl. Aber ich muss ohnehin erst in Ruhe darüber nachdenken. Vielleicht hat die Idee bei genauerem Hinsehen doch ein paar Tücken, die ich jetzt noch nicht sehe.«

      »Das ist möglich«, gab Britta Stadler freimütig zu. »Mir passiert das öfter: Ich bin begeistert von einer Idee, aber wenn ich eine Nacht darüber geschlafen habe, merke ich, dass sie so gut, wie ich dachte, leider doch nicht ist.«

      »Und

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