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so ruhig wie auf einem Friedhof.

      Zwischen den Schluchten liegen grosse Bergnasen im hellen Mondenschein – Gletscher, die aus unzähligen Sternen bestehen.

      »Ich fürchte vielleicht doch nur das Stille!« flüstert Kaidôh, und seine Augen irren über die Mondscheinpracht, und er geht auf in dieser Glanzwelt, in der die Geheimnisse des ganzen Alls zu schlummern scheinen. Er vergisst sein ganzes Leben.

      Und nach einer Weile spricht er fragend:

      »Die gewaltigen Stunden des Lebens – sollten sie immer stille Stunden sein?«

      Die Bergnasen sind ihm so nahe.

      Und nun sieht er die Gletscher in zitterndem Zauberschein – so glanzreich.

      »Irrsinnige Schönheit!« flüstert er zaghaft.

      Und er wagt nicht zu atmen. Er dreht sich langsam, ohne es zu wollen.

      Und seine Augen verlieren sich in den glänzenden Gletschern, die hoch aufragen – und seine Augen verlieren sich in den Schluchten, die tief hineingehen in Nebelreiche.

      Und aus den Nebeln der sieben Schluchten kommen nun sieben grosse Walfische – sie schwimmen in den Nebeln, als wären sie im Wasser.

      Schwarz und weiss schachbrettartig karriert ist das Fell der Walfische.

      Wie sie mit den grossen dicken Köpfen aus den Schluchten heraus sind, heben sie die Schwänze hinten hoch auf, sodass ihre Leiber krummen Schwertern nicht so unähnlich sehen.

      Und nun sprechen die Walfische im Chore, während sich Kaidôh noch immer langsam mit ausgebreiteten Armen um sich selber dreht:

      Ja, nun wollen wir singen das lange Lied,

       Das so still wie ein Schwan durch das Weltmeer zieht,

       Unser Lied von der sternraumentrannten Zeit

       Mit der weithinflammenden Ewigkeit.

      Das klang so dunkel und schwer, als hätten die grossen Tiere grosses Leid zu tragen.

      Nach einer längeren Pause, in der sich Kaidôh nicht mehr dreht, flüstern die Tiere – geheimnisvoll wie Mondscheinnebel:

      Morgen, Heute, Gestern

       Sind drei liebe Schwestern,

       Aber nicht die Ewigkeit.

       Wir aber wollten zum Herzen des Lichts

       Und da die Ewigkeit umfassen.

       Urplötzlich aber begriffen wir nichts

       Und mussten alles Denken lassen.

      Der Riese horcht und schaut die Tiere lange an, deren weisse Hautquadrate heftig leuchten im Mondenlicht, während die schwarzen dunkler sind als alles andere.

      Sodann spricht ein Walfisch allein – seine Stimme dröhnt so wie tausend rauhe Bässe:

      Als langes wüstes Träumen

       Erschien uns alles Leben.

       Stumpf wie altes Weltgewürm

       Schwammen wir nun ohne Worte

       Durch den langen Himmelsraum,

       Kamen so an eine Pforte,

       Deren weite Schallgewölbe

       Auf Säulen ruhten, die aus Glas bestanden

       Und blitzten, dass wirs überall empfanden.

       Als wir nun sehr bald bemerkten,

       Dass die Schläge sich verstärkten,

       Riss uns die Geduld – wir schimpften;

       Unsre dicken Walfischfelle brannten.

      Nach diesen sehr kräftig gesprochenen Versen räusperten sich die Wale, wackelten bedächtig mit den hinten hoch aufragenden Schwanzflossen hin und her und sprachen – abermals im Chore:

      Und mit vielen Donnerworten,

       Die wir itzo singen werden,

       Brüllten uns die Säulen an.

      Dröhnend sprach hiernach der Walfisch mit der rauhen Bassstimme:

      Es sangen die Säulen!

      Und im mächtigsten Posaunentone sangen die Walfische, was die Säulen gesungen hatten:

      Also scheuert Ihr nicht ab

       Eure Weltnatur.

       Diese Pforte sei für euch

       Starres Sinnbild nur

       Und ein Jenseitsgruss.

       Denn hier geht es zu den Weltgesichtern,

       Die auch hinter allen Räumen lachen,

       Und auch hinter allen Farbenlichtern

       Leben aus den Sehnsuchtsträumen machen.

       Zwar zu der Jenseitsherrlichkeit

       Kommt ganz allein die Weltenzeit.

       Die geht so leicht durch diese Pforte

       Und weilt an manchem Wunderorte;

       Sie hängt beinah an jeder Weltallsfalte,

       Nicht nur an der, die sich mit Sternen schaukelt;

       Sie ging nach vielen Seiten,

       Ohne zu verschwinden,

       Und pflegte fortzuschreiten,

       Ohne wegzugehen.

       Die in Räumen sich befinden,

       Werden niemals das verstehen.

       Es schwebt die leichte Unbekannte

       Nicht über dem ganzen Allgewande,

       Doch hat sie viel davon gesehen.

       Wollt ihr das Ganze sehen, seht ihr nichts.

       Wollt ihr das Ganze hören, hört ihr nichts.

       Ihr schwimmt im räumlichen Faltenschoss

       Und wisst von Formen und Farben bloss.

       Und die andren Höhen, Weiten und Tiefen,

       Die im Allgewande wachten und schliefen

       Und weder Höhen, noch Weiten, noch Tiefen sind –

       Für euch sind sie nicht da.

       Ihr wisst nicht, was geschah.

       Was wisst ihr von dem Ganzen?

       Mit dem könnt ihr nicht tanzen.

       Doch hier vor unsrer Säulenpforte

       Entwickelt sich ein Ahnungsspiel

       Von andrer Sinne Sehnsuchtsziel.

       Atmet doch in jedem Augenblick

       Noch manches andre Weltgeschick,

       Das weder Lichter noch Schatten kennt

       Und nicht vom Einen zum Andern rennt.

       Und jede selige Stunde

       Wird von dem Ahnungsspiel durchglänzt,

       Dass eure Sehnsuchtsallkunde

       Sich licht- und schattenlos ergänzt.

       Ja, nur Zeit und Ewigkeit

       Stehn mit einem Bein in andren Sphären,

       Des Gewürmes Wenigkeit

       Soll in Sehnsucht sich verzehren

       Und ein Ahnungsspiel gebären.

       Diese Pforte sei für euch

       Starres Sinnbild nur

       Und ein Jenseitsgruss

       Von der Allnatur

       Mit den Faltengebilden

       Aus den Rauschglanzgefilden.

      Nach diesem langen Gesange rufen die Wale sämtlich, als wär ihnen ein Stein vom Herzen gefallen:

      Schluss!

      Es steckte viel

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