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in seiner Freizeit mit Arbeit belasten.«

      Aber mich in meiner Mittagspause offenbar schon. Andererseits habe ich das Thema angeschnitten, weil ich ihm von der Geschäftsreise erzählt habe. Auch wenn Viktor nichts von meiner Schwärmerei für Robert weiß und mir daher überhaupt nicht helfen kann. Ein Zeichen dafür, wie sehr mich das Thema beschäftigt, seit ich mit Kev und Anton darüber gesprochen habe, zumal es morgen schon losgeht.

      Zeit für einen Themenwechsel.

      »Wie geht's Maja?«

      »Gut. Sie wird ein typisches Scheidungskind. Spielt ihre Mutter und mich ständig gegeneinander aus.«

      Das klingt kurz angebunden und so, wie Viktor einen Moment lang den Blick durch das Café schweifen lässt, scheint er keine besondere Lust zu haben, über seine Tochter zu sprechen.

      Am Nachbartisch führen zwei Frauen im Businesskostüm eine hitzige Diskussion über Spesen. Auf der anderen Seite notiert sich der sexy Kellner die Großbestellung von vier Hipstern und sucht dabei immer wieder den Augenkontakt zu mir.

      Ich reagiere nicht darauf.

      Wie lange reagiere ich schon nicht mehr auf so was? Der Typ ist heiß. Es hat Zeiten gegeben, da hätte ich mich in so einer Situation nicht zweimal bitten lassen.

      Inzwischen bin ich ziemlich wählerisch geworden, auch wenn ich deshalb nicht gleich allen Männern entsagt habe. Nur den meisten. Weil ich mit dem Kopf und dem Herzen sowieso nicht zu einhundert Prozent dabei bin. Mit denen, die übrig bleiben, geht es nur um Sex.

      Ich bin überrascht, als der Kellner an unseren Tisch tritt, bemerke jedoch mit Verzögerung, dass Viktor ihn herangewunken hat. Trotzdem sieht er mich mit einem Zwinkern an, als er lächelnd fragt, ob es noch etwas sein darf.

      »Noch einen Espresso, bitte.«

      »Und für dich?«

      Ich bin ziemlich sicher, dass er die Gäste sonst siezt. »Nichts mehr, danke.«

      »Okay. Ich lass dir trotzdem mal die Karte da. Vielleicht überlegst du's dir anders und der kleine Hunger für zwischendurch kommt doch noch.«

      Noch ein Zwinkern, als er die Karte vor mir auf den Tisch legt. Ein edel designter Computerausdruck auf einem schlichten, schmalen Holzklemmbrett, wechselnde Tagesgerichte ganz oben.

      Heute im Angebot: Kolja, eine Handynummer und ein stilisiertes Handy, das klingelt.

      Ich muss grinsen. Das muss er gezeichnet haben, während er die Bestellung der Hipster aufgenommen hat. Kurz bin ich versucht, es mir tatsächlich anders zu überlegen.

      Aber dann fragt Viktor: »Nicht dein Typ?«

      »Hm? Wieso?«

      »Du zögerst.«

      »Der falsche Zeitpunkt.« Demonstrativ schiebe ich die Karte von mir. »Morgen fahren wir zur Seilberger Alm.«

      »Du könntest ihn danach anrufen.« Viktor legt den Kopf schief und betrachtet die handschriftliche Notiz. »Diesen Kolja.«

      Vielleicht ist es danach nicht mehr nötig. Weil Robert und ich... Ich schüttle den Kopf, um den Gedanken loszuwerden. »Reden wir gerade ernsthaft über meinen Typ Mann?«

      »Apropos...« Viktor blinzelt mich an, als wäre ihm gerade die Lösung für ein Problem eingefallen, über das er schon lange nachgegrübelt hat. »Weißt du, was mir gerade auffällt?«

      »Dass Kolja und Marvin nicht miteinander zu vergleichen sind?«

      »Das auch. Aber ich dachte eher an...« Er verstummt so plötzlich, als hätte jemand die Pause-Taste gedrückt.

      »An was?«

      »Ach, nichts.«

      »Ach, nichts? Ist das dein Ernst?«

      Viktor seufzt. »Das ist mir nur gerade so in den Sinn gekommen. Und wahrscheinlich ist es etwas... unpassend, es dir ausgerechnet jetzt zu sagen.«

      Ich runzle die Stirn. »Warum unpassend? Was meinst du?«

      Noch ein Seufzen, diesmal tiefer. »Ich will damit wirklich nichts andeuten, zumal ihr morgen in ein romantisches Luxushotel fahrt. Aber mir ist gerade aufgefallen, dass du komplett Roberts Typ entsprichst.«

      Kapitel 6

      »Dass man die Alm nur mit dem Auto erreichen kann, ist ein Nachteil.«

      Robert nickt, ohne den Blick von der Landstraße zu nehmen. Obwohl er kein eigenes Auto besitzt, sondern sich für diese Geschäftsreise eins gemietet hat, ist er ein sicherer, gelassener Fahrer, der sich weder durch Drängler noch durch Trecker oder lebensmüde Motorradfahrer aus der Ruhe bringen lässt.

      »Das ist Blessing klar, aber für eine Unterkunft in ruhiger Umgebung muss man Abstriche machen. Er spielt mit dem Gedanken, einen Shuttleservice vom Hauptbahnhof in Regen aus einzurichten und Gäste in Gruppen abzuholen und zurückzubringen.«

      »Das klingt nach einem guten Kompromiss.«

      Ich drehe den Kopf, stütze den Ellbogen in den Fensterrahmen und sehe Robert an. Etwas, das ich während der letzten anderthalb Stunden vermieden habe.

      Es ist etwas ganz anderes, ihm im professionellen Kontext im Büro gegenüberzusitzen oder neben ihm im Auto auf dem Weg zu einer Urlaubslocation. Mit Sonnenbrille auf der Nase und leiser Musik aus dem Radio muss ich aufpassen, ihm nicht versehentlich eine Hand auf den Oberschenkel zu legen – oder gar in seinen Schritt zu greifen.

      Nur mit einem Ohr höre ich zu, während Robert von den unzähligen Telefonaten mit Blessing letzte Woche berichtet. Im Grunde nichts Neues. Das Inventar der Hütten stammt aus nachhaltiger, regionaler Holzproduktion, zum Großteil sogar aus dem eigenen Forstbetrieb, genauso verhält es sich mit dem Anbau der Lebensmittel, und so weiter und so fort.

      Manchmal glaube ich, dass er mit mir nur deswegen so viel über die Arbeit redet, damit wir uns nicht anderweitig näherkommen – freundschaftlich, emotional, körperlich. Seit ich am Park-and-Ride-Parkplatz in Fröttmaning in den Mietwagen gestiegen bin, kommt mir das Auto zu klein vor. Zu klein für uns beide und die schwelende Anziehung zwischen uns, die alles begleitet.

      Jede Bewegung, jedes Wort, jeden Atemzug.

      »Aber mir ist gerade aufgefallen, dass du komplett Roberts Typ entsprichst.«

      Viktors Worte lassen mich nicht mehr los, vor allem, weil er Roberts Typ sicher kennt. Das ist etwas anderes, als wenn Kev sagt, dass er mich längst flachgelegt hätte. Ob das nun der Wahrheit entspricht oder nicht – so ist er eben.

      Aber Viktor ist Roberts Bruder. Er ist mit Robert aufgewachsen, hat alles mitbekommen, angefangen über mögliches Rumprobieren mit Frauen übers Outing bis hin zum ersten Freund. Vielleicht war Viktor sogar der Erste, dem Robert sich anvertraut hat.

      Ein merkwürdiger Gedanke. Viktor kommt mir nicht wie der Typ mit offenem Ohr für andere vor und schon gar nicht wie der mit der Schulter zum Ausheulen.

      Irgendwann verstummt Robert. Stille breitet sich zwischen uns aus, nur unterbrochen von wechselnden Popsongs und der Stimme der aufgedrehten Radiomoderatorin. Obwohl die Klimaanlage für angenehme zweiundzwanzig Grad im Auto sorgt, wird mir mit der Sonne, die zum Fenster hereinscheint, in meinem langärmligen Hemd allmählich zu warm. Trotzdem bin ich froh, mich für business casual entschieden zu haben. Robert sieht auch aus wie immer. Später haben wir noch einen Termin mit Blessing und da ich bisher keinen Kontakt mit ihm hatte, ist es für den ersten Eindruck erst einmal klüger, mein Tattoo zu verbergen.

      »Du bist so schweigsam.«

      Überrascht sehe ich Robert an. »Ich... weiß ehrlich gesagt nicht, was ich sagen soll. Ob ich was sagen soll.« Ich zögere, gebe mir dann aber einen Ruck. »Das hier fühlt sich an, als würde ich mit dir in den Urlaub fahren.«

      »Bei unserem Ziel kein Wunder. Und das Wetter spielt auch mit. Es ist fast zu warm, um die Sauna in der Hütte auszutesten.«

      Ein

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