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Vertrauen gegen Zweifel. Nora Wolff
Читать онлайн.Название Vertrauen gegen Zweifel
Год выпуска 0
isbn 9783958238664
Автор произведения Nora Wolff
Жанр Языкознание
Серия Co-Working-Space
Издательство Bookwire
Ziemlich sicher sogar. Auf den ersten Blick wirkt es zwar, als hätte Viktor das größte Stück vom Kuchen bekommen, wenn nicht gar den ganzen Kuchen. Bevor sich Robert in die Firma reingehängt hat, ist travele bestenfalls ein Krümel auf der Kuchenplatte gewesen.
Auf den zweiten Blick und mit dem Wissen, dass die beiden nur Stiefbrüder sind, ist die Aufteilung jedoch perfekt. Viktor bekommt Ferienwunder und Robert mit travele eine Chance.
Wobei Siegfried Saur seinen Stiefsohn sehr geschätzt haben muss, wenn er ihm sein Herzensprojekt anvertraut. Oder er hat erkannt, dass Robert perfekt für das Start-up ist, dass er die Philosophie quasi lebt.
Erst nach einer Weile merke ich, dass ich Robert gedankenverloren angesehen habe, während er abwechselnd zu mir und auf die A94 blickt. Hinter der Sonnenbrille kann ich seine Augen nicht sehen, aber ich spüre, dass sich etwas an der Art verändert, wie er mich ansieht. Verlangen materialisiert sich wie eine Gewitterwolke zwischen uns. Plötzlich ist die Luft im Wagen zu dick zum Atmen.
Ich schlucke und drehe das Gesicht weg. »Du solltest auf die Straße sehen.«
»Und du solltest mich nicht immer so anschauen.«
Mein Kopf schnellt herum, aber gerade jetzt entscheidet sich Robert, stur den Verkehr zu verfolgen. Unvermittelt kommt es mir vor, als wäre das Auto noch mal um die Hälfte geschrumpft. Sein Duft steigt mir in die Nase. Frisch, leicht, unaufdringlich. Mir wird etwas schwindelig.
Ich hatte solche Bedenken davor, dieses Thema anzuschneiden – und jetzt sind wir schon mittendrin. Das muss dieses Urlaubsfeeling sein. Dieses Auto, aus dem es vorerst kein Entkommen gibt.
»Dann merkst du es auch?«
Robert schweigt.
»Dieses Kribbeln zwischen uns?«
Seine Kiefermuskeln treten hervor, als er die Zähne zusammenbeißt.
»Die Anziehung?«
Immer noch Schweigen.
»Robert?«
Er atmet hörbar aus, sieht mich aber weiterhin nicht an. Jetzt gerade hätte ich ihn lieber direkt vor mir, statt bei hundertvierzig Stundenkilometern hinterm Steuer eines Autos.
»Du bist mein Angestellter, Joscha. Ich arbeite gerne und sehr gut mit dir zusammen.«
»Das klingt, als würdest du mich gern zum Mitarbeiter des Monats machen, ist aber keine Antwort auf meine Frage.«
Im ersten Moment glaube ich, dass er nicht darauf reagieren wird, aber dann sagt er nur: »Nein.«
»Nein?«
»Nein, ich merke nichts. Kein Kribbeln, keine Anziehung.«
»Das ist gelogen.«
»Du hast gefragt.«
»Es ist trotzdem gelogen.«
»Es ist nicht gelogen, dass du mein einziger Angestellter in einem Zwei-Mann-Unternehmen auf knapp dreißig Quadratmetern Bürofläche bist.«
Fast muss ich lachen. Habe ich so etwas Ähnliches nicht erst kürzlich zu Kev und Anton gesagt? Dann beschleunigt sich mein Herzschlag, als mir klar wird, was das bedeutet. Robert muss sich ähnliche Gedanken gemacht haben wie ich. Sich ähnlichen Fantasien hingegeben haben.
Plötzlich wird mein Mund ganz trocken.
»Wenn du damit sagen willst, dass wir uns nicht aus dem Weg gehen können, dann hast du recht. Weder auf die eine noch auf die andere Art.«
Wieder beißt er die Zähne zusammen. Scheinbar hat er nur daran gedacht, wie ungemütlich es werden kann, sollte es im Anschluss zwischen uns krachen. Genauso ungemütlich kann es jedoch werden, wenn sich dieses Kribbeln bis kurz vor der Explosion aufstaut.
»Hier ist unsere Abfahrt.«
»Hier ist unsere Abfahrt? Dein Ernst?«
Flüchtig sieht er mich an, bevor er besagte Abfahrt nimmt. »Ich halte nicht viel von Beziehungen am Arbeitsplatz.«
»Dann hast du mich mitgenommen, um mir in einem romantischen Luxuschalet meine Kündigung zu überreichen? Bevor oder nachdem wir übereinander hergefallen –«
»Ich will dir nicht kündigen«, unterbricht er mich, als könnte er es ebenso schwer ertragen, die Worte zu hören, wie ich sie gerade ausgesprochen habe. »Ich lege sehr viel Wert auf deine Meinung, deswegen habe ich dich mitgenommen. Wir sind ein gutes Team. Beruflich. Am Arbeitsplatz.«
Ein gutes Team. Das tut gleich in mehrfacher Hinsicht weh. Es klingt sowohl nach Hoffnung als auch nach Abfuhr.
Am Ende der Ausfahrt wartet eine rote Ampel auf uns. Links davon befindet sich ein kleines Industriegebiet. Tankstelle, Supermärkte, Fast-Food-Läden, eine Autowerkstatt.
Robert nickt in die Richtung. »Wir müssen in Regen noch einen Abstecher zum Einkaufen machen.«
Fassungslos sehe ich ihn an. Er will das wirklich durchziehen. Einfach weitermachen. So tun, als wäre nichts. Nachdem er mir gerade mehr oder weniger gestanden hat, auf mich scharf zu sein.
Hat er doch? Oder nicht? Fantasiere ich mir vor lauter Geilheit schon irgendwas zusammen?
Ich atme tief durch und sehe aus dem Beifahrerfenster. »Okay. Super. Gehen wir einkaufen.«
Kapitel 7
Sicherheitshalber warte ich, bis Robert die Tür zur Hütte hinter sich geschlossen hat. Blessing hat uns nach dem Gespräch zwar nicht nach draußen begleitet, aber in der Dunkelheit um die Chalets herum ist nicht zu erkennen gewesen, ob nicht doch jemand in unserer Nähe ist.
»Offenbar stehen wir dieses Wochenende genauso auf dem Prüfstand wie Blessing und seine Alm.«
Robert hängt den Schlüssel der Hütte an das dafür vorgesehene Board neben dem Eingang. »Du hast es also auch gemerkt. Dann habe ich es mir nicht eingebildet. Blessing war nicht unbedingt unfreundlich, aber...«
»Sehr misstrauisch.«
Stirnrunzelnd schüttelt Robert den Kopf. »Das passt nicht zusammen. Bei jedem unserer Telefonate war er zuvorkommend und aufgeschlossen und sehr an einer Zusammenarbeit interessiert. Er hat sogar Smileys in seinen E-Mails benutzt.«
Unwillkürlich sehe ich vor mir, wie der gertenschlanke, hochgewachsene Mittfünfziger mit seinem jungenhaften Grinsen und den zahllosen Lachfältchen vor seinem Laptop sitzt und seine Mails gut gelaunt mit Zwinkersmileys versieht.
Kinderspiel.
Dass er uns fast zwei Stunden lang über offenem Feuer gegrillt hat, hat dagegen weniger zu ihm gepasst. Ein bisschen wie Goofy, der die Rolle des knallharten Anwalts der Gegenseite mimt.
»Seit du es erwähnt hast, behalte ich die einschlägigen Foren und Blogs im Auge, aber nirgendwo tauchen Gerüchte über uns auf.«
Ich zeige zur Tür, hinter der das Schlafzimmer liegt, das ich zuvor bezogen habe. Unser Chalet ist eine von zwei Hütten auf dem Hotelareal mit zwei getrennten Schlafzimmern. Ich bin noch nicht sicher, ob ich dankbar dafür oder frustriert deswegen sein soll. Möglicherweise hätte nur ein Schlafzimmer die Sache zwischen uns vorangetrieben – wie im Auto. Oder einer von uns hätte auf dem Sofa im Wohnraum schlafen müssen.
Andererseits muss ich mir so nicht die Frage stellen, ob ich die Sache mit uns weiter vorantreiben will. Oder sollte.
»Ich kann noch mal checken, ob ich jetzt was finde. Oder wir beauftragen unsere neue IT-Firma damit.«
Das gehört zwar nicht zu dem Aufgabenkatalog, den ich mit Antons Vater besprochen habe, aber vielleicht kennt Anton trotzdem ein paar Tipps und Tricks, wie man die Weiten des Internets schneller und effizienter durchstöbern kann.
Robert