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diese Spannungen schnelle Antworten und platte Wahrheiten erwartet, der wird mit Sicherheit enttäuscht werden. In diesem Buch soll zum Nachdenken angeregt, sollen Impulse gegeben und auch mal kritisch nachgefragt werden. Es geht dabei nicht darum, jemanden persönlich, eine Gemeindeform oder gar einen bestimmten Frömmigkeitsstil in ein schlechtes Licht zu rücken. Sondern es geht darum, Einseitigkeiten aufzudecken und zu hinterfragen. Dabei nehme ich mich selbst in die Pflicht, meine eigene Glaubensgeschichte, meine Suche nach Spiritualität und Gottesbegegnung und mein Verhältnis zu der Kultur und Gesellschaft, in der ich lebe. Dabei geht es immer um die Frage der Nachfolge, zum einen persönlich, aber auch als Gemeinde und Kirche. Dass ich dabei nicht neutral bin oder die Wahrheit für mich gepachtet habe, versteht sich von selbst. Diese verschiedenen Texte sollen im besten biblischen Sinne prophetisch sein, zur Nachfolge ermutigen und ermahnen. Sie sollen Mut machen, diesem Jesus zu vertrauen, und zum Ärgernis werden, wo wir mehr zum Pharisäertum neigen als zum Jüngersein. Ich selbst stehe zumindest in dieser Gefahr. Auf alle Fälle sollen sie inspirieren, diesem Jesus alles zuzutrauen, und zu einer ganzheitlichen Nachfolge herausfordern.

       Was zu erwarten ist

      Dabei ist dieses Buch in vier Bereiche aufgeteilt. Diese Einteilung ist nicht streng dogmatisch, sondern dynamisch zu verstehen. Nachfolge hat verschiedene Facetten, die sich immer wieder überschneiden und ergänzen. Zu Beginn geht es um die Herausforderung des Glaubens – auch auf die Schwächeren in der Gesellschaft zu sehen, sich nicht nur im eigenen Mikrokosmos um sich selbst zu drehen, sondern den Kopf zu heben und die Verantwortung für seinen Nächsten wahrzunehmen. Im zweiten Teil sehen wir uns das Evangelium des Anstoßes näher an: Nachfolge bedeutet auch, sich hinterfragen zu lassen, nicht nur mit dem frommen Mainstream zu schwimmen, sondern die eigene Prägung und das eigene Verhalten kritisch zu betrachten. Danach dreht sich alles um die Gesellschaft, in der wir leben. Wer beeinflusst eigentlich wen? Wir Christen die Gesellschaft oder doch eher umgekehrt? Im letzten Teil des Buches geht es dann um den Jesus, dem wir nachfolgen. Wie sieht unser Jesusbild aus? Woher kommt das eigentlich? Wie sehen und erleben wir ihn und was können wir von Jesus erwarten und lernen? Dieser Jesus, der so vielfältig ist, sanftmütig, scharfzüngig, mitfühlend, ehrlich, herausfordernd, voller Liebe, ermutigend und geduldig.

      Ich folge ihm schon eine ganze Weile nach und habe darüber in den letzten paar Jahren immer wieder kleinere Texte, Kolumnen oder Kurzgeschichten geschrieben. Manche wurden schon veröffentlicht (im »dennoch«-Magazin), andere habe ich erst jetzt geschrieben. Jeder Beitrag steht für sich und doch ergeben sie gemeinsam ein Ganzes.

      Jesus immer wieder neu zu begegnen, sich neu hinterfragen zu lassen und das Ergebnis im Leben umzusetzen, das wünsche ich mir und dir beim Lesen dieses Buches. In diesem Sinne hoffe ich auf ein anregendes Lesen!

       Tobias Faix, Marburg

      1

       Die Herausforderung des Glaubens

       »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!«

      Jesus in Matthäus 25,40

       »Nur wer gegen die Armut kämpft, die die Armen demütigt und erdrückt, kann sagen, er halte zu den Armen.«

      Leonardo Boff

       Worship starts now

       oder: Die Herrlichkeit Gottes und die Schwerkraft meines Alltags

       Part 1: Die Herrlichkeit Gottes! Sonntag, Gottesdienst, Anbetung

      Gottes Größe und Herrlichkeit haben kein Ende, sie sind einmalig, die Macht und Kraft seiner Auferstehung wird in uns Christen sichtbar. Gott ist der Schöpfer dieser Erde, ja des ganzen Universums. Nichts ist ihm unmöglich und denen, die ihm nachfolgen! Halleluja! »Ich geb mich ganz hin und sage: Ich liebe dich!« Ja, das will ich, ganz, mit allem, was ich habe und bin – immer, an jedem Tag, in jeder Stunde, in jeder Minute meines Lebens!

       Part 2: Die Schwerkraft meines Alltags! Arbeit, große Pause

      Ich fühle mich beschissen! Was für ein katastrophaler Tag: Schlecht gelaunt aufgewacht, auch noch verschlafen. Zu spät in der Arbeit angekommen, nicht gefrühstückt. Ärger wegen der Verspätung. Streit mit Freunden. Das Missverständnis mit der Freundin vom Vortag kann in der Pause nicht geklärt werden. Lasse die schlechte Laune an Bernd, diesem Arsch, raus, der mich bösartig darauf hinweist, dass er von einem bekennenden Christen etwas anderes erwartet hätte. Ich hasse mich selbst, bin enttäuscht, dass der Kreislauf der christlichen Frustration wieder voll zugeschlagen hat.

       Vom Alltag zu Boden gezogen

      Karikiert? Überzogen? Vielleicht ein bisschen. Aber kennst du ihn nicht, den Kreislauf der christlichen Frustration? Du hörst eine Predigt, bist auf einem Großtreffen, begegnest Gott in der Anbetung. Dir wird etwas klar, Gott redet zu dir. Du sagst dir: »Ja, ab heute wird alles anders, oder zumindest das mit dem Gebet bekomme ich auf die Reihe!« und dann, drei Tage später, ist wieder alles beim Alten. Du möchtest mit Jesus »Hütten« bauen und musst doch wieder runter in den erbärmlichen Alltag deines normalen Lebens.

       »Ich komme zu kurz!«

      Warum? Warum nehmen wir uns etwas vor und dann klappt es doch nicht? Warum zieht uns die Schwerkraft des Alltags immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, wo wir doch viel lieber entrückt, dem Himmel so nahe, beim Herrn sein möchten? Da, wo Friede, Liebe und Anbetung einen umgeben und nicht Enttäuschung, Frust und Lieblosigkeit.

      Was sind die Gründe eines solchen Dualismus? Zum einen gehören wir auf diese von der Schwerkraft regierte Welt! Genau dahin hat uns Jesus gesandt (Johannes 17), als Sünder unter die Sünder. Das ist unser Platz, das ist unser Kampf, ob wir das wollen und gut finden oder nicht. Es ist sein Plan. Punkt.

      Zum anderen sitzt in mir und in so manch anderem die tiefe Sorge: »Ich komme zu kurz!« Dieser kleine Gedanke hat große Auswirkungen: Hier spiegelt sich meine ganze Ungläubigkeit ungeschont und fürchterlich wieder. Ich glaube nicht, was ich singe. Ich glaube nicht, was ich in der Bibel lese. Ich glaube nicht, was mir meine Geschwister zusprechen. Sondern ich komme zu kurz, deshalb muss ich mich über andere aufregen. Deshalb muss ich mich darstellen und besser machen. Deshalb muss ich andere, inklusive Gott selbst, anklagen. Obwohl es mir objektiv wirklich gut geht, orientiere ich mich an Menschen, denen es scheinbar besser geht, und nicht an Gottes Wort. Warum nur?

       Worship starts now

      Mir ist klar, dass es hierfür keine schnelle Antwort gibt. Und doch glaube ich, dass Gott gerade unseren Alltag will. Er möchte mit uns in unseren Familien sein, mit uns in die Schule und zur Arbeit gehen. In einer US-amerikanischen Gemeinde fand ich am Ausgang (und man konnte es auch nur beim Rausgehen lesen) ein großes Plakat: »Worship starts now!« Anbetung beginnt jetzt. Jetzt, mitten in meinem Alltag ist die Zeit, Gott durch mein Denken, meine Emotionen, mein Verhalten anzubeten. Hier beginnt die Herausforderung, Glauben zu leben, jetzt zeigt sich, ob ich nur »Herr, Herr« sage oder versuche, zu tun, was Gott mir gesagt und gezeigt hat. Das ist kein Druck, kein Muss, keine unmögliche Aufgabe, sondern in Wirklichkeit ist das die Chance, unser Leben von Gott verändern zu lassen. Ihm Stück für Stück in unserem Alltag den Platz zu geben, den er verdient. Wie schrieb Nick Cave so treffend dazu: »Christus ist als Befreier gekommen. Er hat verstanden, dass wir Menschen für immer von der Schwerkraft zu Boden gezogen werden – unsere Gewöhnlichkeit, unsere Mittelmäßigkeit –, und durch sein Beispiel hat er unserer Fantasie die Freiheit gegeben, aufzusteigen und zu fliegen. Kurz: Christus ähnlich zu sein« (Das Evangelium des Markus – Mit einer Einleitung

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