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Beine – sah er, daß er mitten im schönsten, beginnenden Waldbrand lag. Er sah durch den weißlichen, tief ziehenden, beißenden Qualm eine Gestalt springen und trampeln und schlagen, und schon sprang er selbst mit, trampelte auch in die Flammen und schlug mit einem Fichtenast hinein und schrie dem andern zu: Das brennt ja lieblich!

      Zigarette! sagte der bloß und löschte weiter.

      Fast wär ich mitverbrannt, lachte Meier.

      Auch nicht schade! sagte der andere.

      Sagen Sie! rief Meier, vor Qualm hustend.

      Halte den Rand, Mensch, befahl der andere. Rauchvergiftung ist auch nicht ohne.

      Und nun löschten sie beide aus Leibeskräften weiter und Negermeier lauschte dabei gespannt nach seinen beiden Bindemaschinen hinüber, ob die auch weiterklapperten. Denn es wäre ihm doch gar nicht angenehm gewesen, wenn die Leute was gemerkt und dem Rittmeister erzählt hätten.

      Aber die schnitten ganz wider Erwarten geruhig weiter ihre Bahn runter, und eigentlich hätte das den Inspektor wieder ärgern müssen, denn es bewies, daß die Kerls auf ihren Sitzen dösten und den Pferden nicht nur die Arbeit, sondern auch den Verstand überließen, und daß ihretwegen ganz Rittergut Neulohe mit allen Gebäuden und achttausend Morgen Forst hätte wegbrennen können – sie hätten ihre eingeäscherten Pferdeställe bei der Heimkunft von der Arbeit angestarrt, als wäre Hexerei im Spiele. Doch für dieses Mal ärgerte sich Meier nicht, sondern war über das Weiterklappern froh und auch über den abnehmenden Qualm. Schließlich standen er und sein Retter sich auf einem zimmergroßen schwarzen Fleck gegenüber, ein wenig atemlos und angerußt, und schauten einander an. Der Retter aber sah ein bißchen wild aus, jung zwar noch, aber mit einem Geflatter und Geweh von rötlichen Haaren um Nase und Kinn, recht stark blickenden blauen Augen, einem alten grauen Waffenrock und ebensolchen Hosen, aber mit einem schönen gelben Ledergurt um den Bauch und einer ebenso schönen gelbledernen Pistolentasche. Es mußte auch etwas darin sein, in der Pistolentasche nämlich, und nicht nur Zuckerbonbons, so schwer hing sie herunter.

      Zigarette gefällig? fragte der unverbesserliche Windhund Meier den andern und hielt ihm sein Etui hin, denn er fand, er müsse für seinen Retter auch etwas tun.

      Gib schon her, Kamerad, sagte der andere. Meine Flossen sind schwarz.

      Meine auch! lachte Meier. Aber er griff doch zu mit zwei spitzen Fingern, und sofort brannten auch die Zigaretten, und die beiden setzten sich ein wenig entfernt von der verkohlten Stelle in den spärlichen Kiefernschatten, schön hinein in das trockene Gras. So viel hatten sie aber doch aus dem Erlebnis eben gelernt, daß der eine einen alten Kiefernstubben, der andere einen flachen Stein zum Aschenbecher nahm.

      Der Feldgraue tat ein paar tiefe Lungenzüge, dehnte und reckte sich, gähnte ungeniert mit ein paar tiefen A-Lauten und sprach tiefsinnig: Ja … ja …

      Bescheiden, was? stimmte Inspektor Meier zu.

      Bescheiden –? Beschissen! sprach der andere, musterte mit zusammengekniffenen Augen noch einmal die hitzeglühende Landschaft und ließ sich rücklings ins Gras fallen, scheinbar grenzenlos gelangweilt.

      Eigentlich hatte Meier weder Zeit noch Lust, Partner einer weiteren Vormittagsdöserei zu werden, aber er fühlte sich doch verpflichtet, neben diesem Mann ein Weilchen auszuhalten. So bemerkte er, um die Unterhaltung nicht ganz versickern zu lassen: Heiß, was?

      Der grunzte bloß.

      Meier sah ihn prüfend von der Seite an und riet: Baltikumer, was?

      Aber diesmal bekam er nicht einmal ein Grunzen zur Antwort. Dafür rauschte es in den Kiefern. Es erschien, das Meiersche Rad führend, der Förster Kniebusch, weißbärtig, aber kahlköpfig, warf Meier das Rad vor die Füße und sprach schweißtrocknend: Mensch, Meier, läßt du dein Rad wieder an der offenen Straße liegen?! Und dabei ist es nicht mal deines, sondern Dienstrad – und wenn es reisen geht, tobt der Rittmeister und du –

      Darüber aber hatte der Förster den schwarzgebrannten Fleck gesehen, entzündete sich auf der Stelle zornrot (denn bei einem Beamtenkollegen konnte er sich leisten, was er bei Holzdieben wegen Lebensgefahr nicht wagen durfte) und fing an zu schimpfen: Hast du verdammter Lauselümmel wieder deine verfluchten Stinkadores geraucht und mir meinen Wald angekokelt?! Na, warte, Freundchen, da kann von Freundschaft und abendlichem Skatkloppen keine Rede mehr sein – Dienst ist Dienst und heute abend noch erfährt der Rittmeister …

      Aber es stand geschrieben, daß für dieses Mal der Förster Kniebusch keinen Satz zu Ende bringen sollte. Denn nun entdeckte er das scheinbar schlafende, höchst verdächtige, liederlich feldgraue Subjekt im Grase und sprach: Hast du einen Penner und Waldbrandstifter erwischt, Meier? Großartig, das gibt ein Lob vom Rittmeister; und eine Weile muß er die Klappe halten von wegen Schlappheit und Nicht-Durchgreifen und Angst vor den Leuten. – Wach auf, du Schwein! schrie der Förster und stieß dem Kerl den Fuß kräftig in die Rippen. Los! Hoch und ab zu Vater Philipp –!

      Doch der Getretene schob nur die Feldmütze aus dem Gesicht, schoß einen scharfen Blick auf den Wütenden und sprach mit noch schärferer Stimme: Förster Kniebusch –!

      Es war für Negermeier sehr überraschend und noch mehr vergnüglich anzusehen, welche Wirkung dieser bloße Namensruf auf seinen Skatbruder, den Sachtegänger und Angsthasen Kniebusch hatte. Der fuhr förmlich zusammen, wie vom Donner gerührt, alles Geschimpfe verging ihm und er sagte ersterbend im Strammstehen: Herr Leutnant –!

      Der andere rekelte sich langsam hoch, strich die trockenen Halme und Zweiglein von Rock und Hose und sagte: Heute abend um zehn beim Schulzen Versammlung. Sie benachrichtigen die Leute. Den kleinen Kerl da kannst du mitbringen. Er stand, rückte an seinem Koppel und sagte noch: Sie können auch melden, wieviel Waffen auf Neulohe greifbar sind, brauchbare Waffen und Munition, verstanden –?!

      Zu Befehl, Herr Leutnant! stammelte der alte Rauschebart, aber Meier merkte, wie es ihm einen Puff versetzt hatte.

      Das unbestimmte Individuum aber nickte Meier kurz zu, sprach: Geht in Ordnung, Kamerad! und verschwand in den Büschen, Kiefernkuscheln, Kiefernstangen, Wald – weg war er wie ein Traum!

      Donnerwetter! sprach Meier ein wenig atemlos und starrte ins Grüne. Aber das war schon wieder regungslos und flimmerte im Mittagsglast.

      Ja, Donnerwetter sagst du, Meier, schimpfte der Förster los. Aber ich habe die Rennerei heute nachmittag durchs Dorf. Und ob es allen recht ist, ist noch lange nicht raus. Manche ziehen so komische Gesichter und sagen, es ist alles Quatsch, und sie haben von Kapp genug. -ä Aber … fuhr der Förster womöglich noch kläglicher fort … du hast ihn ja gesehen, wie er ist, ins Gesicht zu sagen, wagt es ihm keiner, und wenn er pfeift, kommen sie alle. Nur ich höre immer die Widerreden.

      Wer ist er denn? fragte Meier neugierig. So großmächtig sieht er doch gar nicht aus!

      Wer soll er sein? rief der Förster ärgerlich dagegen. Es ist doch ganz egal, wie er sich nennt, seinen richtigen Namen wird er uns schon nicht sagen. Er ist eben der Leutnant …

      Na, Leutnant ist heutzutage nun nicht mehr so besonders viel, meinte Meier, aber imponiert hatte es ihm doch, wie der den Förster gestaucht hatte.

      Weiß ich, ob Leutnant viel oder wenig ist! murrte der Förster. Jedenfalls parieren ihm die Leute. Und … fuhr er geheimnisvoll fort, bestimmt haben sie eine große Sache vor, und wenn es gelingt, ist es mit Ebert und der ganzen roten Blase alle!

      Na, na! sagte Meier. Das hat schon mancher gedacht. Rot scheint ’ne waschechte Farbe, die kratzt ihr nicht so leicht ab!

      Diesmal doch! flüsterte der Förster. Sie sollen doch die Reichswehr hinter sich haben, und sie nennen sich selbst die Schwarze Reichswehr. Die ganze Gegend liegt ja voll mit ihnen, aus dem Baltikum und aus Oberschlesien und von der Ruhr auch. Arbeitskommandos werden sie genannt und entwaffnet sind sie auch. Aber du hast ja selbst gesehen und gehört …

      Also ein Putsch! sagte Meier. Und ich soll mitmachen? Das muß ich mir erst noch mal gewaltig überlegen. Bloß weil einer sagt: ›Geht in Ordnung,

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