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und mit ihm Dein Glück!«

      »Ich hoff' es,« gab Nefert leise zurück.

      »Und wer da hofft,« sagte Bent-Anat, »der besitzt das Glück der Zukunft. Sage, hättest Du mit den Göttern getauscht, so lange Mena mit Dir vereint war? Nein! Nun dann bist Du überreich, denn die seligste Erinnerung, das Glück der Vergangenheit, ist gleichfalls Dein eigen. Was ist denn die Gegenwart? Ich rede und sie ist nicht mehr! Nun frage ich Dich, an welche Wonnen kann ich gedenken und auf welches sichere Glück bin ich zu hoffen berechtigt?«

      »Du liebst nicht,« sagte Nefert. »Wie der Mond gehst Du kühl und unabwegbar dahin auf Deiner Bahn. Das höchste Glück ist Dir wohl fremd geblieben, aber dafür kennst Du auch nicht das bittere Leid.«

      »Welches Leid?« fragte Bent-Anat.

      »Den Schmerz der Sehnsucht eines von den Flammen der Sechet verzehrten Herzens,« antwortete Nefert.

      Die Prinzessin schaute lange nachdenklich zu Boden; dann schlug sie lebhaft ihre Augen zu der Freundin auf und sagte:

      »Du irrst! Ich kenne die Liebe und die Sehnsucht. Aber wenn Du nur den Festtag erwartest, um den Schmuck, der Dein eigen ist, wieder anzulegen, so gehört mir mein Kleinod nicht eigener an, als die Perle, die ich auf dem Grunde des tiefen Meeres schimmern sehe.«

      »Du liebst!« rief Nefert freudig bewegt. »O, so dank' ich der Hathor, daß sie endlich Dein Herz berührte. Die Tochter des Ramses braucht nicht erst die Taucher zu rufen, um das Kleinod für sie aus dem Meere zu fischen. Sie winkt und die Perle steigt auf zu ihr und legt sich in den Sand vor ihre schlanken Füße.«

      Bent-Anat küßte lächelnd Nefert's Stirn und sagte:

      »Wie das Dich erregt und Dir den Geist und die Zunge bewegt! Wenn zwei Saiten ganz gleich gestimmt sind und man schlägt die eine an, so klingt die andere mit, sagt mein Musikmeister. Ich glaube, Du hörtest mir zu bis zum Morgen, wenn ich Dir mehr von meiner Liebe erzählte. Aber dazu kamen wir nicht auf den Altan. Nun höre! Ich bin einsam wie Du, ich liebe weniger glücklich als Du, mir drohen vom Setihause her schlimme Stunden, und doch verläßt mich nicht der sichere Lebensmuth und die Freude am Dasein. Wie willst Du das erklären?«

      »Wir sind so verschieden geartet,« sagte Nefert.

      »Wohl,« entgegnete Bent-Anat, »aber wir Beide sind jung, sind Frauen und wollen das Gute. Mir starb zeitig die Mutter und Niemand hat mich geleitet, denn man gehorchte mir schon, als ich am meisten der Führung bedurfte. Dich zog eine Mutter heran, die sich, da Du ein Kind warst, mit dem schönen Töchterchen putzte und es – das stand ihm so gut – träumen und spielen ließ, ohne dem üblen Hange zu wehren. Da freite Dich Mena. Du liebtest ihn innig, aber in vier langen Jahren war er nur wenige Monde Dein eigen; die Mutter blieb bei Dir und Du merktest es kaum, daß sie für Dich Dein eigenes Haus verwaltet und die Mühen der Wirtschaft getragen hat. Du besaßest ein großes Spielzeug, dem Du Deine Tage widmetest, die Gedanken an Mena, und ein Ziel für tausend Träume, Deinen fernen Geliebten. Ich weiß es, Nefert; Alles was Du seit zwanzig Monden gesehen, gehört, empfunden hast, bezog sich auf ihn und ihn allein; das ist ja an sich nichts Schlechtes. Der Rosenstock hier, der meinen Altan umwindet, erfreut uns Beide; aber wenn der Gärtner ihn nicht häufig beschnitte und mit Palmenbast fesselte, so würde er in diesem Boden, der Alles zu schnellem Wachsthum treibt, gar bald in die Höhe schießen, mir Fenster und Thür verdecken und ich säße im Dunkeln. Nimm dieß Tuch um die Schultern, denn mit der Kühlung fällt Thau hernieder, und höre mich weiter! – Das schöne Gefühl der Liebe und Treue ist in Deinem träumerischen Herzen ungezügelt und ungehemmt wild in die Höhe gewuchert und verdunkelt Dir Seele und Geist. Rechte Liebe, denk' ich, sollte ein edler Fruchtbaum sein und kein solches Wuchergewächs. Ich tadle Dich nicht, denn die Deine Gärtner hätten sein sollen, bemerkten nicht, was Dir geschah, oder wollten's nicht merken. Sieh', Nefert, so lange ich die Kinderlocke trug, hab' auch ich nur gethan, was mir eben gefiel. Am Träumen fand ich niemals Gefallen, aber an wildem Spiel mit den Brüdern, an Rossen und Falken; 142 sie sagten oft, ich hätte das Herz eines Knaben, und gern auch wär' ich ein Jüngling gewesen.«

      »Ich niemals,« murmelte Nefert.

      »Du bist ja das Röslein, Du Liebe,« fuhr Bent-Anat fort. »Wie war ich als Fünfzehnjährige so verdrossen, so mißvergnügt bei aller Wildheit, so unbefriedigt trotz all' der Güte und Liebe, die rings mich umgab. Da geschah es einmal, – vier Jahre ist's her, es war kurz vor Deiner Hochzeit mit Mena, daß der Vater mich zum Brettspiele rief. 143 Du weißt, wie sicher er selbst die geschicktesten Gegner besiegt; an jenem Tage aber war er zerstreut und ich gewann zweimal hintereinander das Spiel. Voll frohen Uebermuthes sprang ich auf und küßte sein schönes, großes Haupt und rief: ›Den erhabenen Gott, den Helden, unter dessen Sohlen die Fremdvölker sich winden, welchen Volk und Priester anbeten, hat ein Mädchen besiegt!‹ Er lächelte mild und gab mir zurück: ›Oft sind ja die himmlischen Frauen den Herren des Himmels überlegen und unsere Siegesgöttin Necheb 144 ist ein Weib.‹ Dann wurde er ernster und sprach: ›Sie nennen mich einen Gott, mein Kind, aber nur in dem Einen fühl' ich mich wahrhaft göttlich, daß ich mich zu jeder Stunde im größten Maßstabe durch meine Arbeit nützlich zu erweisen vermag, hier hemmend, dort fördernd. 145 Gottähnlich bin ich allein, weil ich Großes wirke und schaffe.‹ Diese Worte, Nefert, fielen wie Saatkörner in meine Seele. Ich wußte auf einmal, was mir fehlte; und als wenige Wochen später der Vater mit Deinem Gatten und hunderttausend Streitern in den Krieg zog, da beschloß ich des göttlichen Vaters würdig zu werden und auch in meinem Kreise zu nützen. Du weißt nicht Alles, was in den Häusern dahinten unter meiner Leitung geschieht. Dreihundert Mädchen spinnen dort reinen Flachs und verweben ihn zu Leinwandbinden für die Wunden der Krieger, viele Kinder und Greisinnen suchen Pflanzen auf den Bergen und Andere lesen sie aus nach der Vorschrift der Aerzte, in den Küchen werden keine Gastmähler bereitet, aber Früchte in Zucker eingekocht für die Lieben und Kranken im Felde. Fleischstücke werden dort gesalzen, gedörrt und geräuchert für den Marsch des Heeres durch die Wüste. Der Kellermeister sorgt nicht mehr für die Zechgelage, aber bringt mir den Wein in großen Krügen von Stein; wir aber füllen ihn um in gutverschlossene Schläuche für die Soldaten, und die edleren Sorten gießen wir in feste Flaschen, die wir sorgsam verpichen, damit sie unbeschädigt die Reise bestehen und das Herz der Helden erquicken können. Alles das und viel mehr noch hab' ich zu lenken und zu leiten und in saurer Arbeit verrinnen meine Tage. Kein Traumgesicht schicken mir in den Nächten die Götter, denn nach schwerer Ermüdung umfängt mich tiefer Schlaf. Aber ich weiß, daß ich nütze, und stolz erheb' ich mein Haupt, weil ich nun dem großen Vater in etwas gleiche; und denkt der König an mich, das weiß ich, so freut er sich des Thuns seines Kindes. Nun aber bin ich am Ende, Nefert, und sage nur noch: Schließe Dich mir an, sei mit mir thätig, erweise Dich nützlich und zwinge Mena, nicht nur mit Liebe, sondern auch mit Stolz seines Weibes zu denken.«

      Nefert ließ ihr Haupt langsam zu ihr hernieder sinken, umschlang ihren Hals mit beiden Armen und weinte wie ein Kind an ihrem Busen. Endlich raffte sie sich auf und sagte bittend:

      »Nimm mich in die Schule und lehre mich nützen.«

      »Wußte ich's doch,« lächelte Bent-Anat, »daß Du nur der führenden Hand bedürftest. Glaube mir, bald wirst auch Du mit der Sehnsucht die Zufriedenheit zu paaren wissen. Nun höre noch dieß. Kehre jetzt heim zu Deiner Mutter, denn es ist spät, und begegne ihr liebreich, denn so wollen es die Götter. Am morgenden Tage werd' ich euch aufsuchen und Frau Katuti bitten, Dich mir als Gefährtin an Stelle meiner verstorbenen Freundin anzuvertrauen. Uebermorgen ziehst Du zu mir in den Palast. Du bewohnst die Gemächer der Dahingegangenen und beginnst, wie sie es gethan, mir bei meiner Arbeit zu helfen. Möge diese Stunde eine gesegnete sein!«

      Siebentes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Während dieses Gespräches weilte drüben in der Nekropole der Arzt Nebsecht noch immer vor der Hütte des Paraschiten und harrte mit wechselnden Empfindungen des Alten.

      Bald zitterte er für ihn, bald vergaß

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