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kön­nen sich auf mich ver­las­sen, Ma­da­me«, er­wi­der­te er.

      Als sie fort war, ver­ab­schie­de­te sich auch Ma­da­me de Ma­rel­le. »Auf Wie­der­se­hen, Bel-Ami.« Jetzt drück­te sie ihm die Hand sehr lan­ge und kräf­tig und ihn rühr­te die­ses schwei­gen­de Ge­ständ­nis. Er fühl­te sich plötz­lich von ei­ner Lei­den­schaft für die­se klei­ne net­te Zi­geu­ner­frau er­fasst, die ein so gu­ter Ka­me­rad war und ihn viel­leicht wirk­lich lieb hat­te. »Ich gehe mor­gen, sie be­su­chen«, dach­te er.

      So­bald er mit sei­ner Frau al­lein war, brach Ma­de­lei­ne in ein fröh­li­ches und hei­te­res La­chen aus. Sie sah ihm in die Au­gen und sag­te: »Weißt du, dass Frau Wal­ter in dich ver­liebt ist?«

      Er woll­te ihr nicht glau­ben und ant­wor­te­te: »Ach, lass doch.«

      »Sei ver­si­chert. Sie sprach von dir mit ei­ner ge­ra­de­zu tol­len Be­geis­te­rung. Das ist sehr merk­wür­dig von ihr! Sie möch­te für ihre Töch­ter zwei sol­che Män­ner wie dich fin­den. Zum Glück ist so was bei ihr ohne Be­deu­tung.«

      Er be­griff nicht, was sie mein­te.

      »Wie­so ohne Be­deu­tung?«

      Sie ant­wor­te­te mit der Über­zeu­gung ei­ner Frau, die ih­res Ur­teils si­cher ist:

      »Noch nie ist über Frau Wal­ter der lei­ses­te Ver­dacht laut ge­wor­den, ver­stehst du, nie, nie­mals! Sie steht rein da in je­der Be­zie­hung. Ihren Mann kennst du ja so gut wie ich. Aber sie, das ist et­was an­de­res. Üb­ri­gens hat sie sehr dar­un­ter ge­lit­ten, dass sie einen Ju­den ge­hei­ra­tet hat, trotz­dem ist sie ihm treu ge­blie­ben; sie ist eine an­stän­di­ge Frau.«

      Du Roy war über­rascht.

      »Ich dach­te, sie wäre auch eine Jü­din.«

      »Sie, im Ge­gen­teil. Sie ist Pa­tro­nats­da­me al­ler Wohl­tä­tig­keitsein­rich­tun­gen der Ma­de­lei­ne­kir­che. Sie ist so­gar kirch­lich ge­traut wor­den. Ich weiß nicht, ob sich Herr Wal­ter da­bei pro for­ma hat tau­fen, las­sen oder ob die Kir­che ein Auge zu­ge­tan hat.«

      Ge­or­ges mur­mel­te:

      »Ah, also sie ist in mich ver­liebt?«

      »Ent­schie­den, und bis über die Ohren. Wenn du nicht schon ver­hei­ra­tet wä­rest, wür­de ich dir ra­ten, um die Hand von Suzan­ne zu bit­ten. Nicht wahr! Suzan­ne ist dir doch lie­ber wie Rose?« — Er dreh­te an sei­nem Schnurr­bart und sag­te: »Na, die Mut­ter scheint auch noch ein fri­sches und schnei­di­ges Weib zu sein!«

      Ma­de­lei­ne wur­de un­ge­dul­dig:

      »Weißt du, mein Klei­ner, ich gön­ne dir gern die Mut­ter. Aber in die­sem Fal­le habe ich kei­ne Angst. In ih­rem Al­ter be­geht man nicht den ers­ten Fehl­tritt. Da­mit muss man frü­her be­gin­nen.«

      Ge­or­ges dach­te: »Wenn das wirk­lich wahr wäre, dass ich Suzan­ne hät­te hei­ra­ten kön­nen?« …

      Dann zuck­te er mit den Ach­seln. »Ach was, das ist doch Un­sinn. Der Va­ter hät­te mich nie als Schwie­ger­sohn ak­zep­tiert.«

      Im­mer­hin nahm er sich vor, Frau Wal­ters Be­neh­men ihm ge­gen­über et­was auf­merk­sa­mer zu be­ob­ach­ten, ohne üb­ri­gens sich da­bei zu fra­gen, ob er dar­aus einen Vor­teil zie­hen könn­te.

      Den gan­zen Abend lang ver­folg­te ihn die Erin­ne­rung an sei­ne Lieb­schaft mit Clo­til­de; Erin­ne­run­gen, die zärt­lich und zu­gleich sinn­lich wa­ren. Er dach­te an ihre tol­len Strei­che, an ihre lus­ti­gen Ein­fal­le und an ihre ge­mein­schaft­li­chen Streif­zü­ge. Er sag­te sich im­mer wie­der: »Sie ist wirk­lich be­zau­bernd, ich gehe mor­gen be­stimmt zu ihr hin.« Am nächs­ten Mor­gen nach dem Früh­stück be­gab er sich tat­säch­lich nach der Rue de Ver­neuil. Das­sel­be Stu­ben­mäd­chen öff­ne­te ihm die Tür und frag­te ihn ge­müt­lich nach der Art klein­bür­ger­li­cher Dienst­bo­ten:

      »Geht es Ih­nen gut, mein Herr?«

      »Ja­wohl, mein Kind«, er­wi­der­te er und trat in den Sa­lon, wo eine un­ge­üb­te Hand Ton­lei­tern am Kla­vier spiel­te. Es war Lau­ri­ne. Er dach­te, sie wür­de ihm an den Hals flie­gen, aber sie stand ernst auf, grüß­te ihn fei­er­lich, wie eine Er­wach­se­ne und zog sich in wür­di­ger, re­ser­vier­ter Hal­tung zu­rück. Sie be­nahm sich voll­stän­dig wie eine tief­ge­kränk­te Frau, so­dass er ganz er­staunt und ver­dutzt da­stand. Nun kam die Mut­ter. Er er­griff ihre Hän­de und küss­te sie.

      »Wie oft habe ich an Sie ge­dacht«, sag­te er.

      »Und ich.«

      Sie setz­ten sich und sa­hen sich lä­chelnd an, in­dem sie sich tief in die Au­gen sa­hen; sie hat­ten bei­de Lust, sich auf die Lip­pen zu küs­sen.

      »Mei­ne lie­be klei­ne Clo, ich lie­be Sie!«

      »Und ich dich auch.«

      »Dann, dann bist du mir nicht mehr böse?«

      »Ja und nein. Es hat mir sehr weh ge­tan. Da­rin aber be­griff ich dei­ne Grün­de und sag­te mir: ›Frü­her oder spä­ter kommt er doch zu mir zu­rück.’«

      »Ich wag­te nicht wie­der­zu­kom­men, denn ich wuss­te nicht, wie du mich emp­fan­gen wür­dest. Ich wag­te es nicht, aber ich hat­te ein glü­hen­des Ver­lan­gen nach dir. Üb­ri­gens sag’ mir mal, was ist denn mit Lau­ri­ne los. Sie hat mich kaum be­grüßt und ist dann wü­tend fort­ge­gan­gen.«

      »Ich weiß es nicht, aber seit dei­ner Hei­rat darf man nicht mehr über dich re­den. Ich glau­be, sie ist wirk­lich ei­fer­süch­tig.«

      »Nicht mög­lich.«

      »Doch, doch Liebs­ter. Sie nennt dich nicht mehr Bel-Ami, son­dern sie nennt dich Mon­sieur Fo­res­tier.«

      Du Roy wur­de rot und beug­te sich zu der jun­gen Frau.

      »Gib mir dei­nen Mund«, bat er.

      Sie hielt ihm ihre Lip­pen hin.

      »Wo kön­nen wir uns wie­der­se­hen?« frag­te er.

      »In … in der Rue Con­stan­ti­no­ple.«

      »Wie! die Woh­nung ist nicht ver­mie­tet?«

      »Nein, ich habe sie be­hal­ten.«

      »Du hast sie be­hal­ten?«

      »Ja, ich dach­te, du wür­dest wie­der­kom­men.«

      Sei­ne Brust hob sich vor stol­zer Freu­de. Die­se Frau lieb­te ihn also wirk­lich mit ei­ner ech­ten be­stän­di­gen und in­ni­gen Lie­be. Er flüs­ter­te:

      »Ich lie­be dich über al­les.« Dann frag­te er:

      »Geht es dei­nem Man­ne gut?«

      »Ja, sehr gut, er war einen Mo­nat hier. Vor­ges­tern ist er ab­ge­reist.«

      Du Roy konn­te sich nicht ent­hal­ten zu la­chen.

      »Wie gut sich das trifft.«

      »O ja,« ant­wor­te­te sie, »das trifft sich sehr gut, aber selbst wenn er hier ist, ge­niert er uns auch nicht, du weißt ja?«

      »Du hast recht. Er ist üb­ri­gens ein rei­zen­der Mensch.«

      »Und du,« frag­te sie, »wie ge­fällt dir das neue Le­ben?«

      »We­der be­son­ders gut, noch be­son­ders schlecht. Mei­ne Frau ist eine

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