Скачать книгу

als hät­te er mit der gan­zen Welt ge­kämpft. Es war vor­über! Wel­ches Glück! Er fühl­te sich plötz­lich so tap­fer, dass er am liebs­ten noch je­man­den ge­for­dert hät­te.

      Die Se­kun­dan­ten hat­ten noch eine Be­spre­chung. Sie ver­ab­re­de­ten eine Zu­sam­men­kunft, um das Pro­to­koll auf­zu­neh­men. Dann stieg man wie­der in den Wa­gen, und der Kut­scher, der auf dem Bock lach­te, knall­te mit der Peit­sche und fuhr da­von.

      Sie früh­stück­ten alle vier auf dem Bou­le­vard und plau­der­ten über das große Er­eig­nis des Ta­ges. Du­roy schil­der­te sei­ne Ein­drücke:

      »Es hat mir gar nichts ge­macht, ganz und gar nichts. Sie müs­sen das auch üb­ri­gens be­merkt ha­ben.«

      Ri­val ant­wor­te­te:

      »Ja, Sie ha­ben sich wa­cker ge­hal­ten.«

      Als das Pro­to­koll auf­ge­nom­men war, leg­te man es Du­roy vor, da­mit er es in den Lo­kal­nach­rich­ten ver­öf­fent­lich­te. Er war sehr er­staunt, zu le­sen, dass er zwei Ku­geln mit Herrn Louis Lan­gre­mont ge­wech­selt hät­te, und et­was be­un­ru­higt frag­te er Ri­val:

      »Wir ha­ben doch nur ein­mal ge­schos­sen?«

      »Na­tür­lich ein­mal,« lä­chel­te der an­de­re, »je­der eine Ku­gel, macht zwei Ku­geln.«

      Und Du­roy, der die Er­klä­rung ein­leuch­tend fand, er­hob wei­ter kei­nen Wi­der­spruch. Va­ter Wal­ter um­arm­te ihn:

      »Bra­vo! Bra­vo! Sie ha­ben die Fah­ne der Vie Françai­se ver­tei­digt. Bra­vo!«

      Abends be­such­te Du­roy alle an­ge­se­hens­ten Zei­tun­gen und die wich­tigs­ten Bou­le­vard­ca­fes. Zwei­mal traf er da­bei mit sei­nem Geg­ner zu­sam­men, der sich gleich­falls über­all zeig­te. Sie grüß­ten sich nicht. Wäre ei­ner von ih­nen ver­wun­det ge­we­sen, so hät­ten sie sich die Hän­de ge­drückt. Üb­ri­gens schwor je­der von ih­nen mit volls­ter Über­zeu­gung, er hät­te die Ku­gel des an­de­ren pfei­fen ge­hört.

      Am nächs­ten Mor­gen er­hielt Du­roy ge­gen elf Uhr ein blau­es Brief­chen:

      »O Gott, wel­che Angst hab’ ich aus­ste­hen müs­sen. Kom­me so­fort zur Rue Con­stan­ti­no­ple, mein Liebs­ter, da­mit ich Dich um­ar­me. Wie tap­fer Du bist — ich lie­be Dich. — Clo.«

      Er ging als­bald hin. Sie fiel ihm um den Hals und be­deck­te ihn mit Küs­sen.

      »Ach, Lieb­ling, wenn du wüss­test, wie auf­ge­regt ich war, als ich heu­te Mor­gen in den Zei­tun­gen las! Oh, er­zäh­le mir, sage mir al­les, ich will es wis­sen.«

      Er muss­te alle Ein­zel­hei­ten er­zäh­len. Sie sag­te:

      »Was für eine schlim­me Nacht musst du vor dem Duell ver­bracht ha­ben?«

      »Kei­nes­wegs; ich habe gut ge­schla­fen.«

      »Ich hät­te kein. Auge zu­ge­tan. Und wie ist es auf dem Kampf­platz ver­lau­fen?«

      Er gab einen dra­ma­ti­schen Be­richt:

      »Wir stan­den uns ge­gen­über, nur zwan­zig Schritt von­ein­an­der ent­fernt, kaum vier­mal so weit wie die­ses Zim­mer. Jaques frag­te, ob wir fer­tig wä­ren, dann kom­man­dier­te er: ›Feu­er!‹ Ich er­hob so­fort den Arm, ziel­te gut, aber ich mach­te den Feh­ler, auf sei­nen Kopf zu zie­len. Mei­ne Waf­fe ging et­was schwer, und ich bin an leicht schie­ßen­de Pis­to­len ge­wöhnt, so­dass der Schuss durch den Wi­der­stand des Hah­nes zu hoch ging. Sehr weit kann er aber nicht fehl­ge­gan­gen sein. Üb­ri­gens schießt der Ha­lun­ke auch nicht schlecht. Sei­ne Ku­gel fuhr mir dicht an der Schlä­fe vor­über. Ich habe den Wind­hauch ver­spürt.«

      Sie saß auf sei­nen Kni­en und hielt ihn mit ih­ren Ar­men um­schlun­gen, als woll­te sie an der Ge­fahr teil­neh­men; sie flüs­ter­te:

      »Mein ar­mer Lieb­ling! Mein ar­mer Lieb­ling!«

      Als er mit sei­ner Er­zäh­lung fer­tig war, sag­te sie:

      »Oh, du weißt nicht; ich kann nicht mehr ohne dich le­ben. Ich muss dich se­hen, aber so­lan­ge mein Mann in Pa­ris ist, geht das gar nicht so leicht. Mor­gens hät­te ich oft eine Stun­de frei, ehe du auf­ge­stan­den bist, und ich könn­te dich um­ar­men kom­men, aber ich will nicht wie­der in die­ses scheuß­li­che Haus. Was ma­chen wir nur?«

      Er hat­te plötz­lich einen Ein­fall und frag­te:

      »Was zahlst du hier Mie­te?«

      »Hun­dert Fran­cs.«

      »Gut; ich über­neh­me die Woh­nung auf mei­ne Rech­nung und zie­he hier­her um. Mei­ne alte passt nicht mehr für mei­ne neue Stel­lung.«

      Sie dach­te ein paar Au­gen­bli­cke nach, dann sag­te sie:

      »Nein, das will ich nicht!«

      »Wa­rum denn nicht?« frag­te er er­staunt.

      »Da­rum.«

      »Das ist kein Grund. Die Woh­nung passt mir glän­zend. Ich bin hier und ich blei­be hier.«

      Er be­gann zu la­chen:

      »Üb­ri­gens ist sie ja auf mei­nen Na­men ge­mie­tet.«

      Doch sie wei­ger­te sich nach wie vor:

      »Nein, nein, ich will nicht!«

      »Wa­rum nicht? Sag’s doch!«

      Da flüs­ter­te sie ihm lei­se ins Ohr:

      »Weil du Wei­ber hier­her bräch­test, und das will ich nicht!«

      Er war ent­rüs­tet:

      »So was täte ich nie im Le­ben, ich ver­spre­che es dir.«

      »Du tust es ja doch.«

      »Ich schwö­re es dir.«

      »Wirk­lich?«

      »Wahr­haf­tig. Mein Ehren­wort. Das ist un­ser Heim hier, es ge­hört nur uns.«

      Sie um­arm­te ihn lei­den­schaft­lich:

      »Dann ist es mir recht, mein Lieb­ling. Aber du musst wis­sen, wenn du mich be­trügst, nur ein­mal be­trügst, dann ist es zwi­schen uns aus, end­gül­tig aus, und für im­mer!«

      Er schwor noch­mals und ver­wahr­te sich ge­gen ih­ren Ver­dacht, und sie ver­ab­re­de­ten, er soll­te noch am sel­ben Tage um­zie­hen, da­mit sie ihn be­su­chen konn­te, wenn sie an der Tür vor­bei­käme.

      Da­rauf sag­te sie zu ihm:

      »Je­den­falls kom­me Sonn­tag zu uns zum Es­sen. Mein Mann fin­det dich rei­zend.«

      Er fühl­te sich ge­schmei­chelt:

      »Ah, wirk­lich?«

      »Ja, du hast sein Herz ge­won­nen. Und dann noch eins: du hast mir doch er­zählt, du wä­rest auf dem Lan­de auf ei­nem Schloss auf­ge­wach­sen, nicht wahr?«

      »Ja. Aber was …?«

      »Dann musst du auch et­was von Land­wirt­schaft ver­ste­hen?«

      »Ja.«

      »Nun gut, dann un­ter­hal­te dich mit ihm über Gar­ten­bau und Ern­te, er liebt das sehr.«

      »Gut, ich wer­de es mir mer­ken.«

      Dann ver­ließ sie ihn, nach­dem sie ihn end­los ge­küsst hat­te. Das Duell hat­te

Скачать книгу