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woll­te er sich auf die Vor­der­bank set­zen, aber er fühl­te et­was Har­tes. Das war der Pis­to­len­kas­ten, wie er zu sei­nem Ent­set­zen be­merk­te.

      »Nein, nein, der Duel­lant und der Arzt auf den Rück­sitz!« wie­der­hol­te Ri­val noch­mals.

      Du­roy ver­stand ihn end­lich und sank ne­ben dem Dok­tor aufs Pols­ter. Als die bei­den Se­kun­dan­ten ein­ge­stie­gen wa­ren, fuhr der Kut­scher los. Er wuss­te schon, wo­hin er fah­ren soll­te.

      Aber die Pis­to­len­kis­te be­läs­tig­te alle, am meis­ten Du­roy, der sie lie­ber nicht ge­se­hen hät­te. Man ver­such­te, sie hin­ter die Rücken zu stel­len, sie stör­te aber furcht­bar; dann stell­te man sie zwi­schen Ri­val und Bois­renard — sie fiel im­mer run­ter. Schließ­lich leg­te man sie auf den Bo­den.

      Die Fahrt ver­lief sehr ein­tö­nig, ob­gleich der Arzt An­ek­do­ten er­zähl­te. Ri­val ant­wor­te­te al­lein dar­auf, Du­roy hät­te gern Geis­tes­ge­gen­wart ge­zeigt, er fürch­te­te aber, aus der Rol­le zu fal­len und sei­ne Auf­re­gung zu ver­ra­ten; ihn quäl­te die Angst, er könn­te zu zit­tern be­gin­nen.

      Der Wä­gen hat­te bald frei­es Feld er­reicht. Es war ge­gen neun Uhr früh an ei­nem je­ner rau­en Win­ter­mor­gen, wo die gan­ze Na­tur glän­zend, hart und sprö­de ist wie ein Kris­tall. Die Bäu­me im Rau­reif sa­hen aus, als ob sie Eis ge­schwitzt hät­ten; der Bo­den dröhn­te un­ter den Schrit­ten. Die tro­ckene Luft trug weit die lei­ses­ten Geräusche, und der blaue Him­mel fun­kel­te wie ein Spie­gel. Die Son­ne warf auf die er­fro­re­ne Erde ihre hel­len Strah­len, die nicht zu wär­men ver­moch­ten.

      Ri­val sag­te zu Du­roy:

      »Ich habe die Pis­to­len bei Gas­ti­ne Re­net­te ge­kauft. Er hat sie selbst ge­la­den; der Kas­ten ist ver­sie­gelt. Üb­ri­gens wird das Los ent­schei­den, ob die­se oder die un­se­res Geg­ners be­nutzt wer­den.«

      Du­roy ant­wor­te­te me­cha­nisch:

      »Ich dan­ke Ih­nen.«

      Dann gab Ri­val In­struk­tio­nen bis ins kleins­te, denn sein Schutz­be­foh­le­ner soll­te in kei­nem Fal­le ir­gend­ei­nen Feh­ler be­ge­hen. Al­les, was er sag­te, wie­der­hol­te er da­bei meh­re­re Male.

      »Wenn ge­fragt wird: Sind Sie fer­tig, mei­ne Her­ren? so müs­sen Sie mit lau­ter Stim­me ant­wor­ten: Ja!

      Beim Kom­man­do ›Feu­er!‹ he­ben Sie rasch den Arm und schie­ßen, ehe bis drei ge­zählt wird.«

      Du­roy wie­der­hol­te es in Ge­dan­ken:

      »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm. — Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm. — Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm.« —

      Er lern­te es aus­wen­dig, wie Schul­kin­der ihre Auf­ga­ben ler­nen, in­dem sie die­sel­ben bis zur Be­wusst­lo­sig­keit vor sich hin­spre­chen, um sie recht fest dem Ge­dächt­nis ein­zu­prä­gen.

      Der Wa­gen kam in einen Wald, bog nach rechts in eine Al­lee ein und dann wie­der nach rechts. Plötz­lich öff­ne­te Ri­val die Wagen­tür und rief dem Kut­scher zu:

      »Dort den klei­nen Weg hin­ein.«

      Nun fuhr der Wa­gen auf ei­nem Weg mit zwei tie­fen Glei­sen, der rechts und links von ei­nem dich­ten Un­ter­holz um­ge­ben war, des­sen al­tes, vor­jäh­ri­ges Laub von Eis be­deckt war und zit­ter­te.

      Du­roy mur­mel­te im­mer noch: »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm.« Und er dach­te, dass ir­gend­ein Un­fall mit dem Wa­gen viel­leicht noch al­les gut­ma­chen könn­te. Wie gern hät­te er ihn um­ge­wor­fen! Wel­ches Glück, wenn er sich ein Bein brä­che!

      Doch Du­roy be­merk­te bald am Ende ei­ner Lich­tung einen an­de­ren Wa­gen, der dort hielt, und vier Her­ren, die auf und ab gin­gen, um sich die Füße zu wär­men.

      Er muss­te sei­nen Mund auf tun, so schwer wur­de ihm das At­men.

      Die Se­kun­dan­ten stie­gen zu­erst aus, dann der Arzt und zu­letzt der Duel­lant. Ri­val nahm den Pis­to­len­kas­ten und schritt mit Bois­renard den bei­den Frem­den ent­ge­gen, die auf sie zu­ka­men. Du­roy sah, wie sie sich et­was fei­er­lich be­grüß­ten, dann in der Lich­tung auf und ab gin­gen und bald auf den Bo­den, bald zu den Bäu­men hin­auf blick­ten, als such­ten sie et­was, was fal­len oder fort­flie­gen könn­te. Dann zähl­ten sie die Schrit­te ab und stie­ßen mit großer Mühe ein paar Stö­cke in die ge­fro­re­ne Erde. Dann tra­ten sie zu ei­ner Grup­pe zu­sam­men und los­ten »Kopf oder Schrift« wie spie­len­de Kin­der.

      Der Dok­tor Le Bru­ment frag­te Du­roy:

      »Füh­len Sie sich wohl? Ha­ben Sie ir­gend­ei­nen Wunsch?«

      »Nein, ich brau­che nichts. Dan­ke sehr.«

      Es war ihm, als sei er ver­rückt ge­wor­den, als schlie­fe, als träum­te er, und et­was Über­na­tür­li­ches sei über ihn ge­kom­men und um­gä­be ihn.

      Hat­te er Furcht? Vi­el­leicht! Er wuss­te es nicht.

      Al­les war so selt­sam und ei­gen­ar­tig um ihn her­um ge­wor­den.

      Jaques Ri­val kam zu­rück und sag­te zu ihm lei­se mit be­frie­dig­ter Stim­me:

      »Al­les ist fer­tig. Wir ha­ben Glück mit un­se­ren Pis­to­len.«

      Du­roy war das völ­lig gleich­gül­tig.

      Man zog ihm den Man­tel aus. Er ließ es ge­sche­hen. Man be­fühl­te ihm die Gehrock­ta­schen, um sich zu ver­ge­wis­sern, dass er kein Pa­pier oder eine schüt­zen­de Brief­ta­sche dar­in trü­ge.

      Er wie­der­hol­te für sich wie ein Ge­bet: »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm.«

      Nun führ­te man ihn zu ei­nem der Stö­cke, die in den Bo­den ge­bohrt wa­ren und gab ihm eine Pis­to­le in die Hand. Da sah er dicht vor sich einen Men­schen ste­hen, einen klei­nen, kahl­köp­fi­gen, dick­bäu­chi­gen Mann mit ei­ner Bril­le. Das war sein Geg­ner. Er sah ihn ganz deut­lich; doch er dach­te nur an das eine: »Bei dem Kom­man­do ›Feu­er‹ hebe ich den Arm und schie­ße.« Eine Stim­me er­tön­te in der tie­fen Stil­le, eine Stim­me, die ganz aus der Fer­ne zu kom­men schi­en:

      »Sind Sie fer­tig, mei­ne Her­ren?«

      Ge­or­ges rief:

      »Ja.«

      Da­rauf kom­man­dier­te die­sel­be Stim­me:

      »Feu­er!«

      Er hör­te nichts mehr, er sah nichts mehr, er über­leg­te nichts mehr. Er fühl­te nur, wie er den Arm er­hob und mit al­ler Kraft auf den Hahn drück­te.

      Er hör­te nichts, aber er sah so­fort an der Mün­dung sei­nes Pis­to­len­lau­fes eine leich­te Rauch­wol­ke. Und da der Mann ihm ge­gen­über noch in der­sel­ben Hal­tung ste­hen­blieb, so er­blick­te er über dem Kopf des Geg­ners eine zwei­te klei­ne Rauch­wol­ke.

      Sie hat­ten alle bei­de ge­schos­sen. Es war aus.

      Sei­ne Se­kun­dan­ten be­fühl­ten und be­tas­te­ten ihn, knöpf­ten ihm den Rock auf und frag­ten ängst­lich:

      »Sind Sie nicht ver­wun­det?«

      Er ant­wor­te­te auf gut Glück:

      »Nein, ich

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