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mit der flachen Schwertseite auf die Flanke, so dass es wiehernd scheute und den Magier abwarf. Während sich Munuel noch aufrappelte und seine Knochen sortierte, sah er, wie Islin versuchte, den Angreifer von hinten zu erwischen. Doch ihre Schläge waren ungelenk und nicht zielgerichtet. Ächzend kam Munuel hoch und versuchte auf die Schnelle eine Verstärkungsintonation zu setzen, während er wieder einen Luftstoß vorbereitete. Diesmal traf es den Krieger härter. Er fiel mit dem Gesicht in den Dreck, sein Schild flog ihm aus der Hand. Sofort schlugen alle drei auf ihn ein, trieben Schwert, Schürhaken und Hellebarde in sein Fleisch. Es war ein Gemetzel. Als der Mann sich nicht mehr rührte, erbrach sich Islin auf Bernuels Schuhe.

      »Islin braucht eine richtige Waffe!«, rief Munuel, während er sein sich aufbäumendes Ross bestieg. Islin tat es ihm gleich und kletterte ebenfalls wieder auf ihren Rappen.

      »Hier!« Bernuel warf Islin seine Hellebarde zu, die diese mit Mühe auffing. »Ich hab noch mehr davon. Die meisten sind auf dem Dorfplatz. Beeilt euch, Euer Onkel hält nicht mehr lange durch!«

      Munuel und Islin gaben ihren Pferden die Sporen und donnerten die Dorfstraße hinunter. Eine Gruppe von Frauen kam ihnen aufgelöst entgegen, verfolgt von mindestens drei vermummten Gestalten.

      »Geht ins Gasthaus!«, rief Munuel ihnen zu und streckte die Hand aus. Er rief eine Beschwörung, diesmal die höchste Intonation, derer er ohne Vorbereitung mächtig war. Ein gewaltiger Wirbelwind ließ alles um ihn herum erzittern, schoss nach vorn und prallte auf die Verfolger, die durch die Luft geschleudert wurden. Islin ritt mitten durch sie hindurch, die schwere Hellebarde schwingend. Sie traf einen von ihnen am Kopf und einen anderen in den Rücken. Das schien die Männer allerdings kaum zu irritieren, denn sie konzentrierten sich sofort auf den Magier.

      »Gut gemacht!«, lobte sie Munuel. »Aber jetzt ab ins Gasthaus, nimm alle mit, denen du begegnest!«

      Islin überlegte nicht lange. Sie sprang vom Pferd und winkte den Frauen, ihr zu folgen.

      Munuel konnte sich auf keinen direkten Kampf mit den drei Vermummten einlassen, das war ihm klar. Wenn auch nur einer von ihnen so gut kämpfte, wie der Krieger bei Bernuel, war er Hackfleisch, bevor er »Mar-in-Tri« murmeln konnte. Also gab er seinem Pferd die Sporen und galoppierte in eine Seitengasse. Er hörte die Schritte eines Verfolgers hinter sich. Eines und nicht drei – wo waren die anderen beiden abgeblieben? Dann gewahrte er im Augenwinkel einen Schatten über sich, er blickte hoch und riss die Augen auf. Einer der beiden anderen Verfolger sprang behände über die Dächer der Häuser rechts von ihm. Munuel wandte den Kopf und richtig – der dritte sprang über die Dächer links von ihm. Wie waren sie so schnell da hinaufgeklettert? Oder waren sie einfach gesprungen? Was waren das für Leute? Sie waren die schnellsten und härtesten Nahkämpfer, die er je erlebt hatte, aber mit Magie schienen sie nicht viel Erfahrung zu haben. Munuel stieß eine schnelle Iteration hervor, die einen Windstoß auf das Dach links von ihm lenkte. Der Dachspringer geriet ins Straucheln und stürzte ab. Lautlos. Kein Schrei. Auch das war unheimlich.

      Der zweite reagierte schneller und warf sich platt auf das Strohdach, um dem nächsten Windstoß zu entgehen. Doch dadurch verlor er wertvolle Zeit. Munuel preschte um eine Ecke – gerade rechtzeitig, um dem Hechtsprung zu entgehen, zu dem sein dritter Verfolger gerade angesetzt hatte.

      Als Munuel den Platz vor dem Gasthaus erreichte, bot sich ihm ein verstörendes Bild. Großmeister Gelmard stand, flankiert von Findhal und Rusch, den beiden Leibwächtern Limloras, auf den Stufen des Hauses und hielt eine Gruppe von fünf Angreifern in Schach. Während Findhal und Rusch auf herkömmliche Weise fochten, hatte Gelmard eine durchsichtige undurchdringliche Wand aufgebaut, die wie ein Schutzwall wirkte. Die Angreifer kamen nicht vorbei, Pfeile und Lanzen prallten an ihm ab. Allerdings konnte er nicht viel Schaden anrichten, denn die Wand war von beiden Seiten dicht. Die beiden Leibwächter mussten um die Ecke schlagen, um mit ihren Schwertern einen der Angreifer zu erwischen. Und richteten wenig aus. Eine Pattsituation. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Gelmards Kräfte nachlassen würden.

      Munuel sah im Augenwinkel Islin, die ein Dutzend Frauen und Kinder hinter Gelmards Schild vorbei in das Gasthaus führte. Er nickte befriedigt und konzentrierte sich auf das Trivocum. So wie es ihn Gelmard einst gelehrt hatte, lenkte er die Kräfte des Chaos in sein Schwert. Dazu musste er kein Aurikel setzen, konnte die Iterationsstufe allerdings auch nicht bestimmen. Es war einer dieser rohen Zauber, dessen Folgen unabsehbar waren, aber hier sah er keine andere Möglichkeit, einen raschen Erfolg zu erzielen. Munuel fühlte, wie eine ungeheure Kraft seinen rechten Arm durchfloss, direkt in das Schwert hinein. Der Stahl begann zu erglühen, blieb dabei jedoch kalt. Dann riss sich das Schwert los, sauste auf die Angreifer zu und begann unter ihnen zu wüten. Doch sie waren sehr geschickt mit ihren Schilden und wehrten das Schwert sehr effektiv ab. Munuel hatte keine Zeit, erstaunt zu sein, denn in diesem Augenblick spürte er seine Hände nicht mehr. Er sah hinab und erkannte, dass sie zu blankem Stahl geworden waren, der bläulich schimmerte. Es fühlte sich kraftvoll an. Der erste Angreifer schrie in Panik und Schmerz auf, als er blutend zu Boden ging. Die kleine Gruppe trennte sich, da sie ihn entdeckt hatten. Brüllend kamen sie auf ihn zu, Munuel hob wie ein Boxer die Hände. Jetzt waren sie da – Munuel schlug mit aller Kraft zu. Und riss dem ersten der Angreifer damit fast den Kopf ab. Doch schon der zweite hatte seine Überraschung schnell überwunden und warf sein Schild nach Munuel. Der junge Magier konnte sich gerade noch ducken, um einer Enthauptung durch die scharfe Kante des Schildes zu entgehen. Doch jetzt war der Angreifer schutzlos. Geistesgegenwärtig lenkte Munuel sein Schwert in dessen Richtung. Durch den Rücken aufgespießt ging der Mann zu Boden. Sein Schrei klang seltsam hoch, nicht männlich. War es eine Frau?

      Jetzt waren auch die drei Verfolger angekommen und rannten brüllend auf ihn zu. Munuel musste sich beeilen. Er sprang vom Pferd und rannte, Haken schlagend auf das Gasthaus zu. Ein Mann stellte sich ihm in den Weg, doch Munuel rannte ihn um, dabei mit seinen Schmiedehammerfäusten einen gewaltigen Hieb auf dessen Kopf landend. Stöhnend ging der Mann auf die Knie. Mann?

      Munuel blickte genauer hin: Das waren keine Männer, es waren Frauen. Ihre Gesichter waren in grellen Farben bemalt, ihre Augen schwarz geschminkt. Dass es Frauen waren, erkannte Munuel hauptsächlich an ihren weiblichen Rundungen unter den Kapuzenmänteln, sowie an den nackten Schenkeln, denn sie trugen kurze Waffenröcke. Dann warf ihn eine Explosion um und er spuckte Dreck. Gelmard hatte eine hohe Iteration beschworen und den halben Platz gesprengt.

      »Das war gerade rechtzeitig!«, rief Munuel. »Länger hätte ich nicht mehr standhalten können.«

      Der Magier blickte über den Platz, auf dem einige Leichen lagen, teilweise von Steinen bedeckt. Schatten huschten in die Gassen davon: Überlebende, die sich neu formierten. Der Kampf war noch nicht vorbei.

      Der junge Magier beeilte sich, zu Gelmard und den beiden anderen zu kommen. Der ältere Magier hatte sein Schild aufgelöst.

      »Wie ist die Lage?«, wollte Munuel wissen.

      »Schlecht«, antwortete Gelmard. »Sie haben eine Menge der wehrfähigen Männer niedergemacht. Das halbe Dorf brennt. Und aus irgendeinem Grund konzentrieren sie sich auf mich. Hast du dafür eine Erklärung?«

      »Sie wollen das Buch«, sagte Munuel düster.

      »Das Buch? Welches Buch denn? Etwa das, in dem Lohtsé gelesen hat?«

      »Ja. Es sind Andura Rana. Lohtsé hat uns von ihnen erzählt. Und warum sollten sie sonst hier sein, wenn nicht wegen des kontramagischen Buches? Wir müssen es so schnell wie möglich von hier fortschaffen.«

      »Gut, das sehe ich genauso, aber, warum denken sie, ich hätte es?«

      »Sie denken, dass es der Dorfmagier hat. Und aus irgendeinem Grund glauben sie, du wärst das.«

      »Das ergibt Sinn. Ich bin der einzige hier, der magisch kämpft. Du kamst ja erst später dazu.«

      Munuel nickte. Er war froh, nicht erklären zu müssen, warum die Andura Rana Gelmard für den Dorfmagier hielten. Und für viel Erklärungen war jetzt ohnehin keine Zeit.

      »Was denkst du, wie viele es noch sind?«, fragte er seinen Oheim.

      »Keine Ahnung, aber genug. Sie sind unglaublich kampfstark. Wir

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