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Folgen für das Gebiet der Union am schwerwiegendsten sind.

      Der Hintergrund dieser Neubewertung als prioritär einzuordnende Schadorganismen sind neue Herausforderungen, denen sich die EU aufgrund globalisierter Märkte und allem voran auch durch Klimawandel verschobene Habitatgrenzen und sich verändernde Landschaften stellen muss. Dieser Trend ist eine Bedrohung sowohl für die natürliche als auch bewirtschaftete Umwelt, die land- und forstwirtschaftliche Produktion, die Ökosysteme und biologische Vielfalt. In den letzten 20 Jahren war die EU mit mehreren großen Ausbrüchen neuer Pflanzenschädlinge konfrontiert, die erhebliche Auswirkungen hatten. Dazu zählen beispielsweise das Bakterium Xylella fastidiosa und der Kiefernholznematode Bursaphelenchus xylophilus, die zwar bisher schon durch EU-Notmaßnahmen geregelt waren, aber mit der Einstufung als prioritäre Schädlinge nochmals an Beachtung zunehmen.

       Abbildung 1: Globale Verbreitung des Asiatischen Laubholzbockkäfers (Quelle: EPPO Global Database, www.eppo.int)

      Das Mandat zur Bewertung dieser prioritären Schädlinge wurde der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission (Joint Research Centre – JRC) und der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority – EFSA) übertragen. Im Resultat sind auf der Liste prioritärer Schädlinge 20 Arten (Pilze, Bakterien, Nematoden und Insekten), wovon neun Arten von pathologischer Relevanz an Gehölzen sind und im Weiteren kurz porträtiert werden.

       2 Cerambycidae – Bockkäfer

       2.1 Anoplophora glabripennis (Motschulsky) – Asiatischer Laubholzbockkäfer

      Der prominenteste Vertreter invasiver Schadorganismen an Gehölzen ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Asiatische Laubholzbockkäfer Anoplophora glabripennis (kurz ALB). Die Art ist seit 2001 in der Europäischen Union auftretend, der Erstnachweis in Deutschland datiert aus dem Jahr 2004. Seitdem unterliegt die Bockkäferart strengen Vorkehrungen und Maßnahmen, die ein Ausbreiten innerhalb der Gemeinschaft verhindern und die Bekämpfung sicherstellen sollen. Globaler Warenhandel, speziell der Transfer von unsachgerecht oder nicht behandeltem Holzverpackungsmaterial, gilt als Hauptweg einer transkontinentalen Verschleppung. Die Art ist zudem polyphag und in der Lage, vermeintlich vitale Bäume zu attackieren, woraus ein immenses Schadpotenzial gegenüber einheimischen Baumarten resultiert.

       Verbreitung

      Das natürliche Verbreitungsgebiet des ALB liegt in China, wo die Art in den meisten Provinzen vorkommt, und auf der Koreanischen Halbinsel. Hinzu kommen beschriebene Vorkommen in Japan, wobei etablierte Populationen bezweifelt werden (LINGAFELTER & HOEBEKE 2002). Die Art wurde erstmalig 1996 in den USA nachgewiesen und hat sich seitdem in mehreren östlichen US-Bundesstaaten und kanadischen Provinzen ausgebreitet (Abbildung 1). Weitere Funde wurden 2015 und 2016 im Libanon gemeldet, eine Beschreibung im Europäischen Teil Istanbuls wurde 2019 dementiert (ARSLANGÜNDOĞDU & HIZAL 2019) und dem Citrusbockkäfer zugeordnet (vgl. 3 Anoplophora chinensis).

      Laut EPPO Global Database wurde die Art seit 2001 an 35 verschiedenen Orten in neun europäischen Ländern bestätigt. Während frühe Risikoanalysen ein potenzielles europäisches Verbreitungsgebiet eher im Mittelmeerraum antizipierten, wurde ALB wider Erwarten im finnischen Kolohonka nachgewiesen. Weitere Vorkommen sind über die Jahre in Großbritannien, Frankreich, Italien, Montenegro, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz bestätigt worden. In einigen der Ausbruchsgebiete führten eingeleitete phytosanitäre Maßnahmen zur erfolgreichen Ausrottung des ALB. Hervorzuheben sind dabei Erfolge in Österreich und der Schweiz. Auch in Deutschland konnte der „Eindringling“ beispielsweise in Neukirchen, Neubiberg und Weil am Rhein getilgt werden. Derzeit gibt es mit Bornheim, Feldkirchen, Hildrizhausen, Kehlheim, Magdeburg, Miesbach, Murnau und Ziemetshausen acht abgegrenzte Gebiete und eine Überwachungszone (Grenzach), in denen nach wie vor Bekämpfungsmaßnahmen mit dem Ziel der Tilgung stattfinden.

       Wirtspflanzen

      Der ALB ist eine polyphag lebende Käferart, die über ein breites Wirtspflanzenspektrum verfügt und auch in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet horrende Schäden in Pappelplantagen, die während großflächiger Aufforstungsmaßnahmen in den 1980er Jahren angelegt wurden, verursacht hat. Unter natürlichen Bedingungen ist jedoch Acer spp. (Ahornarten) die präferierte Wirtsbaumart (GAO et al. 1997). Diese Bevorzugung von Acer spp. wurde zudem in Gebieten, wo die Art invasiv auftrat, beobachtet (z. B. HAACK et al. 1997; TOMICZEK & HOYER‐TOMICZEK 2007). VAN DER GAAG und LOOMANS (2014) haben in ihrer Zusammenfassung 34 Pflanzenarten bzw. -gattungen identifiziert und diese nach

      a) ALB wurde beobachtet bzw.

      b) der komplette Entwicklungszyklus wurde beobachtet, gruppiert.

      Die Arbeit diente als Basis für die Liste der a) 29 Wirtspflanzen bzw. der b) 15 sog. spezifizierten Pflanzen, die im Durchführungsbeschluss (EU) 2015/ 893 die Intensität der phytosanitären Maßnahmen bestimmen. Die Liste der spezifizierten Pflanzen umfasst die folgenden Gattungen: Acer spp., Aesculus spp., Alnus spp., Betula spp., Carpinus spp., Cercidiphyllum spp., Corylus spp., Fagus spp., Fraxinus spp., Koelreuteria spp., Platanus spp., Populus spp., Salix spp., Tilia spp., Ulmus spp.

       Biologie

      In Abhängigkeit der klimatischen Bedingungen durchlebt der ALB einen 1- bzw. 2-jährigen Entwicklungszyklus, was beispielsweise in Regionen, die Bedingungen für unterschiedliche Entwicklungsdauern erfüllen, zu sich überschneidenden Generationen führen kann. Typischerweise beträgt die Entwicklungsdauer südlich der Alpen ein Jahr, während in Deutschland zwei Jahre benötigt werden. Die adulten Käfer (bis zu 39 mm ohne Antennen) (Abbildung 2A) schlüpfen typischerweise zwischen Mai und Oktober (LI & WU 1993), wobei sowohl frühere als auch spätere Schlupfzeiten dokumentiert sind (HAACK et al. 2010). Sie leben ca. einen Monat. Nach dem Reifungsfraß erfolgt die Eiablage. Die Weibchen fressen hierfür einen Schlitz, der oft vertikal aufplatzt, so dass die Ablagestelle häufig die Form eines auf dem Kopf stehenden „T“ hat (LEMME 2015). Ca. zwei Wochen später schlüpfen die jungen Larven. Die Entwicklung beginnt im absterbenden Kambialgewebe, später fressen die Larven im Phloem. Ab dem dritten Stadium fressen sie sich in den Holzkörper. Sie legen dort einen bis zu 20 cm langen Larvengang an und kehren in dieser Zeit immer wieder zum Eingangsbereich zurück und verpressen diesen mit Nagespänen (solange die Rinde nicht abplatzt). Dieser minierte Bereich unterhalb der Rinde kann durchaus handtellergroß sein. Die entwickelte Larve (Abbildung 2C und 2D) legt, in Abhängigkeit der Entwicklungslänge, im nächsten bzw. übernächsten Frühjahr eine Puppenwiege an. Nach erfolgter Verpuppung (Abbildung 2E) schlüpft der adulte Käfer durch das typische kreisrunde Ausbohrloch.

       Abbildung 2: A) adulter Käfer; B) Differenzierung zwischen ALB (links) und CLB (rechts): Elytren des CLB gekörnt und Pronutum mit weißen Haarbüscheln (Pfeile); C) und D) in Holz fressende Larve; D) Halsschild mit Burgzinne sichtbar; E) Puppe (Fotos: HANNES LEMME, THOMAS SCHRÖDER, EFSA 2019d)

       Schaden und Symptome

      Das erhebliche Schadpotenzial des ALB resultiert aus der Tatsache, dass der Käfer vitale Bäume befällt. In Abhängigkeit der Anzahl abgelegter

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