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Das verstehe ich nicht. Ist es denn so rücksichtsvoll, wenn man jemanden enttäuscht? Warum wollen Sie in diesem Fall nicht helfen? Ich sage Ihnen, diese beiden jungen Menschen gehören zusammen, Herr Dr. Berends.“

      „Nun, leider ist Gabriele Stassen nicht so gesund, wie sie derzeit aussieht“, antwortete der Chefarzt.

      Alfons Eppler sah ihn überrascht an. „Sie meinen, sie ist krank? Will sie Waldemar deshalb nicht wiedersehen?“

      „Ich nehme an, dass das der Grund ist“, sagte Dr. Berends.

      „Gabriele Stassen ist doch noch jung. Wer krank ist, der wird auch mal wieder gesund.“

      Dr. Berends seufzte. „Es gibt Krankheiten, die man nicht heilen kann, Herr Eppler.“

      „Und an einer solchen leidet Gabriele?“, fragte der Grundstücksmakler betroffen. .„Was ist es? Krebs? Muss sie sterben?“

      „Ich darf Ihnen nicht mehr sagen, Herr Eppler. Sie müssen das verstehen. Es gibt eine ärztliche Schweigepflicht.“

      „O ja. Ja, natürlich“, sagte Alfons Eppler ernst. „Ich werde nicht weiter drängen.“

      „Krebs ist es jedenfalls nicht, und Gabriele Stassen wird auch nicht sterben.“

      „Dann... dann braucht sie doch erst recht einen Mann wie Waldemar. Sie wissen, wie er ist. Hilfsbereit bis zur Selbstaufopferung. Rücksichtsvoll. Er würde sie pflegen, würde ihr eine Stütze sein. Er würde alles für Gabriele tun.“

      „Vielleicht will sie das nicht. Vielleicht hat sie Angst davor, ihm zur Last zu werden“, sagte Dr. Berends.

      „Doch nicht Waldemar“, erwiderte Alfons Eppler überzeugt. „Nun ist es mehr noch ein Glücksfall, dass die beiden einander begegnet sind. Gabriele wäre die schönste, größte Aufgabe für meinen Sohn, die absolute Erfüllung. Es muss mir gelingen, die beiden zusammenzubringen.“

      22

      Zwei Tage später wurde Waldemar Eppler von Sigfrit Stassen in sein Haus eingeladen. Er brachte französischen Cognac für den Papierfabrikanten und einen großen, bunten Blumenstrauß, dekorativ arrangiert, für Gabriele mit.

      Die hübsche Frau machte sich in der Küche nützlich, während ihr Vater mit dem jungen Mann ein ernstes Gespräch unter vier Augen führte. Er sagte Waldemar Eppler schonungslos die Wahrheit.

      Als er geendet hatte, schwiegen sie beide eine Weile. Schließlich sagte Sigfrit Stassen:

      „So steht es also um meine Tochter. Ich könnte es Ihnen nicht verdenken, wenn Sie jetzt gehen würden, Herr Eppler. Es ist nicht leicht, sich an einen kranken Menschen zu binden.“

      „Macht es Ihnen denn etwas aus?“, fragte Waldemar Eppler und rückte sich die Schildpattbrille zurecht.

      „Das ist etwas anderes. Ich bin Gabrieles Vater.“

      „Ich finde, es gibt nichts Schöneres im Leben, als gebraucht zu werden, nützlich zu sein“, sagte der junge Mann. „Wer uneigennützig hilft, dem wird so viel Glück zuteil, dass es ihn für alle Mühen, die er auf sich genommen hat, entschädigt. Seit meiner Jugend war ich immer für andere Menschen da, und ich möchte keine Stunde davon missen. Ich würde auch für Gabriele gern da sein, Herr Stassen. Ich würde ihr gern helfen, wenn sie mich braucht, und es wäre wunderbar für mich, wenn sie sich auf mich stützen würde. Es macht mir nichts aus, dass sie an dieser unheilbaren Krankheit leidet. Sie soll sehen, dass es jemanden gibt, der sie trotzdem liebt und der bereit ist, immer zu ihr zu halten.“

      Der Papierfabrikant fasste ergriffen nach Waldemar Epplers Schultern. „Wissen Sie was? Sie sind ein ganz wunderbarer Mensch. Ich bin sicher, Gabriele wird sich darüber sehr freuen, dass Sie sich so sehr um sie bemühen wollen. Ich danke Ihnen, danke Ihnen von ganzem Herzen.“

      Sie aßen, was Gabriele gekocht hatte, und es schmeckte Waldemar Eppler hervorragend. Er sparte nicht mit Lob, das die Frau mit dankbarer Bescheidenheit entgegennahm.

      Gabriele wusste, dass ihr Vater dem jungen Mann die Wahrheit über sie erzählt hatte, und die innigen Blicke, die ihr Waldemar Eppler schenkte, wärmten ihr Herz.

      Es tat ihr leid, ihn kürzlich so sehr vor den Kopf gestoßen zu haben, und es freute sie, dass er es ihr nicht übelnahm, sondern Verständnis dafür aufbrachte.

      Es konnte nicht alles, aber vieles gut werden.

      23

      „Tja, das wär’s also gewesen“, sagte Alfons Eppler am Tag seiner Entlassung aufgekratzt. „Mein Gastspiel in der Wiesen-Klinik war kurz, aber heftig. Machen Sie’s gut, Herr Ahlert. Halten Sie die Ohren steif und lassen Sie sich nicht unterkriegen. Vielleicht sollten Sie sich eine kugelsichere Weste zulegen, bevor Sie in den Supermarkt zurückkehren.“

      „Ich glaube kaum, dass wir noch mal überfallen werden“, gab Volker Ahlert zurück. „Wir werden das Sicherheitssystem verbessern.“

      „Ich wünsche Ihnen alles Gute für die Zukunft“, sagte der Grundstücksmakler.

      „Wünsche ich Ihnen auch“, antwortete der andere Mann.

      „Vielleicht komme ich Sie in den nächsten Tagen besuchen.“

      „Darüber würde ich mich freuen“, sagte Volker Ahlert, der bereits das Bett verlassen durfte.

      „War wirklich nett, Sie kennenzulernen. Wir hatten es ziemlich kurzweilig, was?“

      Volker lachte. „Das war größtenteils Ihr Verdienst.“

      „Nehmen Sie von einem, der es gut mit Ihnen meint, einen Rat an?“, wollte der Grundstücksmakler wissen.

      „Selbstverständlich“, antwortete Volker.

      „Diese Frau, die Sie täglich besucht, diesen blonden Engel, würde ich an Ihrer Stelle mit beiden Händen festhalten.“

      Volker lächelte. „Genau das habe ich auch vor.“

      „Und ich würde sie heiraten“, ergänzte der Makler.

      „Auch das habe ich vor“, gab Volker Ahlert schmunzelnd zurück.

      „Dann sind wir uns ja einig“, meinte Alfons Eppler zufrieden. „Mein Entschluss, mich in die Wiesen-Klinik zu legen, hat sich gleich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Ich hatte den besten Bettnachbarn, den ich mir wünschen konnte, mein Sohn lernte Gabriele Stassen kennen, ich wurde meinen eitrigen Blinddarm los und bekam die Möglichkeit geboten, der Steuer ein Schnippchen zu schlagen. Mehr

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