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      „Wann und wo kann ich ein erstes Gespräch mit Herrn Eppler führen?“, wollte Sigfrit Stassen wissen.

      „Ich stelle Ihnen mein Büro zur Verfügung“, sagte der Leiter der Wiesen-Klinik. Er warf einen Blick auf seine Uhr. „Herr Eppler wird in wenigen Augenblicken erscheinen.“

      Veronika Baier führte den Grundstücksmakler kurz darauf in Dr. Berends’ Büro. Alfons Eppler befand sich in Begleitung seines Stiefsohnes. Dr. Berends übernahm es, die Anwesenden miteinander bekannt zu machen.

      Ihm fiel auf, dass Waldemar Eppler Stassens Tochter irgendwie überrascht ansah.

      Sie schien ihm sehr zu gefallen, und auch Gabriele Stassen schien sich von ihm angesprochen zu fühlen. Da war so ein gewisser Blick zwischen den beiden ...

      Wenn Gabriele gesund gewesen wäre, hätte Dr. Berends es begrüßt, wenn diese beiden jungen Menschen zueinander gefunden hätten. Aber Gabriele litt an multipler Sklerose.

      „Ich denke, ich lasse Sie jetzt allein“, meinte der Chefarzt.

      Der Patient setzte sich vorsichtig. Er trug einen weinroten Schlafrock, und seine Füße steckten in ochsenblutfarbenen Lederpantoffeln. Ihm war nicht entgangen, dass sich zwischen Gabriele und seinem Stiefsohn ein knisterndes Spannungsfeld aufgebaut hatte, und da die junge Frau auf ihn einen großartigen Eindruck machte, schlug er Waldemar vor, mit ihr in den Anstaltspark zu gehen.

      „Was Herr Stassen und ich zu besprechen haben, würde euch nur langweilen“, sagte er.

      Waldemar Eppler war über diesen Vorschlag sehr froh. Selbst hätte er ihn wohl nie zu machen gewagt. Er sah Gabriele scheu an.

      „Wollen wir gehen?“, fragte er leise.

      Sie war einverstanden, und Dr. Berends verließ mit ihnen den Raum. Ein Anruf hielt ihn zurück. Er nahm das Gespräch gleich an Veronika Baiers Schreibtisch entgegen.

      Gabriele Stassen und Waldemar Eppler gingen indessen in den Park. Zunächst wusste keiner so recht, was er sagen sollte. Langsam schlenderten sie nebeneinander über die Wege, und Waldemar Eppler begann über seine gemeinnützige Arbeit zu sprechen.

      Es freute ihn, zu sehen, dass sich Gabriele dafür interessierte. Sie entdeckten viele Gemeinsamkeiten und kamen einander menschlich in kurzer Zeit erfreulich nahe.

      Waldemar war noch nie von einer Frau so sehr begeistert gewesen. Gabriele hatte genau seine Wellenlänge. Er fühlte sich zu ihr hingezogen und hatte den Wunsch, sie wiederzusehen.

      Als er ihr das sagte, schien ein Vorhang vor ihr hübsches Gesicht zu fallen. Ernst erklärte sie ihm, dass das nicht möglich wäre. Er wollte wissen, warum nicht, doch sie nannte ihm den Grund nicht.

      Was hatte er falsch gemacht? Er wusste es nicht, und Gabriele sagte es ihm nicht. Sie wurde kühl und distanziert. Sie tat Waldemar Eppler damit weh, und er zog sich in sein Schneckenhaus zurück, wie er es immer tat, wenn ihn das Schicksal enttäuscht hatte.

      Als sie in Dr. Berends Büro zurückkehrten, hatten der Grundstücksmakler und der Papierfabrikant eine erste Übereinstimmung erzielt.

      Selbstverständlich würde es bei diesem einen Gespräch nicht bleiben, und Sigfrit Stassen hatte dem möglichen neuen Geschäftspartner auch Einblick in die Bücher zugesichert.

      Da Dr. Berends sie zusammengebracht hatte, brachten sie einander jenes Vertrauen entgegen, das ein gesunder Nährboden für eine ersprießliche Zusammenarbeit sein konnte.

      Alfons Eppler blickte insgeheim sogar schon weiter. Er hätte es begrüßt, wenn es zwischen seinem Stiefsohn und Gabriele Stassen zu einer dauerhaften Verbindung gekommen wäre, aber das behielt er vorläufig noch für sich. Er fand lediglich, dass die beiden sehr gut zueinander gepasst hätten.

      „War’s schön im Park?“, fragte er seinen Stiefsohn.

      „Es ist ein herrlicher Tag heute“, antwortete Gabriele schneller als Waldemar.

      Alfons Eppler lächelte. „Wir haben Sommer. Die Vöglein zwitschern. Die Luft riecht angenehm warm. Da kommen manchen Leuten so gewisse Gedanken.“

      Waldemar Eppler warf Gabriele einen raschen Blick zu und senkte dann den Kopf.

      Der Grundstücksmakler deutete das falsch. Er lachte in sich hinein. Ja, ja, die Liebe, dachte er zufrieden. Jetzt hat sie ihn erwischt. Gratuliere, Waldemar. Du beweist einen guten Geschmack.

      Doch der junge Mann war traurig, weil ihm Gabriele nicht erlaubte, sie wiederzusehen.

      21

      Am nächsten Tag sprach Alfons Eppler mit Dr. Berends auf dem Flur. Er war jetzt schon davon überzeugt, dass er bei Stassen einsteigen würde.

      „Der Mann ist seriös“, behauptete er. „Dafür habe ich einen Blick. Mit dem kann man Geschäfte machen. Stassen würde es nie einfallen, jemanden übers Ohr zu hauen. Ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie uns zusammengebracht haben.“

      „Ich helfe gern“, sagte der Leiter der Wiesen-Klinik.

      „Genau wie Waldemar“, bemerkte der Grundstücksmakler. „Ich habe Ihnen erzählt, was er für ein Samariter ist. Er findet darin seine Erfüllung, anderen Menschen zu helfen.“

      „Das ist sehr schön für ihn.“

      „Ist es auch“, sagte der Patient. „Doch manchmal würde ich mir wünschen, dass das nicht sein ganzer Lebensinhalt wäre. Verstehen Sie, was ich sagen will? Anderen Menschen helfen, schön und gut. Das kann einen bis zu einem gewissen Grad bestimmt sehr glücklich machen. Aber muss das schon alles sein? Gibt es nicht etwas, das einen Menschen noch wesentlich glücklicher machen kann? Die Liebe meine ich. Ich weiß nicht, ob Ihnen die Blicke auffielen, die Gabriele und Waldemar gestern wechselten, als Sie sie miteinander bekanntmachten. Ich dachte: Hoppla, jetzt hat es gefunkt! Waldemar ist nicht mein leiblicher Sohn, wie Sie wissen, aber ich liebe ihn wie mein eigen Fleisch und Blut. Das sagte ich schon mal.

      Ich würde den Jungen gern so glücklich wie nur irgend möglich sehen, und dazu würde eine Frau gehören, die zu ihm passt. Ein nettes, sympathisches Wesen. Eine Frau wie Gabriele Stassen. Waldemar hat mir gestanden, dass er ihr sehr zugetan ist. Er sagte, er hätte das Gefühl gehabt, Gabriele Stassen ebenfalls sehr sympathisch zu sein. Als er sie aber fragte, ob er sie Wiedersehen dürfte, antwortete sie, das sei nicht möglich. Sie können sich denken, was das für eine kalte Dusche für ihn war. Ich fürchte, er wird nie wieder den Mut aufbringen, einer Frau so eine Frage zu stellen. Warum hat sie das getan? Warum hat sie Waldemar so vor den Kopf gestoßen?“

      Schwester Hanna, die Oberin, ging an ihnen vorbei. Sie nickte Dr. Berends finster zu. Ihr schien mal wieder etwas über die Leber gelaufen zu sein.

      „Ich hatte den Eindruck, die junge Frau wäre Waldemar ebenfalls sehr zugetan“, sagte der Grundstücksmakler. „Könnten Sie nicht... Vielleicht ließe sich das Ganze irgendwie einrenken.“

      „Ich glaube nicht, dass ich das tun sollte, Herr Eppler“, sagte Dr. Berends ernst.

      „Mein Sohn liebt diese Frau!“

      „Es wäre besser, er würde das nicht tun“, entgegnete der Mediziner.

      „Warum nicht?“,

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